Behinderte Mieterin wurde delogiert und in einem Heim untergebracht. Die Kosten dafür betragen ein Vielfaches der Mietschuld - und das pro MONAT!

In der Fragestunde des Wiener Gemeinderates am 20. September 2007 stellte die ÖVP-Behindertensprecherin, Karin Praniess-Kastner, dem Wiener Stadtrat für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung, Dr. Michael Ludwig (SPÖ) folgende Frage:
„Die jüngst erfolgte Delogierung einer schwer behinderten Mieterin aus einer Wiener Sozialwohnung wirft die Frage auf, ob dem sozialen Grundgedanken beim Umgang mit Mietern in Wiener Gemeindewohnungen überhaupt noch ausreichend Rechnung getragen wird. Gerade bei Menschen mit Behinderungen, die noch dazu verschuldet sind, erst einmal zu verlangen, dass sie selbst aktiv werden müssen, kann nicht sozialdemokratischer Politik entsprechen. Werden Sie als Verantwortlicher für Wiener Wohnen künftig bei Delogierungen mehr auf soziales Augenmaß achten?“
Der Stadtrat erklärte – so berichtet die Rathauskorrespondenz -, dass es in Wien ein dichtes Netz an Wohnunterstützung gebe und Wiener Wohnen eine Delogierungsprävention anbiete. Im vorliegenden Fall seien der Mieterin bereits sechs Delogierungsaufforderungen geschickt sowie das Angebot gemacht worden, gemeinsam eine Lösung zu finden. Leider habe die Mieterin dieses Angebot nicht angenommen.
Die Unterbringung in einem Heim – in dem die Kosten pro Monat ein Vielfaches der bisherigen Mietschulden ausmachten – wurden von der ÖVP-Abgeordneten ebenfalls angesprochen. Der Stadtrat erwiderte, dass die Stadt hierbei ihrer sozialen Verantwortung gerecht wurde, indem sie der Delogierten eine Ersatzunterkunft verschafft habe. Abschließend erklärte er, dass jeder dazu angehalten sei, seinen Mietverpflichtungen nach zu kommen.
Die Stadt Wien delogiert also guten Gewissens behinderte Menschen und bringt sie in einem Heim unter. Diese wirtschaftlich unvernünftige Vorgangsweise – und menschlich verabscheuungswürdige Tat – wird auch noch verteidigt und als soziale Verantwortung verkauft.
eva thorpe,
01.10.2007, 16:56
Lieber Herr Lichtenauer, ich stimme ganz und gar mit ihnen überein und bin immer wieder überrascht, dass es von behinderten Menschen gegenüber anderen behinderten Menschen oft nicht viel Einfühlungsvermögen und Verständnis gibt. Ich frage mich, wieso das so ist, und ob sie ihre hart erkämpfte „Lebenssituation“ durch „weniger tüchtige“ behinderte Menschen gefährdet sehen.
Alexandra,
01.10.2007, 16:38
Herr Lichtenauer, schön haben Sie die Gesetzestexte aufgeschrieben, aber es ändert nichts an der Tatsache, dass es eben Leute gibt, die diese Hilfestellungen nicht annehmen. Was soll da Wiener Wohnen tun? Diese Leute geähren lassen, während andere ihre Miete zahlen? Das hat nichts mit Gleichstellung zu tun, sondern das Vorschieben der Behinderung zum eigenen Vorteil. Das ist mies und asozial! Denn letztendlich kommen wieder die zum Handkuss, die zB unverschuldet in Not geraten und die dann wirklich auf die Straße gesetzt werden. Wo bleibt das das Sozialnetz, wo bleibt da die Hilfe und die guten Ratschläge oder ein Zimmer in einem Heim …
Ich bin für Gleichstellung, aber ich bin vor allem für Fairnis.
BMW,
01.10.2007, 16:36
Es ist einerseits wirklich traurig was hier Passiert ist aber andererseits verlangen alle eine Integration von Behinderten in die sogenannte Normale Welt. Es kann aber nicht sein das nur gefordert wird um seine Rechte einzufordern und die Pflichten soll die öffentliche Hand leisten!
