Seit 1. Jänner 2006 ist in Österreich das Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft. Wozu - so könnte man fragen - benötigt man nun noch ein Begleitgesetz? Die Antwort ist einfach, wenn auch ernüchternd.
Das seit Jahresanfang geltende Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz ist in vielen Bereichen wirkungslos, vor allem dann, wenn andere österreichische Gesetzesstellen diskriminierende Bestimmungen enthalten. (Ebenfalls wirkungslos ist das Gleichstellungsgesetz, wenn es nicht um Bundeszuständigkeit geht, doch das ist ein anderes Thema.)
Es besteht daher die Notwendigkeit, – unabhängig vom Behindertengleichstellungsgesetz – bestehende diskriminierende Gesetzesstellen rasch zu ändern, was allen Verantwortlichen von Anfang an bewusst war. Es war daher geplant – so wie in Deutschland – bei der Beschlussfassung des Behindertengleichstellungsgesetzes auch gleich bestehende diskriminierende Gesetze zu ändern.
Doch bekanntlich wurde das österreichische Behindertengleichstellungsgesetz im Rahmen der Gesetzwerdung massiv zusammengestrichen, was viele wesentliche Verbesserung verhindert. Ein Opfer dieser Streichungen war die Änderung bestehender diskriminierender Bestimmungen in Gesetzen.
2005: Statt Änderung nur ein „Ersuchen“
Bei der Beschlussfassung des Behindertengleichstellungsgesetzes im Juli 2005 gab es – als schwacher Trost – eine „Entschließung des Nationalrates 116/E (XXII. GP)“ in der „die Bundesregierung ersucht“ wird, „eine Regierungsvorlage betreffend die Beseitigung von Benachteiligungen für behinderte Menschen in den verschiedenen Materiengesetzen, insbesondere im Bereich des Dienst- und Berufsrechts, vorzulegen.“
Mit dem am 6. April 2006 im Ministerrat erfolgten Beschluss wird nun dem Ersuchen des Nationalrates nachgekommen und der Text dem Parlament übersandt.
Was versteckt sich dahinter?
Das Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz ist ein Sammelgesetz mit dem einige bestehende diskriminierende Bestimmungen in Gesetzen geändert werden sollen.
„Durch nicht mehr zeitgemäße Eignungsanforderungen im Dienst- und Berufsrecht, veraltete Ausdrücke in Gesetzen sowie zu strenge Erfordernisse bei der Notariatsaktpflicht kann es zu Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen kommen“, formulierte Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Sozialministerin Ursula Haubner (BZÖ) am 15. Dezember 2005 im Begleitschrieben zur Begutachtung des Gesetzestextes.
Die Gesetzesänderungen haben – so wurde es damals formuliert – folgendes Ziel: „Im Zusammenhang mit dem am 6. Juli 2005 vom Nationalrat beschlossenen Behindertengleichstellungspaket (BGBl. I Nr. 82/2005), das am 1. Jänner 2006 in Kraft treten wird, sollen sämtliche Bestimmungen in der Rechtsordnung beseitigt werden, die Menschen mit Behinderungen benachteiligen bzw. von Menschen mit Behinderungen als benachteiligend empfunden werden können.“
Nur ein kleiner Rest ging überhaupt in Begutachtung
Doch das Ziel, „sämtliche“ diskriminierende Bestimmungen zu beseitigen, war schon im Begutachtungsentwurf nicht mehr vorgesehen. Grund dafür war, dass zwar im Vorfeld erhoben wurde, welche Bestimmungen von behinderten Menschen als Diskriminierung angesehen werden, aber die meisten davon im Entwurf gar nicht geändert werden sollten.
Übrig blieb eine Reihe von (teilweise wichtigen) Änderungen bei Berufszugängen. Weiters sollte die Bestimmung zur Notariatspflicht für bestimmte Gruppen behinderter Menschen verändert werden, doch diese wurde auf Grund von Widerständen wieder aus dem Paket herausgenommen, was Unmut unter den Betroffenen verursachte.
Die nun im Begleitgesetz enthaltenen Regelungen werden seitens der Betroffenen als „wichtiger und begrüßenswerter Schritt“ gesehen, dem bald weitere folgen müssen.