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Deutschland: Behinderte fordern Leben in der Gemeinde statt in Sondereinrichtungen

Im Vorfeld des Europäischen Protesttages für die Gleichstellung behinderter Menschen am 5. Mai fordert der Behindertenverband Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland (ISL) eine radikale Umkehr in der Behindertenpolitik.

Statt der immer noch weit verbreiteten „Unterbringung“ behinderter Menschen in Sondereinrichtungen müsse das „Leben“ behinderter Menschen in der Gemeinde gezielt gefördert werden. Den vielen schönen Worten für die ambulante statt der stationären Unterstützung behinderter Menschen müssten endlich konkrete Taten folgen, statt ständig steigender Einrichtungszahlen. Ein Stopp für neue Einrichtungsplätze und ein konsequenter Ausbau ambulanter Alternativen seien auch in Deutschland längst überfällig.

„Wir sind es leid, dass wir auf der einen Seite viele schöne Worte hören, wie wichtig die Integration behinderter Menschen in das Leben der Gesellschaft ist und gleichzeitig auf der anderen Seite munter weitere sogenannte ‚Heime‘ gebaut werden. So wie die meisten anderen Menschen auch, wollen wir behinderte Menschen nicht in Sondereinrichtungen auf der grünen Wiese oder in sogenannten ‚Wohngruppen‘ zusammen leben. Wir wollen dort leben, wo unsere Familien, Freunde und Nachbarn leben und wir uns wohl fühlen und nicht in Einrichtungen leben müssen, weil wir nur dort die Unterstützung bekommen, die wir brauchen. Und oftmals gibt es dort nur eine Minimalversorgung, die behinderte Menschen zwingt, sich den festen Abläufen des ‚Heimalltags‘ anzupassen und viele Abstriche für ihre Lebensqualität zu machen – bis hin zum ‚Wohnen‘ in Doppel- und Mehrbettzimmern“, beschreibt Barbara Vieweg, Bundesgeschäftsführerin der ISL die Situation.

Der Gesellschaft würde es daher gut anstehen, einmal genauer hinter die Mauern der Aussonderungseinrichtungen zu schauen und sich zu überlegen, ob man selbst so wohnen wolle. Dann wäre es der Politik vielleicht auch endlich möglich, den Abbau von Sondereinrichtungen und die Schaffung von akzeptablen Alternativen für ein Leben in der Gemeinde zu schaffen. „Solange die Organisation und Finanzierung eines Lebens mit Unterstützung und Assistenz im eigenen Haushalt so schwierig bleibt, kann von einer neuen Behindertenpolitik nicht die Rede sein“.

„Wir fordern die Politik und Verwaltung daher auf, endlich einen verbindlichen Baustopp für neue Heimplätze zu verkünden und Alternativen zum ‚Heim‘ gezielt zu fördern. Jeder neue ‚Heimplatz‘ schafft mehr Aussonderung und schreibt diese über Jahrzehnte hinweg fest“, so Uwe Frevert vom Vorstand der ISL.

Der Europäische Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen wird dieses Jahr zum 15. Mal begangen und von der bei der Aktion Mensch angesiedelten Aktion Grundgesetz koordiniert. 1992 wurde der erste Protesttag von der ISL koordiniert, um für Gleichstellungsgesetze für behinderte Menschen zu streiten. Die Aktionen finden traditionell um den 5. Mai herum – dem Europatag – statt.

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