Peter Wehrli

Wehrli: „Warum muss die Schweiz eine Studie machen?“

Peter Wehrli im BIZEPS-INFO Interview zu den neuesten Entwicklungen beim Thema Persönliche Assistenz in der Schweiz.

Nicht dass ein falscher Eindruck entsteht. Peter Wehrli vom Zentrum für Selbstbestimmtes Leben in Zürich ist froh über die Entscheidung des Bundesrates für einen Pilotversuch „Assistenzbugdet“ am 10. Juni 2005. Doch im Interview beleuchtet er auch kritisch einige Aspekte.

BIZEPS-INFO: Ist die Entscheidung des Bundesrates ein Durchbruch oder ein Anfang?

Peter Wehrli (ZSL-Zürich): Ein anfänglicher Durchbruch …

BIZEPS-INFO: Ein Erfolg dieser Größenordnung kommt nicht von alleine. Wie ist das bei euch gelaufen?

Wehrli: Der Regierungsentscheid krönt intensive zähe Verhandlungen zwischen der Vertretung der Behinderten – angeführt durch Katharina Kanka von FAssiS – und dem Bundesamt für Sozialversicherungen.

Fast im Alleingang ist es ihr gelungen, eine breite politische Unterstützung für unsere Anliegen im Bundesparlament zu schaffen, die es ermöglichte die immensen Ängste und Widerstände aus Kreisen der Behindertenversorgung und -verwaltung zu überwinden. Wir gratulieren ihr von ganzem Herzen zu diesem großen, und für die Schweizer Behindertenpolitik einmaligen, Erfolg.

BIZEPS-INFO: War nicht Katharina Kanka auch jahrelang beim Zentrum für Selbstbestimmtes Leben in Zürich Mitarbeiterin?

Wehrli: Stimmt. Sie war auch Mitbegründerin des Zentrum für Selbstbestimmtes Leben und jahrelang stellvertretende Leiterin, bis sie FAssiS gründete um sich ganz dem Thema zu widmen. Das Zentrum für Selbstbestimmtes Leben hat das FAssiS Projekt von Anfang an nach Kräften moralisch, logistisch und fachlich unterstützt und ist zusammen mit Katharina Kanka im Beirat des Projektes vertreten.

BIZEPS-INFO: Nun wird vielfach vom großen Erfolg gesprochen. Doch wenn man genauer hinhört, werden auch einige Dinge kritisiert. Was wären diese zum Beispiel?

Wehrli: Zu hinterfragen ist sicherlich jener Punkt: Warum muss die Schweiz nach so vielen erfolgreichen Jahren der Persönlichen Assistenz in Skandinavien noch immer eine Studie zum Thema Persönliche Assistenz machen? Das ist ganz klar eine Verzögerungstaktik.

BIZEPS-INFO: Warum wird eine Studie erstellt?

Wehrli: Es besteht die Angst die Kontrolle zu verlieren. Statt viel Kreativität und Freiheit von Betroffenen und neue Erfahrungen auch für Verwaltung und Dienstleister zuzulassen, oder gar freudig zu unterstützen, zeichnet sich das Projekt aus durch den Versuch, jede mögliche Entwicklung schon zum Vorneherein bis ins kleinste Detail zu reglementieren.

BIZEPS-INFO: Wird die Persönliche Assistenz bedarfsgerecht sein?

Wehrli: Es wird 20 Euro pro Stunde dafür bezahlt, ganz individuell nach einem Bedarfsmessungsinstrument. Das ist wahrscheinlich bedarfsgerecht. Weiters gibt es einen Nachtzuschlag von rund 35 Euro.

BIZEPS-INFO: Was erwartet ihr vom Pilotversuch?

Wehrli: Wir erwarten, dass sich die Ängste legen, wenn es funktioniert. Allerdings macht uns die Reduktion von anfänglich geplanten 1.000 auf nun 400 behinderte Menschen sorgen. Wir sind ziemlich sicher, dass die Datenbasis für die Studie dadurch nicht reichen wird.

BIZEPS-INFO: Wir danken für das Interview.

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