Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen

Unabhängige Kontrolle durch die Bewohnervertretung soll ab 1. Juli Veränderung bringen

Susanne Jaquemar
VertretungsNetz/Albert Maresch

Freiheitsbeschränkungen sind immer Gewalterfahrungen. Ganz gleich, ob es sich um Festhalten, Festbinden, Einsperren oder die Beschränkung durch Medikamente handelt. Die Betroffenen erleben eine Form von Zwang, der sie zum Aufgeben eines unerwünschten Verhaltens bringen soll.

Konkret soll es ihnen unmöglich gemacht werden, z.B. die Einrichtung oder ein Zimmer zu verlassen oder aus dem Bett aufzustehen.

In Einrichtungen gehören Freiheitsbeschränkungen zum Alltag. Gerade deshalb ist für die Betroffenen eine externe Kontrolle dieser Maßnahmen durch die Bewohnervertretung sehr wichtig.

„Unsere Aufgabe ist es, Freiheitsbeschränkungen zu überprüfen, Alternativen anzuregen und – wenn nötig – bei Gericht einen Antrag auf Überprüfung zu stellen“, erklärt Susanne Jaquemar, Fachbereichsleiterin der Bewohnervertretung bei VertretungsNetz.

Gesetzesnovelle schafft neue Möglichkeiten

Von Freiheitsbeschränkungen betroffen sind in Einrichtungen lebende Erwachsene genauso wie Kinder und Jugendliche.

„Die große Gefahr bei Kindern und Jugendlichen ist, dass sie sich an die Beschränkungen gewöhnen. Das ist fatal, weil dadurch wichtige Entwicklungsmöglichkeiten beeinträchtigt und Zukunftschancen vergeben werden“, erläutert Susanne Jaquemar den Effekt von Freiheitsbeschränkungen bei Minderjährigen.

Aus diesem Grund ist die mit 1. Juli in Kraft tretende Novelle des Heimaufenthaltsgesetzes, welches die Grundlage für die Arbeit der Bewohnvertretung bildet, so bedeutend. Denn ab diesem Zeitpunkt ist die Bewohnervertretung auch für die Kontrolle von Freiheitsbeschränkungen in Einrichtungen zur Pflege und Erziehung Minderjähriger bundesweit zuständig. Die BewohnervertreterInnen überprüfen und hinterfragen dann vor Ort: Warum werden Maßnahmen gesetzt? Worin besteht die Notwendigkeit? Ist eine Alternative möglich?

„Als parteiliche VertreterInnen der Kinder und Jugendlichen haben wir die Chance, ihre Zukunft mitzugestalten. Es wird ihnen möglich, neue Erfahrungen zu sammeln und einen Schritt hin zu einem selbstbestimmten Leben zu machen“, zeigt sich Susanne Jaquemar zuversichtlich. „Wir überprüfen seit 2005 Freiheitsbeschränkungen an in Einrichtungen lebenden Menschen, und seither hat sich vieles für sie gebessert. Solche Verbesserungen erwarte ich auch für betroffene Kinder und Jugendliche.“

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