Guggenberger: Gleichstellungsgesetz für Behinderte

Dieses Gesetz sollte am Ende einer etwa zwei bis drei Jahre dauernden Debatte über die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe beschlossen werden.

Walter Guggenberger
ÖAR

Ein Gleichstellungsgesetz für behinderte Menschen nach dem Beispiel der USA, wo es einklagbare Rechte für behinderte Menschen gibt und die Justiz im Einzelfall prüfen muß, ob die Herstellung eines behindertengerechten Zustandes zumutbar ist, will SPÖ-Behindertensprecher Walter Guggenberger erreichen.

Dieses Gesetz sollte am Ende einer etwa zwei bis drei Jahre dauernden Debatte über die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe beschlossen werden. Diese Arbeitsgruppe sei vom Bundeskanzler zu Beginn des Jahres eingesetzt worden und habe die Aufgabe, die österreichische Rechtsordnung in Hinblick auf Bestimmungen zu durchforsten, die Behinderte diskriminieren, berichtete Guggenberger am Freitag in einer Pressekonferenz.

Im Bereich der Beschäftigung von behinderten Menschen hofft Guggenberger auf eine Beschlußfassung der Novelle des Behinderteneinstellungsgesetzes im Herbst. Demnach soll die Schlüsselzahl für die Einstellung von Behinderten für Gebietskörperschaften und private Dienstgeber vereinheitlicht werden und die Arbeitsassistenz gesetzlich verankert und flächendeckend eingerichtet werden.

Derzeit kommen nur rund 60 Prozent der Betriebe ihrer Pflicht, Behinderte einzustellen nach. Konkret müßten derzeit 14.800 Betriebe aufgrund ihrer Größe (ab 25 Dienstnehmer) insgesamt 68.000 begünstigte Behinderte – also Personen, deren Grad der Behinderung über 50 Prozent liegt – beschäftigten. Tatsächlich sind aber nur 42.000 begünstigte Behinderte beschäftigt.

Derzeit müssen Betriebe, die ihrer Beschäftigungspflicht nicht nachkommen, 990 Schilling in den Ausgleichstaxfonds einzahlen. „Der SPÖ war diese Ausgleichstaxe von je her viel zu niedrig“, betonte Guggenberger und forderte ein deutliches Anheben der Taxe: „3.000 Schilling müßten die Untergrenze sein.“

Neben eine deutlichen Anhebung der Ausgleichstaxe gebe es noch eine andere Möglichkeit, die Beschäftigung von behinderten Menschen zu erhöhen, nämlich den Schlüssel von derzeit 25 Dienstnehmer zu senken, der den Dienstgeber zur Einstellung eines begünstigten Behinderten verpflichtet. Guggenberger kann sich einen einheitlichen Schlüssel von 20 Beschäftigten vorstellen, der sowohl für Bund, Länder, Gemeinden als auch für private Dienstgeber gelten sollte. Hier zeigte sich Guggenberger allerdings „sehr skeptisch“, eine Zustimmung der ÖVP zu erhalten. „Trotzdem bleibt dies eine Forderung der SPÖ, weil sie sozial gerecht ist und zu einer Umverteilung zwischen den Betrieben, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen und den Betrieben, die dies nicht tun, führt“, so der SPÖ-Behindertensprecher.

Guggenberger berichtete weiters, daß die vom Sozialministerium geplante Novelle zum Behinderteneinstellungsgesetz die derzeit bestehende positive Diskriminierung der Gebietskörperschaften gegenüber den privaten Betrieben beseitigen soll. Derzeit müssen private Dienstgeber pro 25 Beschäftigte einen Behinderten einstellen, Bund, Länder und Gemeinden hingegen nur je 32 Beschäftigte. Kritik übte Guggenberger an den Ländern, die die Absenkung der Pflichtzahl für die Gebietskörperschaften kritisieren.

Ebenfalls in der geplanten Novelle enthalten sei die gesetzliche Verankerung und flächendeckende Einrichtung der Arbeitsassistenz. Die Arbeitsassistenz sei eine sehr bedeutende Einrichtung, da sie bereits im Vorfeld einer Einstellung eines behinderten Menschen intensiven Kontakte mit dem Betrieb halte und schließlich den Behinderten am Arbeitsplatz begleite und betreue, indem er als Krisenfeuerwehr auftrete.

Geplant sei weiters die Beseitigung der Ausnahme für bestimmte Wirtschaftszweige. So habe derzeit etwa das Baugewerbe eine geringere Pflichtzahl. „Man sollte für alle Wirtschaftszweige die gleiche Latte anlegen“, so Guggenberger, der auf die Möglichkeit der Anstellung von Behinderten im Verwaltungsbereich hinwies.

Zur Forderung von Teilen der ÖVP und der Wirtschaft, nach einer Lockerung des Kündigungsschutzes für begünstigte Behinderte betonte Guggenberger: „Wir haben mit dem Kündigungsschutz gute Erfahrungen gemacht.“ Die Behauptung, das dies ein Einstellungshindernis sei, ist für Guggenberger „eine Schutzbehauptung“. Jährlich komme es in ganz Österreich zu rund 300 Kündigungsfällen, wovon in rund 80 Prozent eine einvernehmliche Lösung getroffen werde. Zustimmung und Ablehnung von Kündigungen würden sich etwa die Waage halten. Es könne also nicht gesagt werden, daß Behinderte quasi pragmatisiert seien.

Guggenberger erinnerte daran, daß vor rund einem Jahr der Nationalrat eine Ergänzung des Bundesverfassungsgesetzes beschlossen habe, wonach niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. „Das war ein außerordentlich wichtiger Schritt in Richtung Gleichbehandlung behinderter Menschen. Es war aber klar, daß damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist“, betonte Guggenberger.

In diesem Zusammenhang verwies Guggenberger auf die von Bundeskanzler Klima eingesetzte Arbeitsgruppe zur Bekämpfung von diskriminierenden Bestimmungen. Diese Arbeitsgruppe sei bereits fündig geworden: So verbiete etwa die Wiener Friedhofsordnung das Mitführen von Blindenhunden, der Besuch einer pädagogischen Akademie sei nur mit entsprechender körperlicher Eignung möglich, Blinde dürften nach den Bestimmungen des Richterdienstgesetzes nicht Richter werden usw..

Bis Ende des Jahres soll nun der Bericht der Arbeitsgruppe vorliegen und dem Parlament, den Behindertenorganisationen und der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. „Dann wird es Aufgabe der Parlamentarier sein, gesetzgeberisch tätig zu werden.“ Guggenberger rechnet damit, daß es in etwa zwei bis drei Jahren zu einem Gleichstellungsgesetz kommen könnte.

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