Diese Novellierung der Wiener Bauordnung war schon überfällig gewesen.

Über Auftrag von Stadtrat Werner Faymann (SPÖ) wurde ein Entwurf der Bauordnung, der bestehende Diskriminierungen beseitigen sollte, beinahe bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und trotzdem am 15. Dezember 2000 auf Betreiben der Regierungsparteien als Initiativantrag eingebracht.
Diese Novellierung der Wiener Bauordnung war schon überfällig gewesen. Endlich sollten die gravierendsten Diskriminierungen behinderter Menschen im Bereich des Bauens beseitigt werden, endlich die nur allzulange Phase der Aussonderung beendet werden, endlich sollten auch behinderte Menschen in Wien ihre Bürgerrechte zugestanden erhalten und mit nichtbehinderten Menschen gleichgestellt werden.
Die im Rahmen der Arbeitsgruppe zur Rechtsbereinigung von diskriminierenden Bestimmungen im Rathaus aufgelisteten Diskriminierungen im baulichen Bereich waren derart umfangreich, daß eine Unterarbeitsgruppe (U-AG) gebildet wurde mit dem Ziel, einen Entwurf für eine Novellierung der Bauordnung, des Garagengesetzes sowie des Veranstaltungsstättengesetzes auszuarbeiten.
An diesem Prozeß wirkten Fachleute von verschiedenen Magistratsabteilungen, der Stadtbaudirektion, der Magistratsdirektion sowie von außerhalb der Stadtverwaltung mit.
Geplant war, den Initiativantrag noch in dieser Gesetzgebungsperiode einzubringen und möglichst auch noch zu beschließen. Allen Beteiligten war klar, daß die eine oder andere Passage keine Mehrheit finden würde, aber was dann geschah, sucht seinesgleichen: Vom Stadtrat Faymann persönlich beauftragte Mitarbeiter mußten so gut wie alle Passagen eliminieren, welche die Aufhebung von Diskriminierungen zur Folge gehabt hätten. Einem Gutachten ist zu entnehmen, daß dieser Antrag gegenüber dem Papier der Arbeitsgruppe
- sogar noch eine Verschlechterung gegenüber dem derzeit aktuellen Gesetzesstand enthält
- daß von 16 im Papier der U-AG beseitigten Diskriminierungen in den Antrag keine einzige vollinhaltlich aufgenommen wurde und
- daß lediglich drei Diskriminierungen teilweise beseitigt wurden (eine zur Hälfte und die anderen zu etwa einem Drittel).
Von den Betroffenen davon aufmerksam gemacht und eindringlich gebeten, diesem Antrag nicht zuzustimmen, ließen sich die BehindertensprecherInnen der Wiener Stadtregierung sowie der FPÖ dennoch nicht davon abhalten, diesen praktisch wertlosen Antrag einzubringen. Von „den Fuß in der Tür haben müssen“ war die Rede und davon, daß es „besser ist, ein bißchen was zu erreichen als gar nichts“.
Auch das Argument der angeblich zu hohen Kosten soll eine große Rolle gespielt haben. Dabei ist es hinlänglich bekannt, daß bei neuen Baulichkeiten – und darum geht es hier fast ausschließlich – die Mehrkosten 5 Promille bis allerhöchstens 1 Prozent betragen können, aber nicht zwingend müssen.
Und bei vielen Maßnahmen entstehen überhaupt keinerlei Mehrkosten:
Oder verursacht ein etwas tiefer angebrachter Druckknopf im Aufzug oder bei der Torsprechanlage Mehrkosten? Oder ein Behinderten-WC, bei dem der Spiegel, der Handföhn oder der Haltegriff an der richtigen Stelle montiert sind? Aber bekanntlich ist man gegen Borniertheit und Ignoranz machtlos, ebenso gegen Vorurteile.
Faktum ist, daß die Wiener SPÖ mit dieser Vorgangsweise behinderte Menschen vorsätzlich diskriminiert und bewußt gegen den Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes verstößt und damit einen Verstoß gegen unsere Verfassung in Kauf nimmt.
Faktum ist weiters, daß sich der Koalitionspartner der SPÖ zum Handlanger für die behindertenfeindliche Politik der größten Rathauspartei gemacht hat. Das ist sehr bedauerlich, weil damit seine positiven Aktivitäten in Frage gestellt werden.