Im Budget-Unterausschuss erklärte Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ), wie sie Geld einsparen wird. Bei der Umsetzung der Barrierefreiheit werde sie sparen, kündigte sie an. BIZEPS fragte daraufhin nach. Hier die ernüchternde Antwort.

Mit Erstaunen konnte man über die Sparpläne der Ministerin in der Parlamentskorrespondenz vom 8. Mai 2009 folgenden Text lesen: „Den Differenzbetrag zu ihren ursprünglichen Einsparungszielen will die Ministerin, wie sie erklärte, durch die Verschiebung von nicht prioritären Projekten in Zusammenhang mit der Umsetzung des Behinderten-Gleichstellungsgesetzes aufbringen.“
Was bedeutet dies? Die Gleichstellung behinderter Menschen wird anscheinend eingespart, indem man Maßnahmen zur Erreichung der Barrierefreiheit einfach verschiebt.
Kritik gab es von der BZÖ-Abgeordneten Ursula Haubner auch dafür, dass die Adaptierung für behindertengerechte Schulgebäude hinausgeschoben werde – „das ist ungeheuerlich!“, meint sie in einer Aussendung.
BIZEPS fragt nach
„Wir können uns nämlich nicht vorstellen, dass Ihnen die Gleichstellung behinderter Menschen so wenig wichtig ist“, halten wir in einem Schreiben vom 12. Mai 2009 an die Unterrichtsministerin fest und bitten sie um detaillierte Beantwortung folgender Fragen:
- Um welche Projekte geht es konkret?
- Welche konkreten Vorhaben sollen eingespart werden?
- Um welche Summen wird es sich dabei handeln?
Wir erhofften Antworten, um Klarheit zu erhalten. Am 25. Mai 2009 erhielten wir vom zuständigen Sektionschef, Dr. Helmut Moser, im Auftrag der Ministerin folgendes Antwortschreiben:
Antwortschrieben
Unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben an die Frau Bundesministerin vom 12. Mai 2009 darf ich als zuständiger Sektionschef nachstehende Informationen geben:
Das Bundesbehindertengleichstellungsgesetz sieht vor, dass bis Ende 2015 alle öffentlichen Leistungen barrierefrei erschlossen sein müssen. Dabei sind laut Gesetz auch organisatorische Maßnahmen an Stelle von unwirtschaftlichen Baumaßnahmen möglich. Deshalb hat das Unterrichtsministerium gemeinsam mit den Landesschulräten/Stadtschulrat für Wien einen Etappenplan für die Herstellung der Barrierefreiheit im Bundesschulbereich erstellt. Dieser sieht vor, dass an allen Schulgebäuden innerhalb der gesetzlich verankerten Frist der barrierefreie Zugang im stets benötigten Ausmaß unter Berücksichtigung organisatorischer Maßnahmen gegeben sein wird.
Im Zuge von Neubau/Sanierungsmaßnahmen wurde seitens des Unterrichtsressorts schon vor in Kraft treten des B-BGStG auf eine barrierefreie Erschließung Wert gelegt. Diese Bemühungen wurden durch das neue Gesetz verstärkt und auf die Einhaltung des Behindertengleichstellungsgesetzes seither auch bei Schulen, bei denen derzeit keine Sanierungen vorgesehen sind, besonderes Augenmerk gelegt.
Den Landesschulräten bzw. dem Stadtschulrat für Wien werden auch im Jahr 2009 Mittel für die Umsetzung von Baumaßnahmen (rd. 10,5 Mio.) zur Herstellung der Barrierefreiheit zur Verfügung gestellt, damit bei aktuellem Bedarf, aber auch im Rahmen von Sanierungen, die entsprechenden baulichen Umsetzungen sichergestellt sind. (Im Jahr 2008 wurden den LSR/SSR rd. 8 Mio. dafür zweckgewidmet zur Verfügung gestellt.)
Ab dem Budgetjahr 2010 stehen die geplanten Mittel in voller Höhe zur Verfügung, sodass es möglich wird, derartige Umsetzungsschritte außerhalb von größeren Sanierungen und ohne aktuellen Anlass zu setzten. Eine Reduktion der Budgetmittel ist nicht vorgesehen.
Ich hoffe, dass ich mit dieser Antwort die positive Haltung und das Bekenntnis des Ressorts für die Schaffung eines barrierefreien Zugangs für alle Menschen zu den öffentlichen Leistungen des Unterrichtsressorts in geeigneter Weise zum Ausdruck bringen konnte.
Was bedeutet das?
