Wie viel dürfen Menschenrechte kosten?

Angesichts der angekündigten Kürzungen der Tiroler Landesregierung im Bereich der Behindertenhilfe muss man sich diese Frage stellen. Ein Kommentar.

Ortschild mit Aufdruck Tirol
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Das Land Tirol friert die Leistungen der Behindertenhilfe auf dem aktuellen Niveau von 305 Millionen Euro ein. Klingt zunächst harmlos – ist es aber nicht.

Denn während die Ausgaben eingefroren werden, steigen Gehälter, Miet- und Energiekosten weiter. Am Ende fehlen den Einrichtungen rund 15 Millionen Euro. Das bedeutet weniger Betreuung, weniger Unterstützung, weniger Lebensqualität für Menschen mit Behinderung.

Update (14.10.2025): Tiroler Tageszeitung, SPÖ-Tirol, ORF-Tirol

Menschenrechte, keine Almosen

Leistungen in der Behindertenhilfe sind kein Luxus, kein „Nice-to-Have“. Sie sind die Grundvoraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Volle gesellschaftliche Teilhabe und Inklusion sind in der UN-Behindertenrechtskonvention verbriefte Menschenrechte.

Österreich hat diese Konvention bereits 2008 unterschrieben und ist bereits heute säumig in der Umsetzung – das hat die letzte Staatenprüfung der UN deutlich gezeigt. Durch die Kürzungen wird der Zugang zu elementaren Menschenrechten weiter eingeschränkt.

Integration Tirol, eine Familienberatungsstelle für Menschen mit Behinderung, bringt es auf den Punkt – Sonja Tollinger, Obfrau Integration Tirol:

Wer bei den Tagesstrukturen spart, ohne den Betrag gezielt in Teilhabe am Arbeitsmarkt oder Persönliche Assistenz zu investieren, spart nicht bei Strukturen, sondern bei Menschen – bei jenen, die Begleitung brauchen, um nicht völlig zu vereinsamen.

Mehrfachbelastung für Menschen mit Behinderung

Der aktuelle Sparkurs trifft Menschen mit Behinderung besonders hart – und das gleich mehrfach:

Menschen mit Behinderung sind deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen und leben oft am Rande des Existenzminimums. Für ein selbstbestimmtes Leben sind sie auf Leistungen der ÖGK und des Staates angewiesen – auch dort wird der Rotstift angesetzt. Sozialleistungen werden trotz hoher Inflation nicht valorisiert, was einen weiteren realen Einkommensverlust bedeutet. Die hohen Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln, Energie und Wohnen treffen Menschen mit wenig Einkommen besonders hart.

Es gibt Alternativen

Mir ist bewusst, dass alle einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten müssen. Aber wer bei Menschen mit Behinderung spart, spart auf Kosten der Schwächsten in unserer Gesellschaft. Gerade in einer solidarischen Gesellschaft sollte es anders sein – die mit den breiten Schultern sollten mehr tragen.

Dieses Prinzip wurde in manchen Bereichen bereits umgesetzt: Niedrige Pensionen werden stärker erhöht als hohe, niedrige Gehälter stärker an die Inflation angepasst als hohe. Warum gilt dieser Grundsatz nicht auch in der Behindertenhilfe?

Und es gäbe durchaus Alternativen zur Budgetkonsolidierung. Aktuell wird beispielsweise diskutiert, wie mit den millionenschweren Übergewinnen des landeseigenen Energieversorgers Tiwag umgegangen werden soll. Hier wäre eine sinnvolle Verwendungsmöglichkeit gefunden.

Verantwortung liegt beim Landeshauptmann

Verkündet hat die Kürzungen Soziallandesrätin Pawlata. Politisch verantwortlich ist aber Landeshauptmann Anton Mattle. An ihn geht der Appell:

Korrigieren Sie diese Entscheidung. Passen Sie die Behindertenhilfe an die tatsächlichen Erfordernisse an. Menschen mit Behinderung haben bereits jetzt mit hohen Belastungen durch zu wenig Inklusion und fehlende Möglichkeiten zur vollen gesellschaftlichen Teilhabe zu kämpfen. Sie dürfen nicht auch noch die Hauptlast der Budgetkonsolidierung tragen.

Was Sie tun können

Wenn auch Sie der Meinung sind, dass diese Kürzungen zurückgenommen werden müssen, können Sie die Petition „Nein zu den Kürzungen in der Tiroler Behindertenhilfe“ unterzeichnen.

Lassen Sie uns gemeinsam ein Zeichen setzen – für eine Gesellschaft, die ihre Schwächsten nicht im Stich lässt.

Siehe: KRONE, ORF-Tirol

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