Gleichstellungsgesetze in den Ländern

b) Gleichstellungsgesetze:

Bremen
Seit 1997 existiert ein Entwurf für ein "Gesetz zur Beseitigung von Diskriminierungen und Benachteiligungen". Dieses untergliedert sich in ein Gleichstellungsgesetz und in 11 Gesetze, die sich auf die unterschiedlichsten Gesetzgebungsbereiche und auf die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen auswirken.

Es sind dies u.a. die Landesbauordnung, das Landesstraßengesetz, das Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr, das Schulgesetz, das Landespflegegeldgesetz und das Gesundheitsdienstgesetz.

Das Gleichstellungsgesetz enthält u.a. auch eine klare Möglichkeit für Sanktionen: "Für den durch eine Diskriminierung entstandenen materiellen und immateriellen Schaden stehen ihnen (gemeint sind Menschen mit Beeinträchtigungen) ein Ersatz in Geld zu."

Weiters enthält es eine Definition der Begriffe "Schädigung" (= nicht nur vorübergehende Minderung einer körperlichen Funktion, geistigen Fähigkeit oder seelischen Gesundheit), "Beeinträchtigung" (= wenn Menschen aufgrund einer Schädigung die ... Anforderungen ... nicht mehr oder nicht mehr vollständig erfüllen können) und "Behinderung" (= jede Maßnahme, Struktur oder Verhaltensweise, die Menschen mit Beeinträchtigungen Lebensmöglichkeiten nimmt, beschränkt oder erschwert) sowie des Begriffes "Diskriminierung".

Hervorzuheben an diesem Entwurf ist vor allem die starke Position des/r Landesbehindertenbeauftragten: Diese Person wird von der Bürgerschaft (dem Landtag) gewählt und untersteht NUR dieser. Der Gesetzesentwurf wurde von behinderten JuristInnen ausgearbeitet und ist als Petition eingebracht worden.

Berlin
Seit 1997 existiert ein Entwurf zu einem "Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen", der von einer Arbeitsgruppe der Arbeitsgemeinschaft der Berliner Behindertenverbände und -initiativen erarbeitet wurde.

Der Entwurf gliedert sich in 27 Artikel, enthält - ähnlich wie in Bremen - ein Gleichstellungsgesetz und bezieht sich in seinen weiteren Artikeln auf die unterschiedlichsten Lebensbereiche von Menschen mit Behinderungen. Auch er orientiert sich an den aktuellen Forderungen der deutschen Bürgerrechtsbewegung.

Am 4. März 1999 wurde im Sozialausschuß ein Gesetzesentwurf beschlossen, der u.a. ein eindeutig formuliertes Diskriminierungsverbot, ein Verbandsklagerecht, die Anerkennung der Gebärdensprache und barrierefreie Verkehrsmittel und Baulichkeiten vorsah.

Dieser Entwurf stellte bereits einen Kompromiß zwischen den Forderungen der Betroffenen und den Positionen des Landes dar. Dennoch liefen der Bausenator und die Stadtregierung wegen befürchteter Kostensteigerungen dagegen Sturm.

Das Ergebnis war ein Entwurf, der von den Betroffenen abgelehnt wurde, weil er ihre wesentlichsten Forderungen unberücksichtigt ließ. Oder, wie es Bettina Theben vom Forum behinderter JuristInnen ausdrückte: "Wir wollten einklagbare Rechte, mit denen wir gegen Diskriminierungen vorgehen können, aber genau das bekommen wir nicht."

Unter heftigen Protesten der Betroffenen wurde das Gesetz schließlich am 17. Mai 1999 im Abgeordnetenhaus mit den Stimmen der Regierungsparteien und gegen den Widerstand der Betroffenen und der Opposition beschlossen. Dennoch wurden an der neuen Situation von manchen beteiligten Betroffenen auch positive Seiten entdeckt:

Der Kampf um das Gesetz hat alle Verbände und Gruppen zusammengeschweißt und den PolitikerInnen konnte klargemacht werden, daß Berlins behinderte Menschen keine Absichtserklärungen, keine "Betroffenheit" und keine befürsorgende Politik mehr brauchen, sondern endlich klare und einklagbare Rechte.

Hessen
Ein Entwurf für ein "Gleichstellungsgesetz Hessen" wurde von der Fraktion "Bündnis 90/Die Grünen" erarbeitet und unter dem Gesichtspunkt einer größtmöglichen Chance auf Realisierung verfaßt. Dies ist aber zugleich auch seine größte Schwäche: Die Stellung des Landesbehindertenrates und die - schwache - Position des/r Behindertenbeauftragten ist unklar formuliert.

Durch ein Gesetz garantiert werden soll, laut Aussage der zuständigen Ministerin Barbara Stolterfoht, vor allem der Zugang zum kulturellen und gesellschaftlichen Leben, geplant sind Vorschriften für den Öffentlichen Personennahverkehr, barrierefreies Bauen und Wohnen sowie für den Bildungsbereich.


weiter / Inhalt