Alle Menschen werden Kunden, wo dein sanfter …

Ein weiterer Diskussionsbeitrag zum Thema, nach dem Motto "wer nicht hören will ..."

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Sehr geehrte Kundinnen und Kunden von BIZEPS, meine lieben LeserInnenstammkundInnen!

Da wir nun einmal nicht in einer zur Differenzierung neigenden, dafür ausschließlich kaufkraftorientierten Zeit leben, in der sogar schon der ansonsten für seine Grundsatztreue bekannte (damalige) Finanz- und jetzige Seitenblickeminister die halbe Republik dem bestbietenden seiner Freunde verkauft hat, bin auch ich so weit, von der völligen Abscheu gegenüber dem Kundenbegriff in die große Liebe zu verfallen.

Ich bekenne daher: Alles wird Kunde, Kunde ist geil, alle Menschen werden Kunden!

Nachdem sich nun also auch der Non-Profit-Bereich (was war das gleich noch mal?) marktgerecht zu positionieren hat, die Menschen, die uns sagen, was wir wie sagen sollen weitaus mehr sind, als jene die was zu sagen haben, die Werbestrategen und Beraterfirmen längst mehr verdienen als alle MitarbeiterInnen zusammen: Kunde überall. Dann aber keine halben Sachen, sondern bitte gleich ordentlich! Ich bin so weit. Are you ready?

Von der Hebamme: Kunde und vom Pfarrer bei der Taufe. Im Kindergarten: Tanten und Kunden (und wenn ich die Milchschnitte mit frischem Co2, Proteinen und patentiert nachgewiesener im Ministerium eingereichter Hautstraffung vor dem Essen nicht bekomme, ist sie gefeuert, die Tante); In der Schule: LehrerInnen und KundInnen; dann: wir Kommilitonen sind Kundinnen des Herrn Professor (Frauen gibt’s da ja noch wenige), dafür gibt’s zum Magister noch einen Master zum selben Preis dazu.

Nimm zwei, zahl eins, wer sich’s leisten kann. Oder KinokundInnen, TheaterkundInnen; wir FußballerInnenkundInnen wollen unser Geld zurück, wenn die Wiener Austria wieder einmal einen völligen Topfen zusammengespielt hat oder wir OpernkundInnen , wenn uns die Inszenierung zu neumodern ist und die Museums- und GaleriekundInnen bestimmen, was die KünstlerInnen, die DienstleisterInnen zu dienstleisten haben. Wer zahlt schafft an.

Und überhaupt die KünstlerInnen: Von wegen Inspiration und Irritation, wo Kundennähe angebracht ist. Der Kunde ist König, nun ja, etwas weniger monarchistisch gesagt: „Der Kunde ist Kanzler“ und das soll auf die Macht und nicht auf das Schweigen/Umfallen/Lavieren bezogen sein.

Nichts mehr mit „Meine Damen und Herren!“, Herr Wolf, in der Zeit im Bild 2, sondern „Werte Kundinnen und Kunden!“. Überall, wo Menschen was voneinander wollen: KundInnen. „Bitte, Herr Polizist, dieses Strafmandat ist nicht kundenfreundlich.“ Und natürlich in jeder Beziehung Kunde. „Darf ich dein Kusskunde sein, dein Bett- oder Heiratskunde?“. Die Kinder sind Mutter-, Vater- oder Elternkunden.

Dann noch KundInnen beim Arzt, im Krankenhaus, im Pflegeheim. Heute leiste ich mir eine Leistenoperation, weil ich grad den Bausparer herausbekommen habe oder ich kaufe mir eine Niere auf Vorrat. Unangenehm ist es nur, wenn ich mir grad die Leistenoperation oder die Niere nicht leisten kann und sie trotzdem akut wird, oder wenn ein anderer die schönere, größere, bessere Niere bekommt, weil sein Bausparer höher war, aber das muss man in Kauf nehmen. So ist der freie Markt, also das Leben und wem’s nicht passt, der kann ja Kunde vom … (siehe nächster Absatz)

Und eines Tages werden wir alle Kundinnen beim Totengräber und wenn sie dann an unserem Grab die „Ode an die Freude“ („Alle Menschen werden Kunden“) singen, dann werden wir ganz glücklich gewesen sein, zeitlebens und an der Himmelstüre werden wir anklopfen und sagen: „Ich bin hier Kunde!“

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