Bericht der Europäischen Grundrechte-Agentur: Und täglich grüßt das Murmeltier

Bei der Durchsicht des jüngsten Grundrechte-Berichts der Europäischen Grundrechte-Agentur werden die Versäumnisse von EU und Nationalstaaten besonders deutlich: Die EU-Gleichstellungsrichtlinie ist nach wie vor nicht verabschiedet und auch die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes in Österreich bleibt als unerfüllte Forderung bestehen.

Klagsverband. Mit Recht gegen Diskriminierung.
Klagsverband

Der Grundrechte-Bericht 2017 liefert einen kompakten Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Herausforderungen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten in Bezug auf Grundrechte.

Herausgegeben wird der Bericht jedes Jahr von der Europäischen Grundrechte-Agentur (FRA), die vor zehn Jahren als Bekenntnis der Europäischen Union zum Schutz der Menschenrechte ins Leben gerufen wurde.

Langzeitforderungen: EU-Gleichstellungsrichtlinie und Levelling-up

Beim Durchblättern des Berichts trifft man schnell auf altbekannte Themen: Im Kapitel Gleichstellung und Antidiskriminierung liegt der Schwerpunkt auf der EU-Gleichstellungsrichtlinie. An dieser verhandeln die Mitgliedsstaaten mittlerweile seit acht Jahren – Ende nicht in Sicht. Im Grundrechte-Bericht wird einmal mehr gefordert, die Verhandlungen endlich abzuschließen, damit die Richtlinie in Kraft treten kann (siehe unser Artikel zum Grundrechte-Bericht aus dem Vorjahr).

Bekleidungsverbote bedrohen Religionsfreiheit

Als besorgniserregende Entwicklung sieht die FRA in ihrem Bericht die zunehmende Bedrohung von Religionsfreiheit. Es handelt sich dabei häufig um Maßnahmen, die als Terrorabwehr deklariert werden, in jüngster Zeit sind das zunehmend Bekleidungsvorschriften und -verbote.

Im Grundrechte-Bericht wird in diesem Zusammenhang das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Kopftuch-Verbot am Arbeitsplatz zitiert (hier unser Kommentar dazu), aber auch das Burkini-Verbot in Frankreich, das im Anschluss an den Terroranschlag von Nizza in Kraft gesetzt wurde.

Intersektionale Analyse gefordert

Einer für die Antidiskriminierungsarbeit wesentlichen Erkenntnis wird im Grundrechte-Bericht ebenfalls viel Platz eingeräumt: Personen, die Diskriminierung erlebt haben, nehmen ihre Erlebnisse zusehends intersektional wahr. D.h. die Verknüpfung von Diskriminierungsmerkmalen ist auch für die Opfer offensichtlich, zB  wenn Frauen diskriminiert werden, weil sie ein Kopftuch tragen.

UN-Behindertenrechtskonvention und Barrierefreiheit in der Praxis

Das Kapitel Gleichstellung und Antidiskriminierung widmet sich weiters den Rechten von LGBTI-Personen und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Diese wurde 2007 von der UNO verabschiedet und ist 2008 in Österreich in Kraft getreten.

Im Grundrechte-Bericht wird positiv erwähnt, dass die Übergangsfrist für Barrierefreiheit mit 1. Jänner 2016 ausgelaufen ist. Allerdings fehlt eine Bestandsaufnahme zur tatsächlichen Umsetzung von Barrierefreiheit in Österreich.

Die FRA erwähnt in ihrem Bericht auch, dass nun alle neun Bundesländer in Österreich ein Monitoringgremium zur Überwachung der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eingerichtet haben. Die EU hat die UN-Behindertenrechtskonvention selber auch ratifiziert und wird – so wie die Nationalstaaten – regelmäßig geprüft.

Die FRA empfiehlt

Aus diesen Schwerpunkten ergeben sich zusammenfassend die Empfehlungen der Grundrechte-Agentur FRA für den Bereich Gleichstellung und Antidiskriminierung:

  • Verabschiedung der EU-Gleichstellungsrichtlinie
  • Keine Aushöhlung des Grundrechts auf Religionsfreiheit durch Bekleidungsvorschriften und -verbote
  • Mehrfache und intersektionale Diskriminierung berücksichtigen
  • Ausweitung des Diskriminierungsschutzes in Österreich

Folgen Sie diesem Link, um den Grundrechte-Bericht 2017 der FRA herunterzuladen.

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