Wie die Post gescheitert ist

Kann es wirklich sein, dass die Post AG schon wieder die Barrierefreiheit "vergessen" hat? Ein Kommentar.

Abholstation der Post
BIZEPS

Der ORF berichtete kürzlich über die Abholstationen der Post: „Von diesem Angebot ausgeschlossen sind allerdings blinde, sehbehinderte und kleinwüchsige Menschen sowie Menschen im Rollstuhl. Denn obwohl viele Abholstationen gerade erst installiert wurden, sind sie nicht barrierefrei.“

„Das Ganze ist eigentlich ziemlich schlecht geplant“, wird Dr. Markus Wolf, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich, im ORF zitiert.

Post-Ausschreibung gewann KEBA

„Die Ausschreibung für den Bau der bis zu 400 Abholstationen, die in den Postfilialen bis 2016 installiert werden, hat das Linzer Unternehmen KEBA gewonnen“, informierte die Österreichische Post AG im November 2013. KEBA ist ein international tätiges Unternehmen (Amerika, Europa, Asien) mit knapp 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Sitz in Linz.

Post investiert 4 Millionen Euro und ignoriert Barrierefreiheit?

Ein Jahr später wurde die 100. Abholstation in Betrieb genommen; im November 2015 waren es schon 200. In Summe investiert die Post AG 4 Millionen Euro.

Angesichts der nun vorliegenden Ergebnisse ist davon auszugehen, dass die Post AG bei der Ausschreibung bewusst auf die Barrierefreiheit verzichtet oder zumindest vergessen hat, diese in der Ausschreibung verpflichtend einzufordern. Beide Varianten wären angesichts des seit 2006 geltenden Behindertengleichstellungsgesetzes ziemlich ignorant.

Abholstation der Post
KEBA AG

Nun evaluiert die Post AG (einmal wieder)

Die Post wurde schon in der Vergangenheit vom ÖZIV im Bereich Barrierefreiheit beraten. ÖZIV-Präsident Dr. Klaus Voget unterzeichnete damals einen Beratungsvertrag mit der Post unter dem Motto: „Die Post ist für alle Menschen da“.

Nun verweist die Post angesichts der Kritik wieder feigenblattmäßig auf den ÖZIV, mit dem man bis Mitte 2016 Ergebnisse bei den Abholstationen präsentieren möchte. Es wird spannend sein zu sehen, ob hier ein fauler Kompromiss herauskommen oder nun die Barrierefreiheit (sei es baulich und/oder organisatorisch) bei den Abholstationen wenigstens nachträglich geschaffen wird.

Wann traut sich die ÖAR eine Verbandsklage zu führen?

Schön wäre es, wenn Dr. Klaus Voget sich nach 10 Jahren auch einmal in seiner Doppelrolle – er ist auch ÖAR-Präsident – daran erinnert, dass die ÖAR genau für solche Fälle im Behindertengleichstellungsgesetz das Instrument der Verbandsklage erhalten hat.

10 Jahre auf dieses Instrument zu verzichten und sich die Nutzung nicht zuzutrauen, ist ein Armutszeugnis für eine Organisation, die sich wie die ÖAR auch noch „Dachverband“ nennt.

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