Pflegegeldergänzungsleistung für Persönliche Assistenz in Wien

Seit mehr als 15 Jahren kämpft BIZEPS für Persönliche Assistenz für alle Menschen mit Behinderung, die diese Form der Unterstützung wollen und brauchen. Ein Kommentar zur neuen Leistung.

Annemarie Srb-Rössler
BIZEPS

Rückblick: Nach langem Kampf und vielem Wenn und Aber wurde endlich im März 2006 für 21 Menschen mit überwiegend sehr hohen Assistenzbedarf ein Modellversuch Persönliche Assistenz auf zwei Jahre befristet gestartet. Für Menschen, die nicht im Modellversuch Aufnahme fanden, gab es die sogenannte Erhöhte ambulante Monatspauschale. Auch diese Leistung war – genauso wie der Modellversuch – fast immer mit 31. März 2008 befristet.

Banges Warten hatte ein Ende

Wir Betroffene wurden in den vergangenen Monaten immer besorgter und unruhiger, denn es gab von Seiten der Politik keine Signale, wie es konkret weitergehen wird. Am 28. November 2007 hatte das bange Warten ein Ende. Stadträtin Mag. Sonja Wehsely (SPÖ) stellte in einer Pressekonferenz die neue Wiener „Pflegegeldergänzungsleistung für Persönliche Assistenz“ vor.

Diese sieht vor, dass der bisherige Modellversuch für alle Anspruchsberechtigten geöffnet wird, sowie der Stundensatz von 13,73 Euro auf 16 Euro erhöht wird. Der individuelle Bedarf der Betroffenen wird berücksichtigt und es wird auch keine Deckelung eingeführt werden.

Grundsatzentscheidung positiv

BIZEPS sieht diese Grundsatzentscheidung der Stadt positiv, da wir davon ausgehen, dass 24-Stunden-Assistenz finanziert werden, wenn dieser Bedarf besteht.

Der Forderung, die Zielgruppe auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten und für jene, die unter Betreuung stehen, zu öffnen, wurde leider nicht erfüllt. Dieser Personenkreis bleibt weiterhin ausgeschlossen. Die Pflegegeldergänzungsleistung der Stadt Wien steht für Menschen mit Behinderung, die eine so genannte „hohe Selbstverwaltungskompetenz“ aufweisen, zur Verfügung.

Für BIZEPS besteht hier noch Handlungsbedarf für den nächsten Reformschritt.

Wermutstropfen

Ein weiterer Wermutstropfen: Auch mit dem erhöhten Stundensatz wird es für Menschen mit hohem Assistenzbedarf weiterhin nicht möglich sein, eine wirklich bedarfsgerechte Assistenz über die WAG-Assistenzgenossenschaft zu organisieren. Die behinderten Menschen, die ihre Assistenz nicht im Arbeitgebermodell organisieren können oder wollen, sind hier klar benachteiligt.

Mutiger Schritt und ein klares Bekenntnis

Die neue Leistung der Stadt Wien ist ein mutiger Schritt und ein klares Bekenntnis zur Selbstbestimmung behinderter Menschen.

Wien hat hier neue Standards gesetzt und nimmt damit eine Vorreiterrolle unter den Bundesländern ein. Jetzt sind die Länder am Zug, um zu zeigen, was ihnen die Erreichung einer zeitgemäßen Förderung behinderter Menschen wert ist und wir alle werden kritisch die weitere Entwicklung beobachten.

Auch der Bund ist gefordert

Wien fordert mit diesem neuen Angebot aber auch den Bund: Der Sozialminister, Dr. Erwin Buchinger (SPÖ), wird sich anstrengen müssen, das Bundespflegegeldgesetz zu novellieren und eine offene Pflegegeldstufe – eine alte Forderung der Betroffenen – zu realisieren.

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich