Nur knapp mehr als die Hälfte der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, nämlich 52 Prozent werden in Österreich in Regelschulen unterrichtet. Der europaweite Durchschnitt liegt bei 80 Prozent.
Aus diesem traurigen Anlass ließen behinderte und nichtbehinderte Kinder des Sonderpädagogischen Zentrums der Wiener Zinckgasse heute Vormittag um 10:12 Uhr am Wiener Heldenplatz 99 Luftballons als Zeichen der „Inklusiven Bildung“ steigen.
Mit dem neuen österreichweit einheitlichen Logo des BSVÖ und seiner sieben Landesgruppen, das den Zusammenhalt im Kampf um die Rechte der 318.000 blinden und sehbehinderten Menschen unterstreichen soll.
„Es ist die Pflicht unseres Bildungssystems, das sich ohnehin gerade im Umbruch befindet, jedem behinderten Kind eine Ausbildung gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern zu gewährleisten“, forderte BSVÖ-Präsident Dr. Markus Wolf, der leider erkrankt ist, in einer Botschaft. Nachsatz: „Auch ein inklusives Bildungssystem muss für spezielle Förderungen Raum haben, damit alle Menschen volle Teilhabe an der Gesellschaft erlangen können.“
Wolf ist Mitglied des Unabhängigen Monitoringausschusses zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Im Artikel 24 der Konvention wird ein gleichberechtiger Zugang zu Bildung, d.h. ein Inklusives Bildungssystem vorgeschrieben.
Für Österreich hat der damalige Sozialminister und heutige Behindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger dieses gesetzlich verbindliche und richtungsweisende Regelwerk 2007 unterfertigt. „Der gemeinsame Unterricht in der Schule ist, wie viele Erfahrungen belegen, eine der wesentlichsten Voraussetzungen für eine gelungene Inklusion in Arbeitsmarkt und Gesellschaft überhaupt“, ist Buchinger überzeugt. „Wer bereits seine Schulzeit in Sonderschulen verbracht hat, tut sich nachher umso schwerer.“
Auch ÖVP-Behindertensprecher Dr. Franz-Joseph Huainigg stößt in die selbe Kerbe: „Eltern bekommen von der Schulbehörde oft zu hören: Inklusion ist eine tolle Sache, aber ihr Kind bekommt die beste Förderung in der Sonderschule! Keine Therapie der Welt, und sei sie noch so gut, kann das gemeinsame Miteinander ersetzen. Die Schule muss Rahmenbedingungen schaffen, sodass jedes Kind entsprechend seinen Fähigkeiten gefordert und gefördert wird. Inklusion ist nicht teilbar und der einzige Weg zu einer vorurteilsfreien Gesellschaft. Vom gemeinsamen Leben und Lernen profitieren nicht nur die behinderten Kinder, sondern vor allem auch die nichtbehinderten Kinder und das gesamte Schulsystem.
Huainigg enthüllte heute Vormittag gemeinsam mit Buchinger das neue Logo des BSVÖ und seiner sieben Landesgruppen. Dieses wurde nach einer Ausschreibung „inklusiv“ ausgesucht: Nach einer Vorsichtung durch die PR-ReferentInnen der Bundesländer und der Dachorganisation wählten blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen ihre neue Wortmarke selbst aus. Dazu wurden die Entwürfe mit einem Spezialgerät so ausgedruckt, dass sie „erfühlt“ werden konnten.
Kreiert hat das neue Logo die „Craft Production Trading GmbH“ aus dem Oberösterreichischen Ansfelden. Ing. DI (FH) Robert Reiterer bei der heutigen Präsentation: „Wir sind besonders stolz darauf, dass die blinden und hochgradig sehbehinderten Funktionärinnen und Funktionäre des BSVÖ selbstverantwortlich gerade unseren Entwurf für ihre neue zukunftsträchtige Wortbildmarke ausgewählt haben. Denn als sozial verantwortliches Unternehmen arbeiten wir bereits längere Zeit im Rahmen unserer Produktschiene insieme mit geschützten Werkstätten, in denen Menschen mit Behinderungen beschäftigt sind, zusammen.“