Wofür es sich lohnt (weiter) zu kämpfen

Heuer feiert der ÖZIV 50 Jahre seines Bestehens. Das ist ein schöner Anlass, zu dem man gratulieren darf. (Dieser Kommentar ist in ÖZIV-INFO 4/2012 erschienen)

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Aber es ist auch ein Auftrag, die Ergebnisse der Bemühungen zu analysieren und in dem einen oder anderen Bereich zu überdenken.

Am 25. Oktober 2012 erinnerte der ÖZIV Präsident Klaus Voget bei der ÖZIV Gala in Wien daran, dass in Österreich für behinderte Menschen noch immer keine finanzielle Grundsicherung im ausreichenden Ausmaß besteht – genauso wie vor einigen Jahrzehnten, als er verunfallte.

Es wäre natürlich grundlegend falsch, wenn man behaupten würde, dass im Laufe der Jahre keinerlei Fortschritte im Rahmen der Behindertenpolitik erreicht worden wären. Derer gab es viele und so wurden bei der Gala auch einige davon aufgezählt wie beispielsweise die erhöhte Familienbeihilfe für behinderte Kinder oder das Bundespflegegeldgesetz.

Unbestritten ist auch, dass die Kommunikation zum Thema Behinderung deutlich besser geworden ist. Behinderte Menschen werden als Teil der Gesellschaft dargestellt und selbst das als Paradebeispiel von schlechter Kommunikation, genannte „Licht ins Dunkel“, erfuhr einen zarten Wandel. Auch über das Thema Barrierefreiheit wird viel gesprochen – und manches Mal wird Barrierefreiheit auch vorbildlich umgesetzt.

Ziel also erreicht?

Der Gefahr der Selbstgefälligkeit sind wir alle in der Behindertenbewegung – eigentlich in jeder Bewegung – natürlich täglich ausgesetzt. Wie sieht es nun mit der Zielerreichung in Österreichs Behindertenpolitik aus – oder genauer gefragt, was ist eigentlich das Ziel?

Beginnen wir in der Vergangenheit – konkret beim Bundespflegegeldgesetz. Dieses Gesetz wurde von der Behindertenbewegung erkämpft und der ÖZIV war an vorderster Linie dabei, worauf er mit recht Stolz sein kann.

In Zukunft wird es aber nicht reichen einen Sozialminister zu beklatschen, wenn er verspricht das Pflegegeld nicht in eine Sachleistung umzuwandeln. Nein, man wird ihn mit Nachdruck fragen müssen, wie lange er Jahr für Jahr die Minderung des realen Wertes des Pflegegeldes mitverantworten will.

Selbiges gilt übrigens auch für die erhöhte Familienbeihilfe, interessanterweise aber natürlich nicht für die Parteienförderungen. Die werden schön brav jährlich an die Inflation angepasst. Ein Umstand, der meiner Meinung nach von uns allen noch zu wenig kritisiert wird.

Und weil wir gerade bei Unsinnigkeiten sind. Glaubt noch immer jemand, dass ein Behindertengleichstellungsgesetz Wirkung zeigt, wenn es die Barrierenbeseitigung nicht verbindlich vorschreibt? Also ich nicht.

Wer braucht die ÖAR?

ÖZIV Präsident Voget wünschte sich bei der Gala auch für die Zukunft eine verstärkte Zusammenarbeit in der Behindertenbewegung. Ich bin auch der Meinung, dass viele Projekte in der Behindertenpolitik deutlich einfacher und schneller umgesetzt würden, wenn die Behindertenbewegung koordiniert arbeiten würde.

Die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) sollte eigentlich diese Koordinierungsarbeit leisten. Doch sie wird derzeit von Mitgliedsorganisationen daran gehindert. Diese vertreten sich lieber selbst und die eigenen Interessen. Organisationen außerhalb der ÖAR machen es genauso.

Wenn die ÖAR weiter so rasant an Bedeutung verliert, wird sie bald nur mehr für das Sozialministerium notwendig sein; nämlich als Rechtfertigungsorgan. Und das kann wirklich nicht in unser aller Interesse sein. Vielleicht muss die ÖAR umorganisiert, vielleicht aber auch neu gegründet werden. Wie auch immer. Ich glaube fest daran, dass es einer starken und gemeinsamen Behindertenorganisation bedarf.

Von der Forderung zur Umsetzung

Symptomatisch für unsere Situation in der Behindertenpolitik ist auch, dass der größte Fortschritt der letzten Jahre eigentlich ganz leise durch die Hintertüre gekommen ist. Und wenn man ehrlich ist, ziemlich unverdient. Ich spreche von der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

Es ist ein Glücksfall, dass wir diesen verbindlichen Aufgabenrahmen bekommen haben. Die Inhalte sind umfangreich und werden einen deutlichen Schub für die Behindertenbewegung bringen. Unsere Aufgabe wird es sein, diese Inhalte ordentlich in Österreich umzusetzen – und das wird schwierig genug sein.

Dem ÖZIV und uns allen wünsche ich viel Erfolg dabei.

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