Trotz fast zweiseitigem Antwortschreiben bleiben mehr Fragen als Antworten übrig. Drei einfache Fragen werden bewusst nicht beantwortet. Welche Projekte das Ministerium auf Kosten der Barrierefreiheit für behinderte Menschen nun verschiebt oder gänzlich einspart und wie viel Geld die Ministerin anderwärtig verwendet, gibt sie nicht bekannt. Diese diskriminierende Handlungsweise wird man sicher genau im Auge behalten müssen.
Alexandra,
04.06.2009, 22:00
Interessant und eigentlich wundert es mich nicht. Warum was in vorausplanen, wenn man es dann ohnehin nicht macht. Das Problem an der Thematik ist und bleibt die klare Aussage. Das Schreiben oben beweist ja, dass warme Luft zwar wärmt, aber auch stinken kann.
Barbara Levc,
03.06.2009, 12:06
„Organisatorische Maßnahmen“ heißt z.B. im Raum Graz, dass alle SchülerInnen, die einen Rollstuhl benutzen, nachdem sie in unterschiedlichen Volkschulen integriert waren in eine bestimmte Hauptschule bzw. ein bestimmtes Gymnasium – beide relativ neu erbaut und deshalb weitgehend barrierefrei – vom Landesschulrat „gesteckt“ werden. So „erspart“ man sich Schulgebäude barrierefrei umzubauen. Die freie Schulwahl gilt für SchülerInnen mit Behinderung eben nicht mehr und ob die SchülerInnen von ihren FreundInnen aus der Volkschule getrennt werden, vielleicht quer durch die Stadt gekarrt werden müssen und die Ausrichtung einer anderen Schule ihren Begabungen besser entsprochen hätte, interessiert beim LSR niemand.
Brigitte Pelwecki,
02.06.2009, 09:57
Sehr geehrte Damen und Herren, die Planung der Ausgaben ist den jeweiligen Landeschulräten überlassen. Infos zu diesen Planungen und Kosten bekommt man über die Etappenpläne des bmukk/Abteilung Raum, DI Thomas Nausch. Freundliche Grüße Brigitte Pelwecki. Leitung Budget/Wirtschaft, Landesschulrat für Salzburg
rollstuhl100,
30.05.2009, 19:09
ich bin nicht nur eintäuscht ich bin entsetzt sogar.
rollstuhl100,
30.05.2009, 08:44
wem wundert diese ausage wir in österreich haben den behindertenfeindlichsten bundespräsidenten und bürgermeister bei unsereren politikern hatt die ausgrenzung und diskrimminierung von behinderten und rollstuhlfahrern vorang ersterklasse siehe beispiele behinderten gerechte rollstuhlwohnung vergabe an gesunde mieter auffahrtsrampe ord,dr,larcher im hayden-hof in meidling noch immer nicht realisiert leider fahren die bezirkspolitiker im selben fahrwasser siehe abschrägungen von gehsteigkanten vorher bekommt eine frau achtlinge bis sich die MA28 aufrafft etwas zu unternehmen traurig traurig
Josef G.,
29.05.2009, 18:39
Tja sparen, sparen … Bei den Armen und Behinderten … Die Umsetzung bzw Frist wurde bis 2015 festgesetzt, und sollte auch eingehalten werden (wie vereinbart) Wie wärs ENDLICH bei der Einsparung bei den Ministergehältern ???
Brigitte Haberstroh,
29.05.2009, 17:34
„barrierefreie Zugang im stets benötigten Ausmaß“ heißt dann „mir ham in unserer Schul kan Rollstuhlfahrer“ und „unter Berücksichtigung organisatorischer Maßnahmen“ heißt dann „und wenn ana kummt, zahn man scho auffe“. Vielen Dank, Frau Minister, für diese „kreative“ Auslegung von Menschenrechten!
meia,
29.05.2009, 16:28
Barrierefreiheit – ein Menschenrecht. Das ist tatsächlich ungeheuerlich! Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes enttäuscht..
Claudia Bair,
29.05.2009, 12:49
das ist ja ungeheuerlich!
Gertrude Sladek,
29.05.2009, 11:19
Eigentlich ist es unvorstellbar, wie hinterhältig sich politisch Verantwortliche an Dinge herantasten, um Ziele erreichen zu können, die ihnen von den vermeintlich Starken der Gesellschaft vermasselt wurden. Wie gut, auch noch einen Sektionsleiter mit einem so nichtssagenden Schreiben vorschieben zu können, auf dass man nicht persönlich Farbe bekennen muss. Das ist gelebte Sozialdemokratie, herzliche Gratulation! Gelungen!