Zurücktreten bitte

Lieber fährt man ja ohnehin auf Schienen mit der Kirche ums Kreuz, bevor man den Silberpfeil benutzt. Und das hat auch seinen Grund, wenn nicht sogar mehrere. Ein Erlebnisbericht.

U-Bahn Wiener Linien
BIZEPS

Als Rollstuhlfahrerin hält sich die Aussicht in der U-Bahn in schwindligen Grenzen. Es wimmelt von Hinterteilen. Hinterteile in Blue Jeans, engen Röcken, in fragwürdigen Leggings und auch in knappen Shorts.

Man ist überzeugt, bei einem stolzen Preis von 2 Euro eine bessere Aussicht verdient zu haben. Das wäre mal Grund Nummer eins, denn in der guten alten Bim zeigt sich diese Problematik nicht gar so massiv.

Dann wäre da noch ein gewisses Maß an mitmenschlicher Ignoranz in der U-Bahn. Vor allem, wenn man im Begriff ist, bei der nächsten Station „auszurollen“. Sätze wie „Entschuldigen Sie bitte, ich steige aus.“ reichen meist nicht, um das in Front befindliche Hinterteil für ein paar Schritte zur Seite zu bewegen. Da bedarf es schon eines „Wenn Sie nicht Platz machen, fahre ich Ihnen über die Füße, ohne Skrupel!“

Und weil das alles beim wiederholten Male schon so mühsam, langweilig, aber auch verdammt stressig ist, bevorzugt man nach Möglichkeit den Schienen- oder Busverkehr.

Diesmal hat man es aber eilig, nachhause zu kommen und es fährt schon die dritte alte U-Bahn ein. Man wartet auf einen neuen Zug. Schließlich ist man alleine unterwegs und der Spalt bei den alten Zügen ist, wie ausreichend erprobt, unüberwindbar.

Mittlerweile hat man es schon gar nicht mehr eilig, denn das, was man zuhause antreffen hätte sollen, hat man durch die Warterei schon längst verpasst.

Im Waggon hinter dem Fahrerabteil das übliche Gedränge und Geschiebe. Die üblichen Aufforderungen zur Seite zu gehen. Endlich ist man schon mit zwei Rädern am Bahnsteig, als es heißt „Zurücktreten bitte!“ Die Türen schließen kurz und öffnen sich auch gleich wieder, weil man es ja erst zur Hälfte geschafft hat, „hinauszurollen“ – direkt hinter dem Fahrerabteil.

Das muss leider ein Nachspiel haben. Man fährt zum Fahrer und klopft an die Scheibe. “ Entschuldigen Sie bitte, Sie haben mich soeben in der Türe eingezwickt!“ Der Fahrer steht auf, öffnet seine Türe und meint belanglos: „Kann passieren, ich bin ja nur ein Mensch.“

In Zukunft fährt man vermutlich ausschließlich auf Schienen mit der Kirche ums Kreuz, vor allem wenn man alleine unterwegs ist oder mit dem Bus.

Man ist nämlich auch nur ein Mensch und hängt an seinem Leben.

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