Buchtip: Die Gesellschaft der Behinderer; das Buch zur Aktion Grundgesetz

Seit 1994 gibt es in Deutschland eine Erweiterung von Artikel 3 des Grundgesetzes, die besagt: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden."

Für die Mehrzahl der Menschen mit Behinderungen hat sich der Alltag damit jedoch kaum verbessert.

Deshalb haben die „Deutsche Behindertenhilfe Aktion Sorgenkind e.V.“ und ca. 100 Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe die „Aktion Grundgesetz“ ins Leben gerufen, eine bundesweite Kampagne, die mit vielen großen und kleinen Veranstaltungen und zahlreichen Aktionen die Situation von Menschen mit Behinderungen nachhaltig ins allgemeine Bewußtsein rücken will. Dieses Buch ist Teil dieser großangelegten Kampagne.

Die Entstehungsgeschichte der Kampagne, die mit dem Gesetz verbundenen Wünsche, Hoffnungen, Forderungen und Fallbeispiele bzw. Situationsbeschreibungen zu Themen wie Mutterschaft, Pflege, Schule, Arbeit u.a.m. werden in diesem Buch von verschiedenen AutorInnen kurz und prägnant dargestellt.

Weiters werden kreative Verbesserungsvorschläge gemacht. Viele Schilderungen und Berichte, obwohl BRD bezogen, lassen sich auch auf österreichische Verhältnisse ableiten.

Die Mehrzahl der Artikel macht deutlich, wie eine Gesellschaft aussehen müßte, in der Menschen mit Behinderungen nicht entmündigt werden, sondern ihr Recht auf Selbstbestimmung wahrnehmen können.

Sehr bedenklich ist allerdings, daß die in den 60er Jahren von den 6 großen Wohlfahrtsverbänden der BRD mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) durch den Ruf nach finanzieller Unterstützung vieler Eltern von „Contergankindern“ gegründete „Aktion Sorgenkind“ Kritiken gegenüber ihrer eigenen Geschichte, Strukturen, Zielsetzungen und Namen zensiert und Entwicklungsnotwendigkeiten, wie verstärkte Präsenz von Menschen mit Behinderungen in den eigenen Reihen ausklammert (vgl. die randschau 4/97). Lediglich kritische Äußerungen an globalgesellschaftlichen Zusammenhängen werden in diesem Buch zugelassen.

Wie weitreichend und zielführend so das öffentliche Bewußtsein durch diese Kampagne im Sinne der betroffenen Menschen tatsächlich verändert werden kann, ist fraglich.

Die Gesellschaft der Behinderer
Reihe rororo-akutell, Nr. 22339
ISBN 3-499-22339-2
November 1997, 109 Schilling

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