Deutschland: 15 Jahre Benachteiligungsverbot

Heute vor 15 Jahren am 15. November 1994 sind die im Rahmen der Wiedervereinigung Deutschlands erarbeiteten Änderungen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten.

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Damals wurde auch der Satz „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ ins Grundgesetz mit aufgenommen.

In Absatz 3 des Artikels 3 des Grundgesetzes hieß es bis 1994 lediglich: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“

Dieser Satz, der vor allem basierend auf den Erfahrungen aus der Verfolgung und den Morden der NS-Herrschaft ins Grundgesetz aufgenommen wurde, war nach Ansicht der Behindertenverbände nicht vollständig, da auch behinderte Menschen erhebliche Benachteiligungen, Verfolgungen bishin zur sogenannten „Euthanasie“ ausgesetzt waren und in vielen Bereichen nach wie vor benachteiligt werden.

Deshalb hat die Behindertenbewegung bereits kurz nach der Vereinigung Deutschlands auf die Aufnahme eines Benachteiligungsverbotes für behinderte Menschen ins Grundgesetz gepocht. 1990 wurde hierfür der Düsseldorfer Appell von einem Bündnis verschiedener Behindertenverbände verabschiedet und auf der Reha-Messe in Düsseldorf der Öffentlichkeit vorgestellt.

Für diesen Appell, der die Aufnahme eines Benachteiligungsverbotes im Grundgesetz und ein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz für behinderte Menschen forderte, wurden bis 1994 zigtausende Unterschriften gesammelt und vielfältige Veranstaltungen und Protestaktionen durchgeführt.

Während die Forderung von SPD, Grünen und der damaligen PDS unterstützt wurde, stieß diese bei CDU/CSU und FDP auf massiven Widerstand. Man wolle die Änderungen im Grundgesetz möglichst gering halten und dann könne ja jeder kommen und die Aufnahme ins Grundgesetz fordern – zum Beispiel auch Brillenträger. Dies waren nur einige der Argumente, die den Behindertenverbänden damals vonseiten der Union und FDP entgegenschlugen.

Im Vorfeld der Bundestagswahlen im Wahljahr 1994 gelang dann jedoch der Umschwung als der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Zeichen der Zeit und wohl auch das Wählerpotenzial erkannte und erklärte, dass er die Aufnahme ins Grundgesetz unterstützt. Daraufhin war das Blatt gewendet und sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat stimmte dem Ansinnen für ein Benachteiligungsverbot behinderter Menschen im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland mit großer Mehrheit zu.

Seither heißt es in Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes auch: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

Was die Bewegung behinderter Menschen geschafft hat, gelang für Schwule und Lesben jedoch nicht, so dass diese immer noch auf den ausdrücklichen verfassungsmäßigen Schutz vor Benachteiligungen aufgrund der sexuellen Orientierung warten. Für behinderte Menschen bot diese Verfassunsänderung den Beginn einer Reihe von Regelungen zur Gleichstellung. Im Jahr 2002 wurde das Bundesbehindertengleichstellungsgesesetz verabschiedet. Mittlerweile haben alle Bundesländer Landesgleichstellungsgesetz für behinderte Menschen und im Jahr 2006 folgte nach heftiger Diskussion das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Mittlerweile hat Deutschland auch die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen ratifiziert, die seit 26. März 2009 in Deutschland gilt.

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