„Bush wollen wir nicht“

"Bush wollen wir nicht", sagt die Behindertenrechtlerin Victoria Bruckner aus San Francisco vor der heutigen Wahl des neuen US-Präsidenten im kobinet-Interview.

Victoria und Bill Bruckner
Victoria und Bill Bruckner

Für die US-amerikanische Behindertenrechtlerin Victoria Bruckner ist eines klar, dass sie Georg W. Bush nicht noch einmal als Präsidenten der USA will. Was den Ausgang der Wahlen angeht, wagt die derzeit in Mainz weilende körperbehinderte Aktivistin der amerikanischen Behindertenbewegung im Gespräch mit den kobinet-nachrichten jedoch keine Prognose. Dieses Mal sei die Wahl einfach zu knapp, um eine Prognose zu wagen.

kobinet-nachrichten: Heute wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Wie ist Ihre Pronose, wer diese Wahl gewinnt?

Victoria Bruckner: Dieses Mal kann ich leider keine Prognose wagen, denn es sieht einfach sehr, sehr knapp aus. Vor allem macht es unser äusserst kompliziertes und zum Teil sehr ungerechtes Wahlsystem bei solch knappen Entscheidungen nicht einfacher. Von daher habe ich schlichtweg keine Ahnung, wer das Rennen machen wird und bin sehr gespannt, weil für uns viel davon abhängt.

kobinet-nachrichten: Was würden Sie sich denn wünschen?

Victoria Bruckner: Natürlich, dass John Kerry gewinnt. Wir wollen Bush auf keinen Fall mehr als Präsident, so dass ich eindeutig für John Kerry bin. John Kerry ist sicherlich besser als Bush, doch die Frage wird sein, um wieviel er wirklich besser ist, wenn er gewählt werden sollte?

kobinet-nachrichten: Was meinen Sie damit?

Victoria Bruckner: Bei Bush ist das klar, er hat nicht nur einen ungerechtfertigten Krieg im Irak begonnen, sondern das Land in ein riesiges Haushaltsdefizit gestürzt, das letztendlich auch behinderten Menschen eine Vielzahl von weiteren Ungerechtigkeiten aufbürden wird. John Kerry hat sich gerade in sozial- und behindertenpolitischen Fragen wesentlich positiver als Georg Bush geäussert, davon ist vieles aber noch vage geblieben. Was er davon letztendlich umsetzen kann, hängt entscheidend davon ab, wen er im Falle einer Präsidentschaft für die einzelnen Ämter benennen würde. Damit steigt und fällt bei uns in den USA vieles.

kobinet-nachrichten: Haben Sie dafür ein konkretes Beispiel?

Victoria Bruckner: Ja, die Positionen des Generalstaatsanwaltes der USA und des Justizministers sind zum Beispiel für die Umsetzung des amerikanischen Antidiskriminierungsgesetzes, des Americans with Disabilities Act ganz entscheidend. Diese Personen haben einen großen Einfluss darauf, wie dieses Gesetz umgesetzt wird. Unter Bill Clinton hatten wir hier eine gute Besetzung, die Personen, die Georg W. Bush ausgewählt hat, waren nicht nur ein Totalausfall, sondern für die Umsetzung des Gesetzes sehr kontraproduktiv. Aber Bush hält von diesem Antidiskriminierungsgesetz ohnehin nicht viel.

kobinet-nachrichten: Was sind denn Hauptkritikpunkte der US-amerikanischen Behindertenbewegung an der Behindertenpolitik von George W. Bush?

Victoria Bruckner: Seine Haltung zum Antidiskriminierungsgesetz und dessen zögerliche Umsetzung hat uns große Probleme gemacht und eine Schwächung des Gesetzes bedeutet. Eine große Gefahr im Falle der Wiederwahl von Bush besteht auch darin, dass er die sozialen Sicherungssysteme zunehmend privatisieren will. Im Endeffekt bedeutet das massive Kürzungen für behinderte und andere benachteiligte Menschen bei der Sozialhilfe und letztendlich auch bei der Krankenversicherung. Bush braucht Geld für seine Kriegsabenteuer und -pläne und das will und muss er sich bei den ärmeren Menschen holen. Zudem ist Bush eng mit der Versicherungswirtschaft und der Pharmaindustrie verbandelt, so dass diese ihm meist wichtiger sind, als die Menschen, die von diesen Leistungen abhängig sind. Viele behinderte Menschen können sich schlichtweg keine Krankenversicherung mehr leisten.

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