Lebenshilfe Wien

Welche Anstrengungen unternehmen wir noch, um Behinderung aus der Welt zu schaffen?

Gerichtsurteile und Familientragödien - die Lebenshilfe Wien bezieht aus gegebenen Anlass Stellung und fordert in diesem Zusammenhang einmal mehr die Streichung der Sonderbestimmung zur Abtreibung wegen Behinderung (§ 97, Absatz 1, Punkt 2 STGB).

Der OGH spricht erstmals Schadenersatz für den gesamten Unterhalt eines Kindes zu, das mit Down-Syndrom geboren wurde. Weil dieses Kind bei ausreichender Beratung durch den Arzt vermieden werde hätte können, sprich: Abgetrieben.

Jetzt wird diskutiert über ungerechtfertigte Arzthaftungen, über Patientenautonomie und die Fristen für Spätabtreibungen. Und an diesem Punkt ließe sich wiederum gut werben für einen Ausbau der immer besseren Screenings in der Frühschwangerschaft, bei denen Frauen das behinderte Kind noch innerhalb der Fristenregelung abtreiben können.

Anderer Schauplatz: Ein Arzt tötet seine behinderte Tochter und sich selbst, weil er sich mit ihrer Behinderung nicht abfinden kann, die Ehe daran zu zerbrechen drohte, die Geschwister vernachlässigt wurden.

All das ergibt ein kompaktes Bild vom Schreckgespenst Behinderung. Und all das scheint zu rechtfertigen, dass Behinderung nur Leid sein kann und muss und vermieden werden sollte.

Deshalb gibt es auch in Österreich noch immer Indikationenlösungen, die eine Abtreibung über die 3-Monats-Frist hinaus ermöglichen.

Aufgrund der zweiten Indikation („eugenische Indikation“) – wenn eine „ernste Gefahr besteht, dass das Kind geistig oder körperlich schwer geschädigt sein werde“ – kann ein behindertes Kind bis kurz vor die Geburt noch abgetrieben werden.

Diese Spätabtreibungen finden statt: Ungeahnte Dramen für Eltern, Ärzte, Hebammen. Und: Eine untragbare Diskriminierung für Menschen mit Behinderungen!

„Du solltest besser nicht geboren werden, denn Deine Geburt ist einziges Leid – für Deine Familie, für Dich und für die Gesellschaft!“ – das ist die Message hinter Pränatalscreening, Spätabtreibung und auch PID.

„Es braucht eine Aufwertung behinderten Lebens in der Gesellschaft“, so Johannes Huber von der Bioethikkommission (Die Presse, 21.7.06). Es darf Menschen mit Behinderung nicht abgesprochen werden, dass ihr Leben genauso sinnerfüllt ist, wie das von nicht behinderten Menschen.

Die Lösung der Gesellschaft kann nicht bedeuten, Behinderung um jeden Preis zu vermeiden, sondern sie als Bestandteil des Lebens zu akzeptieren und die Benachteiligungen für behinderte Menschen auszugleichen.

  • Wenn auch zur Geburt von behinderten Kindern herzlich gratuliert wird,
  • wenn die Familie selbstverständliche Unterstützung erhält – von Anfang an,
  • wenn das Kind Frühförderung erhält, in den normalen Kindergarten geht,
  • in die normale Schule, einen Beruf erlernt, Freunde hat,
  • selbständig wohnt und auch für all das selbstverständliche Unterstützung erhält,
  • wenn jeder Nichtbehinderte einen Menschen mit Behinderung nachhaltig kennen gelernt hat – dann, und nur dann hat eine Aufwertung behinderten Lebens stattgefunden!

Für diese Vision setzt sich die Lebenshilfe Wien ein. Und für diese Vision muss auch die diskriminierende Sonderbestimmung der eugenischen Indikation ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden! Das fordert auch die Lebenshilfe Österreich schon seit Jahren.

Die Fristenlösung ist nicht unser Thema, da die Frau innerhalb der 3-Monats-Frist keine Begründung angeben muss, warum sie das Kind abtreiben will. Die eugenische Indikation hingegen stellt eine schwere Diskriminierung behinderter Menschen für uns dar.

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