Ein Kreuz mit dem Gesetz

für den gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder/Jugendlicher im Sekundarbereich

Schule
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Seit September 1993 ist mit der 15. Schulorganisationsnovelle der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern in der Volksschule möglich. Eltern behinderter Kinder haben dort einen gesetzlichen Anspruch auf schulische Integration. Aber für die AHS, Hauptschule und dem Polytechnischer Lehrgang sind derzeit nur Schulversuche realisierbar. Nun laufen diese Möglichkeiten aus, wenn nicht bis 1997 gesetzliche Regelungen getroffen werden, müssen behinderte Kinder wieder (nach der Volksschule) in die Sonderschule.

Zur Zeit arbeitet alles auf Hochtouren – in Fahrtrichtung Gesetz. Neben den Elterninitiativen für schulische Integration beschäftigt man sich auch im Ministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten mit der gesetzlichen Überführung der Schulversuche. Eine ministerielle Arbeitsgruppe hat ein Grundlagenpapier erarbeitet, welches wiederum auf die wissenschaftliche Begleitung der Schulversuche im Sekundarbereich aufbaut.

Die Ergebnisse der Begleitforschung lauten: alle Kinder profitieren vom gemeinsamen Unterricht. SchülerInnen in integrativen Klassen nehmen ein positiveres Verhältnis zu LehrerInnen wahr als die SchülerInnen aus Regelklassen. Die Erwartung wurde bestätigt, daß integrativer Unterricht die Prinzipien der SchülerInnenorientierung stärker berücksichtigt. Als Folgeerscheinung wurde mehr Schulfreude und Interesse am Unterricht beobachtet, Schulunlust und Schulangst kommt seltener vor.

Wunderbar könnte man als LeserIn nun meinen, sich die Hände reiben und zurücklehnen. Die Ergebnisse sind eindeutig positiv. – Leider sieht die Realität – der Vorentwurf für einen Gesetzesvorschlag aus dem Unterrichtsministerium – anders aus.

Die Ergebnisse der Schulversuche und des „hausgemachten“ Grundlagenpapiers werden darin kaum berücksichtigt, notwendige Rahmenbedingungen für schulische Integration nicht formuliert, bestehende Rechte nivelliert.

Knapp zusammengefaßt kritisiert Integration : Österreich:

  1. Integration ist eine Aufgabe der österreichischen Schule, kein Gnadenakt. In den vorliegenden Referentenentwürfen wird Integration nur nach Möglichkeit angeboten. Die Schulbehörde beschließt und Eltern dürfen bitten.
  2. Die vorgesehenen Möglichkeiten der Integration an AHS sind unzureichend, letztendlich integrationsverhindernd, indem die prinzipielle Aufnahme behinderter Kinder in die AHS zwar bejaht wird, die Bedingungen aber so schlecht sind, daß der Eintritt für sie nicht ermöglicht werden kann. Z. B dürfen behinderte Kinder nur dann aufgenommen werden, wenn vorher alle anderen „BewerberInnen“ Platz gefunden haben.
  3. Die pädagogische Qualität des integrativen Unterrichts ist nicht ausreichend gesichert.

Keine Alternativen zum bestehenden System werden festgeschrieben. Ohne Umstellung von Frontalunterricht zu neuen Unterrichtsformen kommt es zur Unterrichtung zweier Systeme, zur Selektion in einer Klasse und nicht zu leistungsdifferenziertem gemeinsamen Handeln aller SchülerInnen. Wenn der gemeinsame Unterricht in dieser Fassung gesetzlich übernommen werden sollte, wird er pompös zu Grabe getragen. Integration – gerade im Sekundarbereich – braucht Rahmenbedingungen. Es wird wichtig sein, österreichweit diesen Vorentwurf zurückzuweisen und wesentliche Eckpfeiler für den gemeinsamen Unterricht zu urgieren.
Solidarität ist gefragt.

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