Wie man mit Diskriminierung ein Geschäft macht

Im Rahmen der Arbeitsgruppe zur Durchforstung des Wiener Landesrechts nach behindertendiskriminierenden Gesetzen und Verordnungen wurde eine Passage zur vereinfachten Aufstellung von politischen Wahlständern gefunden.

Dreieckständer mit Werbung
BIZEPS

Die Betroffenen forderten die Streichung von Teilen der Verordnung. Die Vorgangsweise der Parteien im Wahlkampf war behindertenfeindlich. Wie schon in den letzten Ausgaben von BIZEPS-INFO berichtet, haben sich die Parteien geeinigt, an den Wahlständern festzuhalten, obwohl eine Studie des Boltzmanninstitutes ihre Gefährlichkeit nachgewiesen hat.

Einzig die Anzahl der Ständer wurde auf 1.100 pro Partei vereinbart (ob dies eingehalten wurde, darf bezweifelt werden) und die Dauer der bewilligten Aufstellung etwas verkürzt.

Die SPÖ im 9. Bezirk hat einen Vorstoß gemacht und von sich aus auf das Aufstellen von Dreieckständern verzichtet. Im Wahlkampf wurde im 9. Bezirk vom Bezirksvorsteher veranlaßt, daß verordnungswidrig aufgestellte Dreieckständer abmontiert und in ein Depot gebracht werden.

Frotzelei
Im Umkreis unseres Selbstbestimmt-Leben Zentrum standen drei Wahlkampfständer. Einer in der linken Quergasse (FPÖ), einer in der rechten Quergasse (LIF) und einer vor dem Haustor (ÖVP). Es wurde immer behauptet, daß nicht ordnungsgemäß aufgestellte Ständer umgehend entfernt würden; was von uns getestet wurde.

Die ÖVP sagte uns umgehend die Entfernung zu, was noch am selben Tag erledigt wurde. Auch das LIF versprach uns – obwohl „natürlich alle Ständer bewilligt sind“ – die Entfernung innerhalb von 24 Stunden.

Die FPÖ wollte – kaum hatte ich die Adresse durchgegeben – wissen, ob der Ständer verunstaltet wurde. Als ich der FPÖ-Mitarbeiterin klarmachen konnte, daß er vorschriftswidrig aufgestellt wurde, ließ ihr Interesse rapid nach und sie meinte, daß „sie es dem Mitarbeiter weitersagen würde“.

Am nächsten Tag die zweite Überraschung: Auch der Ständer vom LIF war verschwunden; aber eigentlich nur vom ursprünglichen Standort. Nun befand er sich dort, wo am Vortag der Ständer von der ÖVP stand. Der Ständer von der FPÖ war erwartungsgemäß noch da.

Nach einigen Tagen veranlaßten wir die Entfernung der Ständer durch den Magistrat. Doch einige Tage vor der Wahl mußten wir zu unserer Überraschung wieder den ÖVP Ständer vor dem Haustor entdecken. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, daß die beste – und von uns immer geforderte – Lösung ein generelles Aufstellverbot ist.

Werbung auf Parteiständern
Doch die Parteien überraschten auch nach der Wahl. Das LIF ließ seine Ständer mit einem Plakat eines Sony-Händlers überkleben, die ÖVP stellte ihre Ständer dem Kurier zur Verfügung; angeblich im Austausch für Inserate im Kurier.

Die FPÖ – wohl in der Hoffnung auf weitere positive Berichterstattung – überließ ihre Ständer angeblich gratis dem „U-Express“ (eine U-Bahnzeitung der Kronenzeitung). Die SPÖ überließ ihre Ständer dem sozialistischen Studentenverband VSStÖ.

Laut Aussage des Magistrats sind Werbungen dieser Art aber rechtlich nicht gedeckt. Eine Verordnung besagt, daß Dreieckständer nur für politische Werbung genehmigt sind. Werbemitteilungen, die mit den aktuellen Wahlkämpfen nichts zu tun haben, sind auf Dreieckständern nicht gestattet.

Danach kann der Bezirk seinerseits die MA 48 (Straßenreinigung) beauftragen, das Stadtbild zu pflegen. Wie Obersenatsrat Fritz Danzmayr, Leiter der MA 46, in der Zeitung „Die Presse“ bestätigt, laufen bereits erste Verwaltungsstrafverfahren.

Ständer standen länger als erlaubt
Doch nicht nur, daß die Parteien die Ständer behindernd und sicherheitsgefährdend aufstellten und nach der Wahl unrechtmäßig mit Werbung beklebten, mußten wir auch noch feststellen, daß sie länger als die in der Verordnung erlaubte Zeit nach der Wahl aufgestellt blieben.

Wir werden uns dafür einsetzen, daß dies die letzten Wahlen waren, bei welcher die Bevölkerung durch diese Wahlständer belästigt und gefährdet worden ist.

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