Zwischen zwei Welten: Menschen mit Schwerhörigkeit

Auf dem Schreibtisch eines Freundes entdeckte ich verschiedene Unterlagen zum Thema "Hörbeeinträchtigung" und "Schwerhörigkeit".

Piktogramm Schwerhörigkeit
BIZEPS

Neugierig und interessiert blätterte ich in den Unterlagen. Ein Thema, das mich betrifft, mit dem ich lebe und nicht alleine bin. Etwa 19% der Menschen sind hörbeeinträchtigt, lese ich. Nachdem bei mir eine Schwerhörigkeit von ärztlicher Seite festgestellt wurde, kam ich in einen Sonderkindergarten. Ein halbes Jahr vor Beginn der Volksschule bekam ich einen etwa 4-7 cm großen „Metallkasten“ mit Rädchen und Schalter, an dem eine lange Schnur mit einem Ohrpaßstück hing.

Meine Großmutter schneiderte aus Spitzen ein Täschchen, in das ich dieses Gerät geben konnte und hängte es mir um den Hals. Dieses Ding konnte ich ein- und ausschalten, schaltete ich es ein, drangen schmerzende, folternde Schallhämmer in mich ein.

Ein lächelnder Hinweis eines Hörakustikers: „Du wirst dich daran schon gewöhnen!“, gab mir Hoffnung. Das war 1973. In der Zwischenzeit hat sich viel getan; mit mir, im sozialen Umfeld und auch in der technischen Entwicklung der Hörgeräte.

Menschen mit Schwerhörigkeit organisieren sich und geben Folder und Broschüren heraus. „Schwerhörig? Was nun?“ – vom Österreichischen Schwerhörigenbund (ÖSB) ist eine davon und liegt erfreulicherweise in vielen Fachgeschäften für Hörgeräte auf.

Der ÖSB setzt sich bspw. für gezielte Informationen für Betroffene ein, plant Kurse und Schulungen, fordert spezielle Höranlagen und eine bessere Raumakustik in allen öffentlichen Einrichtungen und fördert bzw. unterstützt Selbsthilfegruppen.

In Linz gibt es bspw. eine Selbsthilfegruppe für Schwerhörige, Angehörige und Freunde, die Hilfe zur Selbsthilfe bietet. Gemeinsam mit anderen können hier Erfahrungen, Informationen und

Neuigkeiten ausgetauscht werden. Die Beteiligten motivieren und unterstützen sich gegenseitig. Es finden zu bestimmten Themenbereichen, wie „Tinnitus“, „Hörsturz“, „Hörhilfen“ u.a.m., Vorträge statt.

Einander zu ermutigen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren scheint mir u.a. aus folgenden Gründen sehr zentral zu sein:

  • Das Image der Hörschädigung ist immer noch mit negativen Assoziationen verbunden wie „begriffstutzig“, „langsam im Denken“, „ignorant“, „dumm“ und „ungehorsam“.
  • Dazu kommt die Zwitterstellung in der sich schwerhörige Menschen befinden, sie hören und doch hören sie nicht alles. Hören hängt nicht alleine von der Lautstärke ab. Zum Hören der Sprache gehört nicht nur das Wahrnehmen dieser, sondern auch das Differenzieren, das Verstehen. Oft verstehen Schwerhörige nur Wortsalate; laut genug, aber kein Wort. Das Gesprochene gerinnt zu einem Sprachbrei, ein Lauterstellen des Hörgerätes ist sinnlos. Sie können zwischen den einzelnen Wörtern wie Wald, alt, kalt, malt nicht unterscheiden.
  • Schwerhörigkeit ist oft unsichtbar. Schwerhörige müssen Aussagen wie „Du sitzt mal wieder auf deinen Ohren“, die verletzend wirken können, aushalten und müssen sich immer wieder zur Schwerhörigkeit bekennen. Schwerhörige müssen im kommunikativen Kontext immer wieder auf ihre Schwerhörigkeit hinweisen, selbst engste Freunde vergessen immer wieder die Schwerhörigkeit ihrer GesprächspartnerInnen. Das kann mühsam sein.

Bestimmte Regeln in der Kommunikation mit Schwerhörigen erleichtern den verbalen Austausch, welche das sein können, beschreibt ein Flyer von der Selbsthilfegruppe für Schwerhörige, Angehörige und Freunde: „Der Umgang mit Schwerhörigen“.

Informativ und berührend sind auch die Erfahrungsberichte der Broschüre „Hörbeeinträchtigt“. Hier finden sich auch Tips und Hinweise zur Anschaffung von Hörgeräten.

Schwerhörige Menschen leben zwischen zwei Welten, jener der Hörenden und jener der Gehörlosen. Nicht da und nicht dort, sondern DAZWISCHEN. Eine Welt, die ebenso ein auf einander Zugehen, einander Zuhören und Verstehen braucht.

Kontakte:
Österreichischer Schwerhörigenbund
info@oesb.or.at

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