Wann beendet Bundesministerin Schmied die Diskriminierung?

Prof. Franz Dotter vom Zentrum für Gebärdensprache und Hörbehindertenkommunikation in Klagenfurt nahm kürzlich zum Hochschul-Studienberechtigungsgesetz kritisch Stellung. Nun folgte eine Reihe von Reaktionen.

Gebärde für Diskriminierung
Österreichischer Gehörlosenbund

Dotter prangerte die Diskriminierung behinderter Menschen an. Anlässlich einer Novelle des Hochschul-Studienberechtigungsgesetz wies er darauf hin, dass durch die Hochschul-Zulassungsverordnung behinderte Menschen vom Studium ausgeschlossen werden.

Die Hochschul-Zulassungsverordnung (HZV, BGBl II 2007/112) regelt u. a. die Verfahren zur Feststellung der Eignung zum Bachelorstudium sowie die Zulassung zu Studiengängen für Lehrämter im Bereich der Berufsbildung,

ÖGLB kritisiert „erforderliche Stimm- und Sprechleistung“

„Der vorliegende Entwurf enthält zwar per se keine diskriminierenden Passagen, da allerdings damit zusammenhängend auch die Hochschulzulassungsverordnung (HZV) zum Tragen kommt, bedeutet dies in der Praxis eine Diskriminierung von gehörlosen Lehramts-StudienanwärterInnen“, schreibt der Österreichische Gehörlosenbund und führt aus: „Das betrifft konkret den § 3 (1) HZV, in dem die erforderliche Stimm- und Sprechleistung sowie die musikalisch-rhythmische Eignung verlangt werden.

Die Stimm- und Sprechleistung kann von gehörlosen Personen nicht in der geforderten Weise erbracht werden, daher sollte dieser Punkt durch das Kriterium ÖGS-Kompetenz ergänzt werden oder eine eigene Regelung für gehörlose KandidatInnen getroffen werden, die diesen Nachweis nicht erfordert.“

Diskriminierung?

Mag. Volker Frey vom Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern fasst die Diskussion mit folgender Frage zusammen: „Handelt es sich um eine angemessene Anforderung, dass Volks- und SonderschullehrerInnen alle Fächer – einschließlich Musikerziehung und Bewegung und Sport – unterrichten können müssen?“

Denn – hält Frey fest – „die Begründung, dass die volle Eignung für alle Fächer vorausgesetzt wird, liefert auch das Kriterium zur Prüfung, ob die volle Eignung eine angemessene Anforderung ist“. Es lassen sich daher „gute Argumente finden, mit denen eine Diskriminierung behauptet werden kann“, denn „aus den Materialien zur Verordnung lässt sich nicht klar ersehen, worauf die Notwendigkeit des § 3 Abs 1 HZV gegründet wird“.

Wie kann die Bestimmung angefochten werden?

„Die Nichtzulassung zum Studium muss gemäß § 5 Abs 4 HZV mittels Bescheid erfolgen. Dieser kann mittels Berufung an die Studienkommission (§ 17 Abs 3 Z 2 Hochschulgesetz 2005) bekämpft werden. Ein negativer Bescheid kann wegen behaupteter Gesetzes- oder Richtlinienwidrigkeit mittels Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden“, meint Frey abschließend.

Weitere Reaktionen

Auch die ÖAR fordert in ihrer Stellungnahme vom 20. Februar 2008, „die behindertendiskriminierende Bestimmung zu beseitigen und den Zugang zum Lehrberuf auch für Menschen mit Behinderungen zu öffnen“.

