Arbeitsgruppe zwischen Bund und Ländern zur Persönlichen Assistenz tagte ohne Betroffene - und das schon seit mehr als einem Jahr. Ich ging ohne Einladung hin. Ein Bericht.
Am 25. April 2012 tagte zum vierten Mal eine Arbeitsgruppe im Sozialministerium unter Einbeziehung der Bundesländer, die eine bundesweite, einheitliche Regelung für Persönliche Assistenz erarbeiten soll.
Fünf-Parteien-Antrag zur Persönlichen Assistenz
Schon am 15. März 2011 wurde in der Sitzung des Sozialausschusses im Parlament ein Fünf-Parteien-Antrag zur Persönlichen Assistenz beschlossen. Darin wird der Sozialminister aufgefordert, mit den Bundesländern eine bundesweit einheitliche Regelung auszuverhandeln. (Ende März 2011 wurde der Antrag einstimmig im Plenum des Nationalrates beschlossen.)
Dass wir unerwünscht sind, wissen wir schon länger
Im Oktober 2011 fragte der NAbg. Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP) den Sozialminister unter anderem, welche Schritte bisher gesetzt wurden, ob es einen Zwischenbericht zu den bereits erzielten Ergebnissen gebe, wie die Einbindung von Behindertenorganisationen gemäß der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umgesetzt wird, ob die Vergabe einer Studie geplant ist und wie der weitere Zeit- und Ablaufplan aussieht.
In seiner Beantwortung teilte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) mit, dass unter Einbeziehung der Bundesländer eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde und dass bisher zwei Sitzungen stattgefunden haben, in denen die Definition von Persönlicher Assistenz, die Umschreibung der Zielgruppe sowie deren Abgrenzung zu anderen Angeboten diskutiert wurden. Erhoben wurde auch der unterschiedliche Ist-Stand in den einzelnen Bundesländern.
Schon damals hieß es: Die Interessenvertreter der Menschen mit Behinderung würden erst dann mit einbezogen, wenn ein gemeinsames Konzept von Bund und Ländern vorliege.
„Arbeitsgruppe – bisher ohne uns“
Auch Mag. Bernadette Feuerstein (SLIÖ) kritisierte die Vorgangsweise des Sozialministers: „Interessant dabei oder für uns wichtig ist, dass diese Arbeitsgruppe bisher ohne VertreterInnen von unserer Seite stattgefunden hat. Wir wollen natürlich in dieser Arbeitsgruppe mit einbezogen werden, weil der Grundsatz der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung „Nichts über uns ohne uns“ gilt natürlich auch hier“, führte sie in einem Referat aus.
Impressionen vor der Sitzung
Wie bereits oben erwähnt, tagte schließlich am 25. April 2012 zum vierten Mal eine Arbeitsgruppe, die eine bundesweite, einheitliche Regelung für Persönliche Assistenz – diesmal unter Einbeziehung der Bundesländer – erarbeiten soll.
Wieder erfolgte keine Einladung an Betroffene, daher wollte ich nachfragen, warum keine kompetenten Vertreter der Behindertenbewegung eingeladen werden. Ich kam mit Begleitung vor Beginn der Sitzung ins Sozialministerium. So war es mir möglich, einige der TeilnehmerInnen bei ihrem Eintreffen anzusprechen und zu befragen.
Als Erste kam eine junge Dame aus Vorarlberg, die diesen „Job“ erst seit 1. April 2012 macht. Sie hat, nach eigener Aussage, noch nie mit Betroffenen, die die Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen, zu tun gehabt. Dann kamen nach und nach – zumeist Frauen – aus den übrigen Bundesländern in den Sitzungssaal.
Von Wien kam vorerst eine Vertreterin der MA 24 – Sozialplanung, die ebenfalls noch nie mit Betroffenen, die PA in Anspruch nehmen, zu tun gehabt hat. Frau DSA Anita Bauer vom FSW kam mit einer Kollegin ebenfalls zur Sitzung.
Kurzes Gespräch mit Dr. Max Rubisch vom Sozialministerium
Dann kam Dr. Max Rubisch vom Sozialministerium, dem ich einige Minuten unser Anliegen vorbringen konnte, dass doch kompetente Vertreter von den Betroffenen zur Sitzung eingeladen werden hätten sollen. Er meinte, dies sei und war so nicht geplant.
Auch dass bei der nächsten Sitzung betroffene Vertreter eingeladen werden, konnte er nicht zusagen. Dies stellt natürlich einen klaren Verstoß gegen die Prinzipien der UN-Behindertenrechtskonvention dar, die seit 2008 auch in Österreich gilt.
Höflich, aber bestimmt hinauskomplimentiert
Schließlich komplimentierte der ehemalige Bundesbehindertenanwalt und nun wieder weisungsgebundene Beamte des Sozialministeriums, Dr. Hansjörg Hofer, mich und meine Begleitung höflich, aber bestimmt vor Beginn der Sitzung aus dem Sitzungssaal 2 im ersten Stock des Sozialministeriums.
Werden die Betroffenen dann vor vollendete Tatsachen gestellt?
Ich möchte hier abschließend festhalten, dass es unverständlich ist, dass Regelungen zur bundesweiten Persönlichen Assistenz über die Köpfe von behinderten Menschen hinweg vereinbart werden.
Die Betroffenen werden dann vermutlich, wie so oft, vor vollendete Tatsachen gestellt werden. In der Praxis hat das mit Persönlicher Assistenz, wie sie ursprünglich gedacht ist, nichts mehr zu tun und ist dann auch für die Meisten unzumutbar, was vermutlich auch gewollt ist. Dann gilt der Slogan: „Ab ins Heim – statt daheim!“