Außerklinische Intensivpflege: Selbstbestimmtes Leben bedroht

Am 13. Februar 2023 veranstaltete die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) gemeinsam mit den Verbänden bvkm, IntensivKinder Zuhause e.V., IntensivLeben e.V. und der DGM einen sehr gut besuchten Online-Workshop zum Thema "Außerklinische Intensivpflege“, bei dem Referierende und die Betroffenen klar aufzeigten, wie das Recht auf eine selbstbestimmte Lebensführung bedroht wird.

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Eingangs leitete Katja Kruse vom bvkm in das IPReG und die dazugehörige Außerklinische Intensivpflegerichtlinie (AKI-RL) ein. Henriette Cartolano vom Verein IntensivKinder zuhause e.V. machte deutlich, wo die Unterschiede liegen zwischen gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen und dass gerade letztere jene sind, die darüber entscheiden, inwiefern Betroffene von AKI weiter ein selbstbestimmtes Leben am Wohnort ihrer Wahl führen können.

Im dritten Input erläuterte Markus Behrendt vom Verein IntensivLeben in Kassel, wo genau die Versorgungshindernisse liegen. Zukünftig sollen nur noch wenige spezialisierte Ärztinnen und Ärzte außerklinische Intensivpflege verordnen dürfen – das wirft für Betroffene Probleme auf, denn diese Fachpersonen sind schlichtweg noch gar nicht auffindbar.

Tatjana Reitzig berichtete für die DGM von lebensbedrohlichen Versorgungsproblematiken bei behinderten Menschen, die noch keine bzw. nicht invasive Beatmung nutzen.

Die Referierenden und die Teilnehmenden brachten die traurige Bilanz zum Ausdruck, dass die bisherigen Regelungen nicht konform mit der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sind. Sei es das Wunsch- und Wahlrecht bezüglich der Versorgungsform und des Versorgungsortes oder aber das Recht auf Teilhabe an Schulbildung und Kita.

„Dass die nächste Bundestagswahl 2025 nicht mehr in weiter Ferne liegt, muss auch der Politik endlich einleuchten“, betont der gesundheitspolitische Sprecher der ISL, Thomas Koritz.

„Es braucht jetzt dringend konkrete gesetzliche Regelungen, damit die Bundesregierung ihrem Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nachkommt. Auch muss der Politik klarwerden, was untergesetzlich passiert“, folgert Koritz.

„Kritische Punkte, die im Gesetz zum Glück nicht aufgetaucht sind, stehen jetzt aber in den Richtlinien und Anleitungen, die der GKV-Spitzenverband schreibt. Das darf so nicht sein. So erfahren Betroffene letztlich doch die als Fürsorge getarnte Fremdbestimmung über den Ort der Leistungserbringung durch die Hintertür“, kritisiert Koritz weiter.

Schon jetzt sei absehbar, dass es viele Menschen geben wird, die ihre Selbstbestimmung gerichtlich klären lassen müssen. Das sei nicht im Sinne der UN-BRK, die auch in Deutschland den Rang eines Bundesgesetzes hat.

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