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0 Kommentare

  • Hallo anonym, eigentlich wollte ich es bei dem einen Beitrag belassen, aber nachdem Sie Ihr Statement abgegeben haben, möchte ich gerne etwas ergänzen. In diesem einen Punkt haben Sie absolut recht: Erst in Zusammenwirken mit der Gesellschaft wird eine Sinnesbeeinträchtigung zu einer Behinderung. Bevor Mißverständnisse in den anderen Punkten entstehen: ich bin persönlich ein großer Freund von Kulturvielfalt – und dazu gehört auch Sprachenvielfalt. Und dazu gehört auch, dass die Gebärdensprache ein Recht auf Leben hat (auch wenn ich sie nicht kann).
    Kritisch dagegen hinterfrage ich eher die Sinnhaftigkeit bestimmter Forderungen. Manches ist zweckmäßig und legitim, um behinderte Menschen besser integrieren zu können. Und daran arbeiten wir auch intensiv für unsere Mitglieder.
    Doch *Hand-aufs-Herz* – mit Gesetzänderungen kann man nur bestimmte Rahmenbedingungen schaffen. Was mindestens genau so wichtig ist – und das war der ausschlaggebende Grund für diesen Beitrag – Dass jeder einzelne Mensch seine eigene Lage ehrlich einschätzt und auch bereit ist, persönliche Veränderungen vorzunehmen. Offene Selbstreflextion und Mut zu Veränderungen führen doch zu einem hochwertigen Treibstoff im Leben und bringen oft ein schönes Stück weiter. In diesem Sinne weiterhin alles Gute!

  • @Herr Schwarz: Ich, als Schwerhöriger, der ohne HGs fast nicht hört, kann ihre Meinung überhaupt nicht teilen, denn wenn man nicht Durchkämpft und der Gesellschaft auf die Füsse steigt, dann wird sich nur kaum oder wenig ändern. Denn man darf nicht immer zurückziehen und bei Widerständen aufgeben und mit der derzeitige Situation zufrieden zu geben.

    Als GL/SH kann man eigentlich fast alle Berufe ausüben.
    Nicht umsonst gilt der Spruch: „We can do everything except to hear!“

    Zum Punkt Lehrer: In Sachen GL/SH-Bildung weiter fortgeschrittene Länder wie in Nordamerika oder Skandinavien, werden GL/SH-Lehrer sehr gerne geschätzt und gefördert, denn diese haben eine sehr große Vorbildwirkung und diese Vorbildwirkung ist extrem wichtig für das Selbstvertrauen, -sicherheit und -verständis von GL/SH-Kindern. Nur in Österreich wird das leider nicht erkannt.

    Zum Punkt Verkäufer: In den oben genannten Ländern gibt es GL/SH-Verkäufer und das nicht in „Spezialgeschäften“.

    Zum Punkt Mediziner: Wie immer in den oben genannten Ländern gibt es viele GL-SH Mediziner und diese sich wichtig für GL/SH-Patienten, da die Kommunikation die gleiche ist.

    GL-Ärztin in Deutschland: Dr. Ulrike Ulrike Gotthardt

    Und jetzt der Oberhammer: Die Amphl, also eine Vereinigung von GL/SH-Mediziner

    Auf dieser Webseite wird ganz genau und haarklein beschrieben, die GL/SH-Mediziner arbeiten und wie sie das Problem mit dem Stethoskop gelöst haben. Genial!

    Und wenn sie glauben, dass es keine GL/SH-Piloten gibt, dann haben Sie ordentlich getäuscht, namlich die Organisation „Deafpilots“

    Denn ich weiß von einem Bekannten, der bei der Lufthansa als Pilot arbeitet, dass in der nächsten Dekade das Gebrabbel vom Tower durch eine Art Telegramm ersetzt werden soll, da der Luftraum so voll ist.

    Somit habe ich alle Ihre Punkte als nichtig darstellen können.

    Das geht nur, wenn mann es will, sich nicht von den Vollhörenden (be)hindern lässt, sich für Gesetzesänderungen und – einfürungen kämpft und wenn nötig, den Nichtbehinderten auf die Zehen steigt. Ich fühle mich nicht behindert,
    sondern ich werde von der Gesellschaft behindert.

    Das haben auch nicht behinderte Freunde von mir bestätigt. Wir sollen und nicht behindern lassen, nur weil es irgendwann einmal Tradition, Brauch oder damals Üblich war. Denn schließlich sind wir im 21. Jahrhundert mit der ganzen Technik.

