Wie reagierte die Bundesregierung auf die Inklusionsdemo?

BIZEPS wollte von Klaus Widl, interimistischer Präsident des Österreichischen Behindertenrats (ÖBR), bei der Inklusionsdemo am 28. September 2022 wissen, wie die Bundesregierung auf die Forderungen der Behindertenbewegung reagiert hat.

Klaus Widl versucht das Forderungspaket nach der Inklusionsdemo im Bundeskanzleramt zu übergeben
Österreichischer Behindertenrat
Impression von der Inklusionsdemo 28.9.2022
BIZEPS

Bei der Inklusionsdemo am 28. September 2022 protestierten rund 4.000 Menschen – an manchen Orten auch bei strömendem Regen – gegen die massiven Versäumnisse bei der Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Österreich.

BIZEPS befragte den ÖBR-Vizepräsidenten Klaus Widl, welche Reaktionen es von Vertreter:innen der Bundesregierung gab und wer sich zu den Forderungen der Behindertenbewegung äußerte.

Soviel sei vorab verraten: Es zeigt sich ein trauriges und von Ignoranz geprägtes Bild.

Interview mit Klaus Widl vom Österreichischen Behindertenrat

BIZEPS: Wurde die Regierungsspitze zur Inklusionsdemo eingeladen?

Klaus Widl: Ja. Ich habe den Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und den Vizekanzler Werner Kogler (GRÜNE) am 13. September 2022 schriftlich eingeladen, am 28. September ab 11 Uhr auf den Ballhausplatz zu kommen, um zu hören, worum es Menschen mit Behinderungen geht und sich ein eigenes Bild von den Problemen und Diskriminierungen, die immer noch stattfinden, zu machen.

BIZEPS: Gab es Reaktionen auf die Einladungen?

Klaus Widl: Unsere Einladungen wurden völlig ignoriert.

Da ich wusste, dass zum Zeitpunkt der Inklusions-Demo am Ballhausplatz der Ministerrat im Bundeskanzleramt tagte, forderte ich bei meiner Eröffnungs- und Abschlussrede Bundeskanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler sowie die gesamte Bundesregierung lautstark auf, aus dem Bundeskanzleramt zu kommen und zu zeigen, dass ihnen die Anliegen von Menschen mit Behinderungen sowie deren Menschenrechte und gleichberechtigte Teilhabe in der Gesellschaft wichtig seien. Ich appellierte: „Nehmen Sie unser Forderungspaket persönlich entgegen!“

BIZEPS: Kam jemand?

Klaus Widl: Nein.

BIZEPS: Welche Forderungen waren im Forderungspaket?

Klaus Widl: Das Forderungspaket beinhaltet im Großen und Ganzen ein inklusives Bildungssystem, existenzsichernde Arbeit und Lohn statt Taschengeld sowie bundesweit einheitliche und bedarfsgerechte Persönliche Assistenz. Die detaillierten Forderungen sind unter https://ogy.de/Behindertenrat-Forderungen nachzulesen.

BIZEPS: Wem wurde es übergeben?

Klaus Widl versucht das Forderungspaket nach der Inklusionsdemo im Bundeskanzleramt zu übergeben
Österreichischer Behindertenrat

Klaus Widl: Bei meinem Versuch, unser Forderungspaket im Bundeskanzleramt persönlich abzugeben, hat sich sehr Symbolträchtiges abgespielt.

Ich wurde von den Exekutivbeamten beim Eingang zum Bundeskanzleramt ziemlich resolut aufgehalten und mit dem Paket zum Hintereingang geschickt, um es dort in der Posteinlaufstelle abzugeben.

Weder Politiker:innen noch Beamt:innen haben sich bequemt, unser Forderungspaket entgegenzunehmen bzw. auch nur ein Wort zu wechseln.

„Im Regen stehen gelassen“ und „zum Hintereingang geschickt“ – das sind die symbolträchtigen Reaktionen unserer höchsten bundespolitischen Verantwortungsträger:innen zu den berechtigten Menschenrechtsforderungen von Menschen mit Behinderungen.

BIZEPS: Gab es auf die Übergabe Reaktionen?

Klaus Widl: Es gab auch nach der Abgabe unseres Forderungspakets in der Posteinlaufstelle keinerlei Reaktion. Für Menschen mit Behinderung ist dies ein mehr als trauriges und von Ignoranz geprägtes Bild, das unsere höchsten bundespolitischen Verantwortungsträger:innen hier abgegeben haben!

BIZEPS: Danke für das Interview!

Übrigens: Der Übergabeversuch ist festgehalten und Teil der aktuellen Sendung „NA (JA) GENAU“. Siehe auch Bilder vom ÖBR.

ÖBR versucht das Forderungspaket nach der Inklusionsdemo im Bundeskanzleramt zu übergeben
Österreichischer Behindertenrat

 

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