Handschlag

„Wenn sich zwei streiten, schlichtet der Dritte“

Mit 1. Jänner 2006 wird das so genannte Behindertengleichstellungspaket (BBGG) in ganz Österreich in Kraft treten.

Durch die Rechtslage soll es in Zukunft möglich sein, gegen Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung im Bereich der Arbeitswelt und im Zugang zu Gütern und Dienstleistungen anzukämpfen. BBGG § 15 Abs 2 lautet: „Der Einsatz von Mediation ist anzubieten. Mediation ist durch externe Mediatorinnen und Mediatoren im Sinne des Bundesgesetzes über Mediation in Zivilrechtssachen, BGBl. I Nr. 29/2003, zu erbringen.“

Was ist Mediation

Mediation ist ein Verfahren zur außergerichtlichen Lösung von Konflikten. Konsens mittels Verhandlung auf der Basis von Fairness und Verantwortung.

Warum Mediation

Mediation bemüht sich um eine produktive und selbstbestimmte Form des Umgangs. Eine Einigung der Parteien schließt am Ende die Position Gewinner oder Verlierer zu sein aus.

Rolle der Mediatorinnen und Mediatoren

Ein/e MediatorIn fällt weder Urteil noch Schiedsspruch sondern ist „allparteilich“. Er/sie sorgt dafür, dass ein eventuelles Machtungleichgewicht zwischen den Parteien ausgeglichen wird. Seine/ihre Kompetenz lautet: Neue Perspektiven schaffen und den Weg zur Akzeptanz von anderen Realitäten zu begleiten/unterstützen.

Auf Grund meiner jahrelangen Erfahrungen in der Integrations- und der Behindertenbewegung getraue ich mich zu behaupten, dass jenen Mediatorinnen und Mediatoren, welche im Spannungsfeld Behinderung / BBGG Mediation durchführen werden/wollen eine grundsätzliche offene und selbstkritische Haltung zu behinderten Frauen und Männern, sowie deren Angehörigern inne sein muss. Diese respektvolle/wertschätzende Haltung ist notwendig, um tatsächlich für den Ausgleich des Machtungleichgewichtes Sorge tragen zu können. Hier nur auf die Liste des Justizministeriums (3400 Namen) zu verweisen, kann keinesfalls für Win-Win Situationen sorgen.

Welcher zusätzlichen Qualifikation sollte es nun (hier seien nur einige wenige Beispiele erwähnt) bedürfen:

Wissen um

  • umfassende Barrierefreiheit (z. B. baulicher Natur, öffentlicher Dienste, Bus und Bahn, Gebärdensprache, einfache Sprache, Braille-Druck, Familienentlastung, Assistenz etc.)
  • geschlechtersensiblen und nicht diskriminierenden Sprachgebrauch (z.B. Hinterfragung von Kategorisierungen, Verzicht auf abwertende Bezeichnungen wie „an den Rollstuhl gefesselt“ etc.)
  • frühere und heutige Mechanismen der Aussonderung
  • Bedeutung von Selbstbestimmung / Fremdbestimmung / Selbstvertretung / Empowerment / Persönlicher Assistenz und deren Auswirkungen
  • Gestaltung eines gleichwertigen Settings im Mediationsverfahren (was braucht wer? – woher bekomme ich das?)

Können, um

  • die vielfältigen Diskriminierungsstrukturen im gesellschaftlichen Kontext zu erkennen und mit diesen spannungsfrei umzugehen
  • in extrem emotionalen Spannungsfeldern zu arbeiten (z. B. verstehen von langjährigen Verletzungen, Aussonderungen und deren Auswirkungen auf den einzelnen Menschen und sein Verhalten etc.)

Bereitschaft

  • sich einer íntensiven Reflexion der eigenen Betroffenheit („… wie berührt mich dieses Thema …“) bzw. der Betroffenheit durch Angehörige zu stellen
  • Alltags-Diskriminierungsbeispiele ernst zu nehmen und diese in Lerngruppen zu bearbeiten (Expertinnen und Expertenwissen und Expertisen ein zuholen)

Als Referentinnen und Referenten sollten betroffene wie nichtbetroffenen Frauen und Männer, sowie Angehörige (Eltern) tätig sein. Diese könnten den zukünftigen Mediatorinnen und Mediatoren die unterschiedlichen Perspektiven der Betroffenheit leichter verständlich machen.

Weiters sollten kontinuierlich Peer Groups der Mediatorinnen und Mediatoren stattfinden – jeweils begleitet von einer geschulten betroffenen und einer nichtbetroffenen Person.

Zur Ankündigung der Richtlinie, die da lautet: „Die Richtlinien hätten insbesondere Kostensätze, Höchststundenkontingente und allfällige Zusatzqualifikationen der Mediatorinnen und Mediatoren bzw. besondere Erfordernisse in Fällen von Mehrfachdiskriminierung zu regeln“, können natürlich viele Meinungen existieren.

Für mich als betroffene Mutter und Mediatorin steht jedoch die Sicherstellung der qualitätsvollen Umsetzung von Mediation durch eine entsprechende Richtlinie mit verpflichtender Zusatzqualifikation im Zentrum meiner Betrachtung.

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