    Zur Gebärdensprache. Ich selbst kann die ÖGS nicht besonders gut, aber wenn man sie gut kann, ist es ein schöne und komplexe Sprachen, auch wenn in Österreich das Fachvokabular unterentwickelt ist, was aber eigentlich kein besonderes Problem sein sollte. Es „muss“ nur das Fachvokabular aufgebaut werden. Dasselbe geschah auch mit Hebräisch, Maori, Gälisch und Inuktitut (die Sprache der Inuits, nicht Eskimo!). Aus meiner Erfahrung profitieren alle von der Geburt oder von frühster Kindheit an GL/SH-Menschen von der ÖGS, auch wenn sie voll in der hörenden Welt ohne Probleme integriert sind. Dies hat auch der schwedische Schwerhörigenverband offiziell bestätigt.

    Nicht immer ist die Technik hilfreich und zuverlässig, auch wenn GL/SH-Menschen mit der nötigen Technik (HGs, CI. FM-Anlage, usw.) ausgestattet sein sollten (falls er oder sie es wünscht).

    Ich bin eigentlich von Ihrer Meinung als Vorstandsmitglied vom ÖSSH enttäuscht, denn gerade der Vorstand sollte eine Vorbildwirkung haben und nicht immer von den Vollhörenden (be)hindern lassen.

  • @Herr Huber: Gibt es dazu mehr Infos, denn ich habe dass von einem Bekannten erfahren.

  • zu anonym: es ist richtig, dass der Schwedische Schwerhörigenverband(!) die Vorteile der Schwedischen Gebärdensprache (im bilingualen System neben Schwedisch in Wort und Schrift) erkannt hat und es zum Erlernen empfohlen hat. Der eine Grund ist, dass weniger Schwerhörige die akademische Laufbahn abgeschlossen hatten als Gehörlose. Und das obwohl es deutlich mehr Schwerhörige gibt als Gehörlose. Das hat mir ein Gehörloser aus Schweden, der vor paar Tagen in Wien auf Besuch kam, bestätigt. Allerdings ist die Schwedische Gebärdensprache schon seit 27 Jahren im Gesetz (Bildungsbereich) anerkannt, die ÖGS erst seit 3 Jahren. Ich bin zuversichtlich, dass bei uns auch eine „Kopernikanische Wende“ eintritt.

    „von den Vollhörenden (be)hinderden lassen“: tja, das wäre Fremdbestimmung und genau das Gegenteil von Selbstbestimmung.

  • Das geht nur, wenn mann es will, sich von den Vollhörenden nicht hindern lässt, sich für Gesetzesänderungen und – einfürungen kämpft und wenn nötig, den Nichtbehinderten auf die Zehen steigt. Ich fühle mich nicht behindert, sondern ich werde von der Gesellschaft behindert. Das haben auch nicht behinderte Freunde von mir bestätigt. Wir sollen und nicht hindern lassen, nur weil es irgendwann einmal Tradition, Brauch oder damals Üblich war. Denn schließlich sind wir im 21. Jahrhundert mit der ganzen Technik.

    Zur Gebärdensprache. Ich selbst kann die ÖGS nicht besonders gut, aber wenn man sie gut kann, ist es ein schöne und komplexe Sprachen, auch wenn in Österreich das Fachvokabular unterentwickelt ist, was aber eigentlich kein besonderes Problem sein sollte. Aus meiner Erfahrung profitieren alle von der Geburt oder von frühster Kindheit an GL/SH-Menschen von der ÖGS, auch wenn sie voll in der hörenden Welt ohne Probleme integriert sind. Dies hat auch der schwedische Schwerhörigenverband offiziell bestätigt.

    Nicht immer ist die Technik hilfreich und zuverlässig, auch wenn GL/SH-Menschen mit der nötigen Technik ausgestattet sein sollten (falls er oder sie es wünscht)

    Ich bin eigentlich von Ihrer Meinung als Vorstand von der ÖSSH enttäuscht, denn gerade der Vorstand sollte eine Vorbildwirkung haben und nicht immer von den Vollhörenden (be)hindern lassen.

  • Gleichstellung: Jeder gehörlose Student hat ein Recht auf Gebärdendolmatch. Die Gebärdensprache ist inzwischen gesetzlich verankert – genau so haben Lehrer das Recht zu unterrichten, wie Gerhard Wagner dies ausführlich beschrieben hat. Das kann sich unser Staat nicht leisten?

