Wehsely: Neue Leistung für persönliche Assistenz in Wien

"Pflegegeldergänzungsleistung bringt mehr Eigenständigkeit für Menschen mit körperlicher Behinderung"

Sonja Wehsely
Peter Rigaud

Wien schnürt ein neues und zeitgemäßes Betreuungspaket für Menschen mit Behinderung. Ab April 2008 wird es in Wien eine neue Unterstützungsleistung geben, mit der sich behinderte Menschen eine persönliche Assistenz für die Alltagsbewältigung finanzieren können.

Bereits seit April 2006 wird im Rahmen des Projekts „Persönliche Assistenz“ mit 21 Personen ein neues Modell erprobt und begleitend evaluiert. Menschen mit Behinderung erhalten eine monatliche finanzielle Förderung zur Finanzierung einer persönlichen Assistenz, die für die gewünschte Tagesgestaltung benötigt wird. Mit 31. März 2008 endet das Modellprojekt. Weitere 90 Menschen erhalten bislang die sogenannte ‚Erhöhte ambulante Monatspauschale‘ – eine pauschalierte Zahlung in Höhe von 1.400 Euro als Unterstützungsleistung.

Nun wird in Wien eine dauerhafte Unterstützungsleistung für diese Zielgruppe geschaffen: die „Pflegegeldergänzungsleistung für persönliche Assistenz“. Die Höhe dieser Leistung errechnet sich am tatsächlichen Betreuungsbedarf (in Stunden) und orientiert sich außerdem an der Pflegegeldstufe.

WienerInnen mit körperlicher Behinderung im erwerbsfähigen Alter, die Pflegegeld der Stufen 3 bis 7 beziehen, in einem Privathaushalt leben, für die keine SachwalterInnen bestellt sind und die eine hohe Selbstverwaltungskompetenz haben, können die neue Leistung beziehen. Nach einer Prüfung ihrer jeweiligen Lebensumstände können sie, wenn sie eine Arbeit oder Ausbildung haben oder anstreben, ab April 2008 die „Pflegegeldergänzungsleistung für Persönliche Assistenz“ in Anspruch nehmen. Dasselbe gilt, wenn sie eine Berufsunfähigkeitspension oder Kindergeld beziehen. Die neue Leistung ist vorerst bis Ende 2011 befristet und wird begleitend evaluiert.

Konkret ermöglicht die Stadt Wien Menschen mit Behinderung persönliche Assistenz in den Bereichen Haushalt, Körperpflege, Erhaltung der Gesundheit, Mobilität, Kommunikation und Freizeit. Die „Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz“ (PAA) wird weiterhin durch den dafür zuständigen Bund angeboten.

Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely am Mittwoch im Rahmen eines gemeinsamen Pressegesprächs mit FSW-Geschäftsführer Peter Hacker: „Ich freue mich ganz besonders, dass es künftig ein weiteres Unterstützungsangebot gibt, das Wienerinnen und Wienern ermöglicht, trotz einer körperlichen Behinderung voll am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.“

Die neue ‚Pflegegeldergänzungsleistung‘ ist an eine (angestrebte) Integration in den Arbeitsmarkt gebunden, „weil Arbeit einer der zentralen Schlüssel zur Selbstbestimmung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist“, erklärte Wehsely. Ein weiterer Vorteil des neuen Modells liege in der massiven Entlastung von Angehörigen. Der Fonds Soziales Wien geht davon aus, dass in Wien 130 Personen Bedarf anmelden werden.

„Menschen mit Behinderung sind die höchstqualifizierten Expertinnen und Experten in eigener Sache. Wenn es finanziell machbar ist, dann ist es nur logisch, dass sie ihr Leben selbst organisieren. Diese Wahlfreiheit umfasst selbstverständlich auch die Frage, ob die AssistentInnen von den Betroffenen als ArbeitgeberInnen oder über externe DienstleisterInnen beschäftigt werden“, erklärte FSW-Geschäftsführer Peter Hacker.

Stadt Wien als Vorreiterin

„Die Vorgabe an den Fonds Soziales Wien lautete, in diesem komplizierten Bereich eine Lösung zu schaffen, die den individuellen Bedürfnissen gerecht wird. Die neue ‚Pflegegeldergänzungsleistung‘ unterstützt unsere KlientInnen bei der Organisation ihres Lebens. Der bisherige BezieherInnenkreis von Persönlicher Assistenz wird dadurch deutlich ausgeweitet“, erklärte Hacker.

Die Vielfalt der Angebote im Behindertenbereich bleibt dabei erhalten und wird um diese neue zielgruppenspezifische Leistung erweitert. Durchlässigkeit und Flexibilität der Systeme sind weiterhin gewährleistet. „Die Stadt Wien habe sich hier zu einem großen und mutigen Schritt entschlossen“, so Hacker.

„Durch die Einführung dieser neuen Unterstützungsleistung unterstreicht die Stadt Wien ihre Rolle als Vorreiterin im Behindertenbereich. Klar ist aber auch: Es geht hier um eine Ergänzungsleistung zur Bundeskompetenz ‚Pflegegeld‘. Ohne eine nach oben offene Pflegegeldstufe wird es mittelfristig nicht gehen“, so Wehsely. „Was die Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt betrifft, so erwarte ich mir, dass auch Wirtschaft und Arbeitsminister ihre Verantwortung verstärkt wahrnehmen“, so die Wiener Stadträtin.

Wie wird die Pflegegeldergänzungsleistung berechnet?

Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem persönlichen Betreuungsaufwand in Stunden und orientiert sich an der jeweiligen Pflegegeldstufe. Im Vordergrund steht die individuelle Bedarfsprüfung nach klar definierten Kriterien. Pro ermittelter Stunde erhalten die Betroffenen 16 Euro (laut Kollektivvertrag der Berufsvereinigung von Arbeitgebern für Gesundheit- & Sozialberufe), um die persönliche Hilfskraft zu entlohnen. Die zweckentsprechende Verwendung der Mittel ist nachzuweisen.

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