Peer Counseling

Peer Counseling wird unter anderem als die pädagogische Methode der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung bezeichnet. Dahinter verbirgt sich die Erfahrung aus sogenannten Selbsthilfegruppen. In solchen Selbsthilfegruppen finden sich Personen, die in einer ähnlichen Lebenssituation sind – in diesem Fall behinderte Menschen. Sie unterstützen sich gegenseitig und tauschen ihre Erfahrungen aus. Wie auch in anderen Gruppen (z. B. Frauen, Alkoholiker, etc.) führt dies zu der bewußteren Erfahrung der eigenen Identität.

Die Solidarität in Gruppen wie diesen, mit gleichgesinnten Personen, die einen ähnlichen Erfahrungshintergrund im Sinne von Diskriminierung aufgrund der eigenen Behinderung haben, führte – zusammen mit der Auseinandersetzung mit alltäglichen Schwierigkeiten der Betroffenen – zu einem verstärkten Engagement in diesem Bereich. Am Beispiel der USA zeigt sich, dass ein gesellschaftliches Umdenken nicht zuletzt durch ein beispielgebendes Behindertengleichstellungsgesetz stattgefunden hat, das die Wahrung der Bürgerrechte für behinderte Menschen nachhaltig unterstützte.

Peer Counseling ist das Anwenden von aktivem Zuhören sowie anderen problemlösenden Techniken, um jeweils gleichartig Betroffene („peers“) zu beraten.

Peer Counseling beruht teilweise auf der Theorie der „klientenzentrierten Gesprächstherapie“, die von Carl Rogers in den 60er Jahren entwickelt worden war.

Peer Counseling ist eine aktivierende Beratungstechnik des Redens und des Zuhörens, die es SprecherInnen erlaubt zu reden und ZuhörerInnen wirklich zuzuhören. Die SeminarteilnehmerInnen erhalten vielerlei Möglichkeiten zu diskutieren und Fragen zu Theorie und Praxis zu stellen. Sie haben die Gelegenheit, die Techniken, die sie gelernt haben, mit den anderen TeilnehmerInnen praktisch anzuwenden.

Es ist nicht die Aufgabe eines Peer Counselors, die Probleme eines anderen zu lösen, sondern lediglich dem anderen zu helfen, selbständig entsprechende Lösungen zu finden. Peer Counselors sagen weder, was jemand „tun sollte“, noch geben sie Ratschläge, sondern fördern gleichartige Personen darin, Problemlösungen zu entdecken, und zwar durch Zuhören, Erfahrungsaustausch und das Herausfinden von Handlungsmöglichkeiten.

„Gleichartig“ heißt, dass es sich dabei um Menschen handelt, die gleichartige Lebenserfahrungen teilen. Zum Beispiel sind zwei Menschen, die dem gleichen Geschlecht angehören – oder zwei Studenten; ebenso zwei behinderte Menschen -, gleichartig.

Peer Counseling bei behinderten Menschen ist daher eine Beratung, die von einer behinderten Person für eine behinderte Person zur Verfügung gestellt wird. Die Beratung wird dadurch erleichtert, daß der oder die Berater/in selbst behindert ist, woraus sich eine größere Vertrauensbasis entwickeln kann, grundlegende Gegebenheiten, die mit der Behinderung zusammenhängen nicht großartig erklärt werden müssen und schließlich eine Vorbildrolle wahrgenommen werden kann. Diese Vorbildrolle kann motivierend wirken, mit der Bewältigung der eigenen Schwierigkeiten zu beginnen.

Im Seminar „Einführung in die Beratungstechnik Peer Counseling“ erhalten die TeilnehmerInnen grundlegende Techniken vermittelt. Es wird der Zusammenhang zwischen der Selbstbestimmt Leben Bewegung, der Beratungstechnik und dem Kampf für Menschenrechte aufgezeigt.

Peer Counseling basiert – unter anderem – auf fünf klaren Regeln:

  1. Fälle kein Urteil über die Person, die gerade spricht.
    Die Person, die gerade spricht, ist jemand anderer – nicht Du. Es ist wichtig, zu versuchen, eigene Wertvorstellungen und Erfahrungen beiseite zu lassen, wenn man der anderen Person zuhört.
  2. Fühle dich ein.
    Versuche das Problem aus der Sicht desjenigen zu sehen, der gerade spricht. Versuche, die Gefühle der anderen Person zu verstehen.
  3. Gib keine persönlichen Ratschläge.
    Ratschläge zu erteilen ist etwas anderes, als zu informieren. Informationen zu verschaffen ist ein wichtiger Bestandteil des Peer Counseling. Nun ist es aber etwas anderes, die entsprechende Information zu vermitteln oder zu sagen „Ich glaube, Du brauchst eine Person, die die für Dich notwendigen Hilfeleistungen sicherstellt und ich empfehle Dir, …“
  4. Interpretiere nicht.
    Im Allgemeinen ist die sprechende Person daran interessiert, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken und Klarheit darüber zu erlangen. Sie ist nicht besonders daran interessiert, Deinen Erklärungen zuzuhören, zu denen Du Dich hinsichtlich der Motive, die sie für Ihr Verhalten hat, veranlaßt fühlen könntest. Versuche, als ZuhörerIn die eigenen Erklärungen der sprechenden Person bezüglich ihrer Gefühle und Handlungen zu akzeptieren.
  5. Übernimm keine Verantwortung für das Problem der/s anderen.
    Deine Aufgabe ist es nicht, das Problem der sich äußernden Person zu lösen, sondern ihr zu helfen, ihre eigene Lösung zu finden. Du solltest fähig sein, sie während dieses Prozesses zu unterstützen. Dabei wirst Du oft sehen können, daß ihr Problem nicht nur allein das ihrige ist.

Peer Counseling wurde somit ein integraler Bestandteil der Selbstbestimmt-Leben Bewegung um Strategien herauszufinden und weiterzuentwickeln, die ihren Zielen von Gleichheit, Freiheit und Selbstbestimmung entsprachen.

Hier finden Sie weitere Informationen zur Wirkung von Peer Counseling.

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