  • Es gibt viele erfolgreiche Lehrerinnen und Lehrer in anderen Ländern, bei denen manche in Österreich nach wie vor sagen: Das geht doch nicht! Und in anderen Ländern geht es doch. Und gut sogar…

    Wenn man dann nachfragt, dann heißt es: „Weil es immer so war“. Oder „weil Volksschüler und Volkschülerinnen nur einen Lehrer oder eine Lehrerin haben wollen – und die oder der muss alles können“. Das sind Ansichten, die durch Strukturen der Vergangenheit erkärbar sind, aber hat sie jemand überprüft? Und dann könnten wir sehen: Es gibt viele verschiedene Wege, zu kommunizieren und Barrieren zu überwinden.
    Und in Gebärdensprache können viele gehörlose Lehrer jedenfalls kommunizieren.

    Ähnlich ist es bei blinden Lehrerinnen und Lehrern: „Sie können keine schriftlichen Arbeiten verbessern“, „Sie können nicht feststellen, wer anwesend ist“usw., waren da die Arguemnte. Tatsächlich können sie in Laptopklassen und auch sonst auf elektronischem Weg sehr wohl Arbeiten verbessern und natürlich auch kontrollieren, wer da ist.
    Ich habe manchmal den Eindruck, wir in Österreich sagen gerne zuerst stereotyp, dass Dinge nicht gehen, die nach einigem Nachdenken sehr wohl gut möglich sind.

    Der berühmte Reformpädagoge Celestin Freinet hatte einen Lungendurchschuss und konnte schwer sprechen. Er gründete eine Schuldruckerei trat für den freien Ausdruck in Zeitungen und Publikationen ein. Dieses Element haben viele Schulen nach Freinet-Pädagogik noch heute.

    Ob Freinet heute überhaupt Pädagoge hätte werden dürfen? Ob Hawking bei uns überhaupt arbeiten dürfte? Wer weiß, wie viele großartige Leistungen durch bloß historisch erklärbare Auffassungen verloren gehen!

  • Es ist traurig, dass unter manchen Behindertenorganisationen anscheinend die Meinung vorherrscht, man müsse mit allen möglichen Gesetzänderungen Zugang zu allen Bereichen öffnen können.
    Es sollte doch möglich sein, mit etwas mehr Hausverstand an diese Themen herangehen zu können. Ein Rollstuhlfahrer braucht auch nicht schreien, dass er diskriminiert wird, wenn er keinen Posten bei der Feuerwehr erhält. Es ist einfach Faktum, dass für bestimmte Berufe bestimmte Voraussetzungen gegeben sein müssen. Ich bin seit meiner Geburt hochgradig schwerhörig (-110db Hörverlust) und nur mit Hörgeräten versorgt, aber ich kann hören und sprechen – und ich LIEBE es zu hören und zu sprechen, eröffnet sich dadurch doch ein gewisser Zugang für mich im öffentlichen Leben, im Beruf und nicht zuletzt im Freundenskreis. Durch Förderung meiner Eltern und Eigenengagement stehe ich heute in einer Position, in der ich mich richtig wohlfühle und auch das Gefühl eines „vollwertig erfüllten Lebens“ habe.
    Obwohl mich viele Menschen gut verstehen können, würde ich mir trotzdem nie anmaßen, mich als Verkäufer in Geschäften zu bewerben; auch nicht als Lehrer; auch werde ich nie Zugang zu Berufen haben, in denen das Telefon ein wichtiges Instrument sind. Selbst im medizinischen Bereich werde ich wohl nie arbeiten können, da hier eine wichtige Grundvoraussetzung die ist, dass man anhand von mündlichen Anweisungen innerhalb einem hektischem Umfeld rasch und richtig reagieren muss. Aber – ich fühle mich nicht diskriminiert, sondern bin beruhigt darüber zu wissen, dass wirklich nur geeignete Menschen für bestimmte Berufe in Frage kommen. Also – hiermit ergeht ein Appell an alle Behindertenorganisationen: Hinterfragt bitte die Sinnhaftigkeit bestimmter Aktionen und Rundumschläge. Wer wirklich etwas erreichen möchte, dem stehen viele Möglichkeiten und Wege offen – schimpfen darüber, dass Gesetze falsch sind oder Minderheiten ausgeschlossen werden, kann man dagegen schnell. Ist einfach so. Aus, basta.