Im vergangenen Herbst mußte ich mehrere Wochen im Allgemeinen Krankenhaus verbringen und habe dabei eine Menge sehr positiver Erfahrungen gemacht, wie man als blinder Mensch im Krankenhaus behandelt wird.
Bei meinen früheren Krankenhausaufenthalten lag ich immer voll Streß in meinem Bett, da ununterbrochen die Zimmertüre aufging und jemand hereinkam oder auch nur hereinschaute, und ich keine Ahnung hatte, wer es war, was er wollte, und ob es mich oder das Nachbarbett betroffen hat. Diesmal war das ganz anders.
In der Zwischenzeit hat es nämlich ein Projekt gegeben, bei dem die Krankenpflegeschule des AKH gemeinsam mit blinden Mitgliedern vom Verein Blickkontakt Grundsätze für den Umgang mit blinden Menschen im Krankenhaus erarbeitet hat.
Bereits in drei verschiedenen Klassen hat immer dann, wenn über die Augen unterrichtet wurde, ein blinder Mensch einen Vortrag gehalten. Danach haben mehrere blinde Personen in Kleingruppen immer mit je 5 bis 6 Schülern ein Thema bekommen und darüber gemeinsam gesprochen, diskutiert und Erfahrungen mit dem Blinden ausgetauscht.
Als ich nun erfahren habe, wo mein Spitalsbett reserviert ist, war Schwester Gabi, die dieses Projekt in der Krankenpflegeschule geleitet hatte, so nett und ist auf dieser Abteilung des AKH zur Stationsschwester gegangen und hat mit ihr das Problem einer blinden Patientin im Krankenhaus besprochen. Die Stationsschwester zeigte großes Verständnis und sagte zu, zu helfen, wo es in ihrer Macht steht.
Ich befestigte zwei kleine Plakate an meiner Zimmertüre. Auf dem ersten stand zu lesen: Patientin ist blind – beim Eintreten bitte Name und Grund des Eintretens nennen. Das war für mich wirklich herrlich. Jeder folgte dieser Bitte, und wenn einmal jemand stumm hereinkam, und ich nur angefangen habe zu fragen, wer er sei, kam sofort eine Entschuldigung, daß man nur gerade nicht daran gedacht hatte. Einmal kam an einem Wochenende ein Arzt herein und sagte: „Ich war schon einmal hier.“ Da konnte ich ihm nur antworten: „Was glauben Sie, wieviele Männer schon einmal hier im Zimmer waren?“ Er schmunzelte und sagte sofort seinen Namen.
Auf dem zweiten Plakat waren ein paar weitere Grundsätze aufgelistet, die dem blinden Patienten das Leben im Krankenhaus erleichtern. Gegenstände im Zimmer immer am selben Platz belassen oder Veränderungen mitteilen. Durch meine intensiveren Gespräche mit dem Putzpersonal funktionierte dies auch bestens.
Weiters war es für mich besonders beruhigend, zu Untersuchungen, die nicht auf der eigenen Station durchgeführt werden konnten, eine Person meines Vertrauens mitnehmen zu können.
Information über bevorstehende Untersuchungen
Ein weiterer Punkt auf meiner Liste ist eine besondere Information über bevorstehende Untersuchungen durch die Person, die dann die Untersuchung auch wirklich durchführt.
Das ist sicher für ÄrztInnen und medizinische AssistentInnen ein größerer Aufwand, aber es hat mich ungemein beruhigt, vorher konkrete Fragen über die Untersuchung stellen zu können und auch zu wissen, daß der Untersuchende meine Ängste und Bedenken wirklich kennt.
Schon beim Betreten des Untersuchungsraumes tönte mir eine vom Gespräch her vertraute Stimme entgegen, was ungemein beruhigt, wenn man sonst nur von unbekannten Geräuschen umgeben ist. Die beiden Plakate auf meiner Zimmertüre waren mit Zeichnungen von bunten Comicfiguren verziert, damit sie besser auffallen und ins Auge springen.
Falls jemand in nächster Zeit in ein Spital muß und Interesse an diesen Plakaten hat, schicke ich sie gerne zu. Ich bin auch jederzeit gerne bereit, mit den zuständigen ÄrztInnen zu telefonieren und auf die Bedürfnisse blinder PatientInnen hinzuweisen, wenn das jemand wünscht.
Die 5 Grundsätze, die mir wichtig sind, zusammengefaßt:
- beim Eintreten Name und Grund nennen
- PatientInnen erst ansprechen und dann berühren
- Erlaubnis, sich zu Untersuchungen begleiten zu lassen
- besondere Information vor der Untersuchung
- im Zimmer alles am selben Ort belassen.
Die Abteilung 21 H im roten Bettenturm AKH hat diese Grundsätze bei mir in einmaliger Weise berücksichtigt, sodaß ich diesem Team mein höchstes Lob aussprechen möchte. Jedem künftigen blinden Patienten in einem Krankenhaus kann ich nur raten: Setzt Euch für eine blindengerechte Behandlung ein. Es zahlt sich aus!