Die Kostenfrage unterstützter Entscheidungsfindung

Aus menschenrechtlicher Perspektive ist es eindeutig, dass die Regierung unterstützte Entscheidungsfindung einführen und die Möglichkeit der Sachwalterschaften abschaffen muss.

Waage

Im gesamtstaatlichen Zusammenhang muss die Regierung aber auch andere Fragen berücksichtigen, so unter anderem wie viel sie diese Leistung kosten würde – speziell im Vergleich zu Sachwalterschaften.

Dazu möchte ich hier zwei verschiedene Zugänge präsentieren: die menschenrechtliche Antwort auf derartige Überlegungen und existierende Studien zu den finanziellen Auswirkungen. Leslie Salzmann hat zu diesem Thema eine ausführliche Analyse im amerikanischen Kontext geschrieben.

Obwohl Sachwalterschaften oft von, speziell Angehörigen, geführt werden, sieht sie diese als eine Leistung des Staates, der Sachwalterschaften beschließt und überprüft. Eine Einschränkung der Rechtsfähigkeit ist eine Einschränkung verschiedener Menschenrechte, oftmals betroffen ist zum Beispiel das Recht auf Familien- und Privatleben oder das Recht auf Eigentum – vor allem das Recht frei darüber verfügen zu können – und ganz klar das Recht auf Selbstbestimmung.

Salzmann führt aus, dass unterstütze Entscheidungsfindung ein gelinderes Mittel ist als Sachwalterschaft, da dann nicht mehr über die betroffene Person hinweg entschieden werden kann.

Beide würden dasselbe Ziel verfolgen – die Garantie des Zuganges zu „guten“ Entscheidungen – aber unterstützte Entscheidungsfindung greift weniger in die Rechte der Betroffenen ein. Daher wäre der Staat verpflichtet diese Leistung zu erbringen, ohne das Problem eventuell höherer Kosten als Verteidigung bei einer Nichteinhaltung anführen zu können.

Waage mit Gegenüberstellung der Inhalte

Erfahrungen aus Bulgarien und Schweden

Eine bulgarische Studie beschäftigt sich mit der Kostenfrage unterstützter Entscheidungsfindung und unterteilt diese in geldwerte Faktoren und nicht in Geld messbare Faktoren, wie Lebensqualität, Selbstbestimmung und Inklusion. 

In Bezug auf finanzielle Faktoren gesteht die Studie (im Kontext bulgarischer Modellprojekte ein), dass unterstützte Entscheidungsfindung in ihren verschiedenen Formen insgesamt mehr kostet als Sachwalterschaft.

Sie zeigt aber auf, dass andere Faktoren, durch die aus unterstützter Entscheidungsfindung resultierende Selbstbestimmung, insgesamt zu einem finanziellen Plus für den Staat führen. So würden auf lange Sicht mehr Menschen mit Behinderung weniger Unterstützung beim Wohnen und in Tagesstrukturen benötigen, sowie weniger Therapie.

Stattdessen würde ein großer Teil arbeiten können und weniger Betreuung benötigen, da unterstützte Entscheidungsfindung die Eigenständigkeit ganz allgemein fördere. Insgesamt profitiere der Staat also von einer entsprechenden Novelle. Die Studie kann hier auf Englisch abgerufen werden.

Weiters ergab eine Evaluierung des schwedischen Modells des PO Skate, dass dieses System eines Ombudsmans, dessen Unterstützung informell, individuell und ausschließlich freiwillig gewährt wird, bereits nach fünf Jahren zu Einsparungen führe. Infos zum schwedischen System finden sich – ebenfalls auf Englisch – hier.

Was bedeutet das für Österreich?

Im österreichischen Kontext können diese Studien keine sichere Antwort auf die Frage der direkten budgetären Auswirkungen ausschließlich im engen Kontext der Sachwalterschaft geben.

Unterstützte Entscheidungsfaktor könnte höhere Kosten verursachen als das Institut der Sachwalterschaft. Ressortübergreifend kann für Österreich aber langfristig von einer Kostenersparnis ausgegangen werden. Unbestritten ist in jedem Fall die rundum positive Auswirkung unterstützter Entscheidungsfindung auf die Lebensqualität aller Betroffenen.

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