„Ab sofort keine Auskunft unter dieser Nummer“

Von den kreativen Ausreden der ÖBB

ÖBB EuroCity
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Er ist alltäglich, der Anblick von Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen. Und er wird immer alltäglicher, der Anblick von Niederflurbussen, Niederflurstraßenbahnen und barrierefreien U-Bahnen. Es ist selbstverständlich, daß man nachlesen kann, wann und wo welches öffentliche Verkehrsmittel eingesetzt wird. Dies tut man an Bushaltestellen, in kleinen faltbaren Fahrplänen, im Internet. Als für selbstverständlich sollte eigentlich auch gelten, daß man auch Auskunft erhält , wann barrierefreie Verkehrsmittel eingesetzt werden.

Als Wiener Studentin, die außerhalb der Hauptstadt wohnt und im Rollstuhl sitzt, fahre ich mit den Öffis zur Uni. Ich bin in Schwechat zu Hause und habe somit keine allzu langen Fahrtzeiten zu bemängeln.

Zur U-Bahn gelange ich mit den Bussen der Österreichischen Bundesbahnen, die im 30-Minuten-Takt verkehren. Da nicht jeder für mich zugänglich ist, rufe ich rechtzeitig bei der Bahn-Bus-Auskunft an, um zu erfahren, wann der nächste Niederflurbus fährt.

Meine Strategie bewährte sich zwei Jahre lang, ich fuhr regelmäßig mit dieser Linie, die meisten Busfahrer kannten mich schon. Auch der Herr bei der Auskunft erkannte mich an meiner Stimme und gab mir jedes Mal bereitwillig die wichtige Info.

„Grüß Gott, könnten Sie mir bitte sagen, ob heute um 16:20 ein Niederflurbus mit Rampe von der U3 Simmering nach Schwechat fährt?“

Eine mir fremde Stimme meldete sich, als ich eines Tages wieder die Nummer der Auskunft wählte: „Nein, das kann ich leider nicht“.

Ich verstummte eine Sekunde lang, fragte schließlich nach, warum nicht.

„Das ist eine Anweisung meiner Direktion“, erklärte die Stimme, „nachdem wir einmal eine Taxirechnung zahlen mußten, weil ein Bus ausgefallen war, dürfen wir diese Auskunft nicht mehr geben.“

Natürlich kannte ich die Geschichte mit der Taxirechnung, schließlich war es meine! Damals fiel der letzte Niederflurbus Richtung Schwechat aus. Blöderweise war das meine letzte Möglichkeit, nach Hause zu gelangen. Der Fahrer, der mit einem Ersatzbus ankam, war sehr bemüht mir zu helfen und rief seinen Vorgesetzen an. Er schilderte ihm die Lage, worauf sich beide einig waren: Ich sollte mir ein Taxi bestellen, der Rechnungsbetrag würde mir rückerstattet werden. So war es auch.

Zusätzlich machte sich ein paar Tage später jemand die Mühe, mich anzurufen und sich für den Vorfall zu entschuldigen. Im gleichen Atemzug wurde mir aber gesagt, daß in Zukunft nicht garantiert wird, ob der Bus auch tatsächlich kommt, wenn ich vorher anrufe.

Es könne ja immer etwas dazwischen kommen. Man kann es ja so regeln, daß ich eine Stunde vor meiner gewünschten Abfahrt noch einmal anrufe, um wirklich sicher zu gehen, daß der Bus nicht ausgefallen ist … oder umdisponiert wurde … oder sonst etwas damit geschehen ist und er nicht fährt? Nein, denn ab 15 Uhr ist im Büro niemand mehr erreichbar.

Ich versuchte alles, um deutlich zu machen wie abhängig ich von dieser Information bin: Ob man mich wenigstens in den Fällen, wo man schon rechtzeitig weiß, daß der Bus ausfällt, zurückrufen und vorwarnen könnte? Nein, das wäre ein zu hoher Aufwand, das könne man dem Disponenten nicht zumuten.

Lieber gleich schweigen
Wenn ich mich an dieses einseitige Gespräch zurückerinnere und an meine Bemühungen, eine Lösung für das Bus-Problem zu finden, bin ich nicht überrascht, daß ich seitdem gar keine Auskünfte mehr bekomme. Immerhin ist es ja leichter nichts zu sagen, als etwas falsches.

Tja, was bleibt einem behinderten Menschen da noch übrig? Ist doch selbstverständlich:

Er begibt sich zwei Stunden vor der eigentlich gewünschten Abfahrtszeit an die Bushaltestelle, trotzt mutig Wind, Regen und Schnee, faltet die Hände und betet, dass der nächste Bus doch bitte ein Niederflurbus sein möge.

Wird die Diskriminierung fortgesetzt?

Wir haben den Generaldirektor der ÖBB, Rüdiger vorm Walde, von dieser diskriminierenden Vorgangsweise in Kenntnis gesetzt und folgende Fragen gestellt:

  • Aus welchem Grund wird behinderten KundInnen keine Auskunft über den Fahrplan von ÖBB-Niederflurbussen gegeben?
  • Warum gibt es angeblich sogar eine Anweisung einer Direktion, diesbezüglich keine Auskünfte mehr zu erteilen?
  • Werden Sie Maßnahmen setzen, um derartige Diskriminierungen umgehend abzustellen?

Die weitere Vorgangsweise der ÖBB und die Antworten vom Generaldirektor bringen wir in der nächsten Ausgabe von BIZEPS-INFO.

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