Was ist eine Staatszielbestimmung?

Die Verfassungsänderung im Artikel 7 wurde in einer Form beschlossen, die dieser Bestimmung eine besondere Bedeutung verleiht. Es wurde nämlich nicht nur normiert, daß niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf, sondern es wurde auch festgelegt, daß die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) die Gleichbehandlung "in allen Bereichen des täglichen Lebens" gewährleisten wird. Diese Feststellung nennt man Staatszielbestimmung.

Staatszielbestimmungen sind eine Art von Verfassungsauftrag. Sie haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Grundrechtsbestimmungen, unterscheiden sich von diesen aber dadurch, daß sie keine subjektiven Rechte gewährleisten. Die Grenze ist allerdings fließend. Weitere Beispiele von Staatszielbestimmungen in der Bundesverfassung sind der umfassende Umweltschutz (Artikel 1) oder die umfassende Landesverteidigung (Artikel 9a).

Ein spezifisches Problem von Verfassungsaufträgen, das sich aber auch in der Grundrechtsjudikatur, insbesondere beim Gleichheitssatz stellt, liegt darin, wie der Verfassungsgerichtshof auf Unterlassungen des Gesetzgebers reagieren kann. Während die ältere Judikatur eine Untätigkeit des Gesetzgebers pauschal als nicht sanktionierbar bezeichnet, hebt die neuere Rechtsprechung Regelungen auf, die einen "Verfassungsauftrag" unvollkommen ausführen.


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