Wiener Linien errichten neue Barrieren für blinde und sehbehinderte Menschen

Mit ihren neuen geräuscharmen Elektrobussen haben die Wiener Linien im September 2013 den Staatspreis für Mobilität bekommen.

Elektro-Bus Wiener Linien
Wiener Linien / Thomas Jantzen

Für die Mobilität von blinden und sehbehinderten Menschen stellen die unhörbaren Busse aber eine unüberwindliche Barriere dar. Einerseits sind wir in akuter Lebensgefahr, weil wir sie nicht kommen hören, andererseits können wir sie nicht benutzen. Versuchen Sie einmal in einen Bus einzusteigen, den Sie nicht wahrnehmen können!

Bereits im Juni 2013 haben fünf blinde Menschen ein Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt eröffnet, nachdem die Korrespondenz mit den Wiener Linien kein Ergebnis gebracht hatte. In den E-Mails des Kundendienstes war nur zu lesen gewesen: „Unsere LenkerInnen fahren so, dass niemand gefährdet wird.“

Ohne Möglichkeit zur Eigenverantwortung

Uns blinden Menschen wird zugemutet, uns ohne jede Möglichkeit zur Eigenverantwortung und Kontrolle durch das Gehör im wahrsten Sinne des Wortes „blind und taub“ auf die FahrerInnen zu verlassen. Welcher Mensch würde sich trauen mit verbundenen Augen und zugestoppelten Ohren, nur im Vertrauen auf die LenkerInnen, eine Straße zu überqueren? Und wäre so jemand als zurechnungsfähig zu bezeichnen?

Durch den Reaktions- und Bremsweg ist es für den besten Fahrer unmöglich, rechtzeitig stehen zu bleiben, wenn jemand ganz knapp vor den Bus läuft. Den LenkerInnen wird eine enorme Verantwortung aufgehalst, weil man nicht bereit ist, eine vernünftige Lösung zu finden.

Das Problem betrifft nicht nur blinde und sehbehinderte Menschen, sondern auch die meisten sehenden Fußgänger, die sich oftmals nach Gehör im Verkehr orientieren.

Kinder sind durch ihre naturgemäß geringere Aufmerksamkeit extrem gefährdet, wenn die akustische Wahrnehmungsmöglichkeit wegfällt.

Ältere Menschen sind in hohem Maß betroffen, da im Alter alle Sinne nachlassen. Deshalb ist es umso wichtiger für sie, Fahrzeuge durch zwei Sinnesorgane wahrnehmen zu können.

Schlichtung gescheitert

Bei unserem Schlichtungsgespräch im Bundessozialamt erschienen zwei VertreterInnen der Wiener Linien, eine Mitarbeiterin der Rechtsabteilung und der stv. Leiter der Abteilung Kraftfahrzeuge.

Letzterer begegnete unserem Anliegen mit völligem Unverständnis. Er werde keinen Bus lauter machen, sagte er. Dabei wird es jetzt leider auch bleiben, denn die Schlichtung ist gescheitert.

Zwar wurde damals vereinbart, dass die Wiener Linien in den nächsten Monaten ein Geräusch zum Einbau mit uns erarbeiten würden, aber es ist nur zu einer einmaligen Vorführung eines einzigen Warntons gekommen, der an ein Handyklingeln erinnert hat. Die VertreterInnen der Wiener Linien wirkten diesmal kooperativ und bemüht.

Zuerst ließen sie uns das Geräusch im Straßenverkehr in einer für uns passenden Lautstärke anhören, um uns dann aber mitzuteilen, dass es ohnehin höchstens 80db haben dürfe, da es ansonsten kein lärmarmer Bus mehr sei. Es wurde ein weiterer Termin für Ende Jänner vereinbart. Wir blinde SchlichtungswerberInnen wollten bis dahin Klänge recherchieren, die auch bei geringerer Lautstärke besser im Verkehrslärm hörbar sind.

Stattdessen schickten die Wiener Linien im Jänner ein Mail an das Bundessozialamt, in dem sie ankündigten, keine weiteren Versuche zum Einbau eines Warngeräusches zu unternehmen und zukünftig verstärkt solche Busse in den Fahrbetrieb aufzunehmen.

Leider bleibt uns jetzt nichts anderes übrig, als den Rechtsweg zu beschreiten.

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