Kritik an geplanter Umsetzung des Marrakesch-Vertrages in Deutschland

Nachdem der Marrakesch-Vertrag bereits 2014 verabschiedet wurde, liegt nun ein Gesetzentwurf vor, um den Vertrag in deutsches Recht umzusetzen.

Deutscher Bundestag in Berlin
Deutscher Bundestag / Hermann J. Müller

Die Rechtsreferentin des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (DBSV), Christiane Möller, erläutert im Newsletter dbsv-direkt, was das bedeutet und bringt die Kritik an den bisherigen Plänen zur Umsetzung des Vertrages in Deutschland zum Ausdruck, die sogar Verschlechterungen vorsieht.

„Ziel des Marrakesch-Vertrages ist es, für blinde, sehbehinderte und anderweitig lesebehinderte Menschen den Zugang zu Literatur und damit zu Bildung, beruflicher, politischer, gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe spürbar zu verbessern. Das schließt auch den internationalen Austausch von barrierefreien Buchformaten ein. Nachdem der Vertrag bereits im Jahr 2014 verabschiedet wurde und die Europäische Union 2017 die Umsetzung auf europäischer Ebene rechtlich vorangebracht hat, kommt nun endlich auch in Deutschland die Umsetzung in Gang. Anlass ist die Verpflichtung Deutschlands, die europarechtlichen Vorgaben umzusetzen. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt“, berichtet Christiane Möller.

Dieser stellt nach Auffassung des DBSV jedoch nicht die Verbesserung der Teilhabe blinder, sehbehinderter und anderweitig lesebehinderter Menschen in den Mittelpunkt, das heißt, die im Urheberrecht möglichen Steuerungsinstrumente für eine spürbare Verbesserung der Situation werden nicht genutzt.

„Stattdessen drohen wegen zu leistender Vergütungen an die Verwertungsgesellschaften und neuer bürokratischer Hürden für Blindenbibliotheken und weitere Einrichtungen, die barrierefrei zugängliche Werke produzieren, sogar Verschlechterungen“, betont Christiane Möller.

Der DBSV fordert die Bundesregierung in seiner Stellungnahme daher auf, einen deutlich nachgebesserten Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen. Dabei müssten die Ziele des Marrakesch-Vertrages oberste Priorität bekommen. Dazu gehören:

  • ein „Nein“ zu Vergütungen an die Verwertungsgesellschaften für barrierefrei aufbereitete und zugänglich gemachte Werke
  • die Sicherstellung einer langfristigen Finanzierung der Umsetzung von Literatur in barrierefreie Formate
  • die ausdrückliche gesetzliche Erlaubnis, barrierefreie Werke auch per Download zugänglich machen zu dürfen (Recht auf öffentliche Zugänglichmachung)
  • die Definition des berechtigten Personenkreises anhand der europarechtlichen Vorgaben und in Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention
  • eine unbürokratische Regelung zur Organisation der „Befugten Stellen“ (das sind u. a. Blindenbibliotheken und Medienzentren an Schulen und Universitäten)

Die Stellungnahme des DBSV gibt’s unter: www.dbsv.org/stellungnahme/umsetzung-marrakesch.html

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Die Kommentarfunktion für diesen Artikel ist abgeschalten.

Ein Kommentar

  • Wie weit sind wir denn diesbezüglich in Österreich?