Hier in diesem Fall ist offenbar vieles Schief gelaufen……
Gerhard Lichtenauer,
01.10.2007, 15:58
Liebe Frau Sladek, sie haben einerseits recht, aber wir dürfen es uns nicht leicht machen. Beim Kollaps des „Geldlebens“ – egal ob behindert oder nichtbehindert – kommt es zu verfahrenen Situationen, alles gerät aus den Rudern und bekommt eine Eigendynamik. Planlos werden Prioritäten nur mehr spontan und nicht immer klug gesetzt. Es ist wie bei einem Dammbruch, man versucht noch verzweifelt die Löcher zu stopfen aber es ist zu spät. Es gibt da mehrere Gründe, nicht nur geistige Kompetenz, warum man in solchen Grenzsituationen, manchen Verpflichtungen einfach nicht mehr nachkommen kann, weil man täglich hundert andere Probleme sehr kompetent bewältigt. In der Computerei heißt das „buffer-overflow“.
Im Rahmen der „Delogierungsprävention“ hätte ergründet werden sollen, warum die Angebote für die Betroffene nicht annehmbar, realisierbar oder zumutbar waren. Das gute Gewissen des Stadtrates zeigt, dass die Stadt Wien also öffentlich dazu steht, das Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) zu missachten, denn Sozialhilfe hat vorbeugend und auch ohne vorheriges Bittstellertum tätig zu werden!
§ 4. Sozialhilfe ist nicht nur zur Beseitigung einer bestehenden Notlage, sondern auch vorbeugend zu gewähren, wenn dadurch einer drohenden Notlage entgegengewirkt werden kann. Die Sozialhilfe ist auch nach Beseitigung der Notlage fortzusetzen, wenn das notwendig ist, um die Wirksamkeit der geleisteten Hilfe zu sichern oder Rückschläge zu vermeiden.
§ 5. Die Maßnahmen der Sozialhilfe sind so zu wählen, dass sie den Hilfesuchenden soweit wie möglich befähigen, von der Hilfe unabhängig zu werden oder zumindest zur Beseitigung seiner Notlage beizutragen.
§ 6. Die Sozialhilfe hat rechtzeitig einzusetzen. Sie ist auch ohne Antrag des Hilfesuchenden zu gewähren, sobald Tatsachen bekannt werden, die eine Hilfeleistung erfordern.
§ 7. Auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat der Hilfesuchende einen Rechtsanspruch. usw. …
Alexandra,
01.10.2007, 15:36
** Die Stadt Wien delogiert _also guten Gewissens_ behinderte Menschen und bringt sie in einem Heim unter. **
Wow, wenn ich an unsere zahlreichen Obdachlosen in Wien denke, so würden sie vermutlich ihren rechten Arm für eine Unterbringung in einem Heim geben. Aber wen interessierts, sind ja keine Behinderten, daher ist es ja wurscht.
Letzten Winter verbrachte ein Obdachloser einige Tage in unserem Dachboden. Leider wurde er von der Polizei rausgeschmissen, weil er zu laut schnarrchte. Ich wusste davon nichts, bis sich meine Nachbarin darüber aufregte, dass sich ein „Unterstandsloser“ Zutritt zum Haus verschaffte. Ich meinte dann zu ihr, dass es es unheimlich traurig finde, dass dieser arme Mann keine warme Wohnung hat und sich nicht mit Kaffee und Zeitung vor dem Flat-TV setzen kann.
@Frau Sladek … ich bin Ihrer Meinung. Wieviel Hilfe kann man denn einen Menschen denn anbieten?
Gertrude Sladek,
01.10.2007, 12:08
—Zitat aus dem Artikel—: Im vorliegenden Fall seien der Mieterin
bereits sechs Delogierungsaufforderungen geschickt sowie das Angebot gemacht worden, gemeinsam eine Lösung zu finden. —Zitatende—
Ich kann daher die gegenständliche Aufregung nicht teilen! Auch behinderte Menschen haben die Pflicht, sofern Sie geistig hierzu in der Lage sind, ihren Verpflichtungen nachzukommen.