Am 6. Dezember 2024 versammelten sich rund 150 Menschen vor dem Wiener Rathaus, um für die Ausweitung der Persönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderungen zu demonstrieren.
Anlass war die überraschende Entscheidung der Wiener Landesregierung, sich nicht am bundesweiten Pilotprojekt zur Harmonisierung der Persönlichen Assistenz zu beteiligen.
Der Bund hätte Wien dafür 52 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Der Fonds Soziales Wien hatte alles fertig ausgearbeitet. Doch schlussendlich sagte der Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) überraschend NEIN und zerstörte jede Hoffnung auf Fortschritt.
Warum die Demonstration stattfand
Der Österreichische Behindertenrat hatte zur Kundgebung aufgerufen, um auf die Bedeutung der Persönlichen Assistenz für ein selbstbestimmtes Leben hinzuweisen, erläuterte Klaus Widl, Präsident des Österreichischen Behindertenrates.
In Wien erhalten bisher nur Menschen mit körperlichen Behinderungen diese Unterstützung. Menschen mit Lernschwierigkeiten, Sehbehinderungen oder psychischen Erkrankungen sind ausgeschlossen.
Roswitha Schachinger, Vizepräsidentin des Behindertenrats, kritisierte, dass Wien trotz umfangreicher Verhandlungen das Projekt gestoppt habe:
Schlussendlich hat Stadtrat Hacker gesagt, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten, blinde Menschen und Menschen mit psychischen Erkrankungen weiterhin keine Persönliche Assistenz bekommen sollen.
Das finden wir nicht in Ordnung!
Stimmen der Betroffenen
Betroffene berichteten von ihren persönlichen Erfahrungen und schilderten eindringlich ihre Lebensrealität. Menschen mit verschiedenen Behinderungen schilderten, warum Persönliche Assistenz für sie von großer Bedeutung ist und welche Folgen es hat, ihnen diese Unterstützung zu verweigern.
Simon Couvreur, Präsident von Down-Syndrom Österreich, betonte:
Persönliche Assistenz ist notwendig, damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt leben und arbeiten können.
Angela Engel, eine blinde Teilnehmerin, erzählte: „Seit 18 Jahren kämpfen wir für Persönliche Assistenz. Es ist frustrierend, dass trotz internationaler Verpflichtungen wie der UN-Behindertenrechtskonvention nichts passiert ist.“
Ein weiteres Beispiel lieferte Marco, der wegen einer Bildverarbeitungsstörung von Oberösterreich nach Wien zog und dabei seine Persönliche Assistenz verlor: „Es muss möglich sein, in ein anderes Bundesland zu ziehen, ohne dass man seine Unterstützung verliert.“
Oswald Föllerer, Vertreter des Selbstvertretungzentrums Wien, brachte es auf den Punkt:
Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Menschenrechte klaut.
Forderungen der Demonstrierenden
Die zentrale Forderung der Kundgebung war klar: Persönliche Assistenz für alle Menschen mit Behinderungen – unabhängig von der Art ihrer Behinderung und ihrem Wohnort. Prekäre Arbeitsverhältnisse endlich beenden.
Der Österreichische Behindertenrat betonte, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention keine freiwillige Maßnahme, sondern ein verbindliches Menschenrecht sei.
Appell an die Politik
Martin Ladstätter, Obmann von BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, erklärte:
Wien hätte sehr viel Geld bekommen, um die schlechten Arbeitsbedingungen der Assistent:innen zu verbessern und Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Doch die Stadt sagte aus politischen Gründen NEIN.
Die Demonstrierenden kündigten an, weiterhin Druck auf die Wiener Landesregierung auszuüben und notfalls rechtliche Schritte wie eine Klagen zu prüfen.
Fazit
Die Demonstration verdeutlichte, wie existenziell Persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderungen ist. Trotz der Absage durch Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker bleiben die Betroffenen und ihre Unterstützer:innen kämpferisch.
Sie appellieren an die Landesregierung, ihre Entscheidung zu überdenken und fordern, dass Wien seiner sozialen Verantwortung gerecht wird.
Siehe: ORANGE 94.0 / Gerhard Kettler, ORF Wien, kobinet-nachrichten, Österreichsicher Behindertenrat, Lebenshilfe Wien, EDF