Justitia

Österreichs Klagsverband als Servicestelle

In Österreich haben 2004 mehrere Organisationen den Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern gegründet. Seither wird diese Servicestelle mit Erfolg genutzt.

Der Klagsverband präsentierte heute der Öffentlichkeit das erste öffentlich gewordene Gerichtsverfahren zum neuen Behindertengleichstellungsgesetz. Vorstandsmitglied Martin Ladstätter berichtet in einem kobinet-Interview über den Ausgang.

kobinet: Heute hat der Klagsverband von dem wahrscheinlich ersten abgeschlossenen Gerichtsverfahren zum Behindertengleichstellungspaket in Österreich berichtet. Wie ist es ausgegangen?

Martin Ladstätter: Herr Griebaum, ein blinder Bewerber aus Niederösterreich, vertreten durch den Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern, klagte, da er sich bei einer Bewerbung diskriminiert fühlte. Er hatte sich auf ein Inserat beworben und wurde dann aber – im Gegensatz zu anderen Bewerberinnen und Bewerbern – nicht zu einem Vorstellungsgespräch vorgelassen.

kobinet: Das klingt nach einer sehr alltäglichen Situation? Was kann man dagegen machen?

Martin Ladstätter: Die viel gescholtene EU hat genau wegen solchen Diskriminierungen eine Richtlinie erlassen, damit die Staaten in ihrem Recht dies unter Strafe stellen. Seit 1. Jänner 2006 ist diese Art der Diskriminierung nun auch in Österreich verboten.

kobinet: Wie kommt man in Österreich konkret zu seinem Recht?

Martin Ladstätter: Bei uns ist vor einem Gerichtsverfahren ein so genanntes Schlichtungsverfahren verpflichtend. Dabei setzen sich die diskriminierte Person und der vermeintliche Diskriminierer bei der Behörde zusammen und versuchen, eine Einigung zu erzielen und allfällige Missverständisse aus dem Weg zu räumen. Auch gibt es bei diesen Verfahren die Möglichkeit, einen Vergleich zu schließen, ohne gleich ein Gerichtsverfahren einleiten zu müssen.

kobinet: Wie ist die Schlichtung in diesem konkreten Fall verlaufen.

Martin Ladstätter: Der diskriminierte Niederösterreicher hat sich an BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben gewandt und wir haben ihm bei dieser Schlichtungsverhandlung eine Vertrauensperson gestellt, die mit ihm zur Schlichtung gegangen ist. Doch das Unternehmen kam bei der ersten Verhandlung nicht und bei der zweiten schickte es nur eine Rechtsvertreterin, die keinem Vergleich mit Schadenersatzzahlung zustimmen wollte.

kobinet: Dadurch musste es eine Klage geben, wenn er sein Recht durchsetzen wollte?

Martin Ladstätter: Ja, aber damit gab es ein Problem. Sie kennen die Situation sicherlich. In der alltäglichen Arbeit als Beratungsorganisation gibt es immer wieder Situationen, wo nur mehr eine juristische Durchsetzung der Rechte hilft. Doch welcher Verein kann sich schon ausreichend Juristinnen und Juristen leisten?

kobinet: Und wie wurde das Problem gelöst?

Martin Ladstätter: Eine Reihe von Organisationen aus dem Menschenrechtsbereich kam auf die Idee, diesen Bedarf zu bündeln. So ist es möglich, auf ein Pool zurückzugreifen und außerdem Erfahrungen auszutauschen.

kobinet: Welche Organisationen sind beim Klagsverband Mitglied?

Martin Ladstätter: Derzeit hat der Klagsverband acht Mitgliedsorganisationen aus unterschiedlichen Bereichen. Konkret sind das BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, Helping Hands Graz, HOSI Wien – Homosexuelle Initiative Wien, Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte – Forschungsverein (BIM-FV), ÖGLB – Österreichischer Gehörlosenbund, Selbstbestimmt Leben Innsbruck, Verein Österreichischer Juristinnen und ZARA – Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit. Wie man sieht eine bunte Mischung an Organisationen aus unterschiedlichen Bereichen.

kobinet: Der Klagsverband hat den blinden Niederösterreicher unterstützt.

Martin Ladstätter: Ja, der Klagsverband hat Herrn Griebaum begleitet und im Gerichtsverfahren unterstützt. Er alleine hätte das Klagsrisiko gescheut und so auf seine Rechte verzichten müssen.

kobinet: Wie lautete das Ergebnis des Gerichtsverfahrens?

Martin Ladstätter: Er konnte erreichen, dass sich das Unternehmen bei ihm entschuldigte und 300 Euro Entschädigung bezahlte. Dies wurde im Rahmen eines Vergleichs vereinbart.

kobinet: Zufrieden mit dem Ergebnis?

Martin Ladstätter: Einerseits freue ich mich, dass Herrn Griebaum klar gesagt wurde, dass es Unrecht war und dass er eine Entschädigung bekam. Der Kläger zeigt sich erfreut – und das zählt am meisten -, dass er mit Unterstützung des Klagsverbandes für sich und andere Menschen Recht erkämpfen konnte.

Andererseits wäre natürlich eine Verurteilung noch schöner gewesen. Aber man muss bedenken, dass es sich hier um eine völlig neue Rechtsmaterie handelt. Gerade die ersten Gerichtsverfahren sind wie Wandern auf dünnem Eis. Es ist manches Mal wichtiger, den sicheren Weg zu gehen, als das Maximum herauszuholen. Grundsätzlich bin ich nicht unzufrieden mit dem Ergebnis.

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