ÖVP-Behindertensprecher unterstützt die Forderung nach Streichung der Eugenischen Indikation

„Was ist Glück?“, fragte der Sprecher des ÖVP-Parlamentsklubs für Menschen mit Behinderung, Abg. z. NR Dr. Franz-Joseph Huainigg anlässlich einer Pressekonferenz mit Dr. Klaus Voget, Präsident der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR) und Univ.-Prof. Dr. Germain Weber, Präsident der Lebenshilfe Österreich zum Thema Menschenwürde auf dem Prüfstand. „Für mich ist Glück einen Elektrorollstuhl zu fahren, als Halsschmuck eine neumoderne Beatmungsmaschine zu tragen, mit meiner 5jährigen Tochter Mensch ärgere dich nicht zu spielen und mit meiner Familie leben zu dürfen“, sagte Huainigg.
„Immer öfter gibt es Medienberichte über beatmete Patienten, die den Wunsch haben zu sterben“, so der ÖVP-Behindertensprecher. Wochenlang gab es Sensationsmeldungen über den Italiener Pier Giorgio Welby, dessen Ärzte ihm schlussendlich letztes Jahr zu Weihnachten diesen Wunsch erfüllten. Auch in Polen kämpfe ein 32jähriger beatmeter Mann um sein Recht sterben zu dürfen. Auf die Frage was passieren müsse, um seine Lebensfreude wieder zu entfachen, antwortete er: eine kleinere Beatmungsmaschine um das Bett verlassen zu können, einen Job und Persönliche Assistenz.
„Die Rahmenbedingungen sind für die Lebensqualität ausschlaggebend. Es ist meine tiefste Überzeugung, dass wir keine Euthanasiegesetzgebung wie in Belgien oder den Niederlanden brauchen. Der Lebensschutz bis zuletzt hat in Österreich einen sehr hohen Stellenwert und steht auf einer breiten politischen Basis. Daran darf nicht gerüttelt werden“, so Huainigg.
Mit der Hospiz- und Palliativbewegung sowie dem Patientenverfügungsgesetz seien Strukturen geschaffen worden, die dem Einzelnen ein Sterben in Würde ermöglichen und seine Autonomie wahren. „Auch die im Regierungsprogramm vorgesehene Verankerung der Menschenwürde in der Verfassung und das Bekenntnis zum Ausbau der lebensnahen Palliativ- und Hospizversorgung bestätigen den Österreichischen Weg der Sterbebegleitung“ sagte Huainigg und trat für eine rasche Umsetzung ein. Auch ein generelles Verbot der aktiven Sterbehilfe im Verfassungsrang sei seiner Ansicht nach sinnvoll.
Problematisch sieht Huainigg auch die Selektion von behinderten Menschen zu Beginn des Lebens. „Eltern behinderter Kinder geraten immer mehr unter Druck und sehen sich mitunter gezwungen ihre Entscheidung für ein behindertes Kind vor der Gesellschaft zu rechtfertigen“, sagte Huainigg.
Die Präimplantationsdiagnostik verspreche ein „perfektes Wunschkind“, natürlich ohne Behinderung. „Behinderung ist jedoch nicht aus der Welt zu schaffen“ und zudem seien nur 1 Prozent der Behinderungen vorgeburtlich. Weit häufiger seien Behinderungen durch Unfälle. Erwiesen sei auch, dass 40 Prozent aller Lernbehinderungen auf keine bestimmte Ursache zurückgeführt werden können, ergänzte Germain Weber.
„Besonders Spätabtreibungen außerhalb der Fristenregelung im Rahmen der Eugenischen Indikation stellen eine für mich unerträgliche Situation dar.“ Embryos seien in diesem Stadium oftmals bereits lebensfähig und würden mittels Herzstich im Mutterleib getötet werden. Die Möglichkeit behinderte Kinder außerhalb der Fristenregelung bis zur Geburt abtreiben zu können, sei dringend zu hinterfragen. „Wir müssen werdende Eltern durch verbesserte Rahmenbedingungen und Beratung unterstützen um sie zu ermutigen, sich zu einem behinderten Kind zu bekennen“, sagte der ÖVP- Behindertensprecher und unterstützte die Forderung nach der ersatzlosen Streichung der Eugenischen Indikation durch die Lebenshilfe Österreich. Die Fristenregelung ist dabei außer Frage zu stellen.
Auch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes würden zeigen, dass die österreichische Rechtsordnung es zulässt, ein Leben mit Behinderung als Leben zweiter Klasse zu sehen, sagte der ÖVP- Behindertensprecher. In beiden Fällen ging es um Schadenersatzansprüche, die Eltern gegenüber den Ärzten aufgrund der Geburt eines Kindes geltend machen wollten. Im Fall der Geburt eines nicht behinderten Kindes wurde den Eltern kein Schadenersatz zuerkannt. Im Falle des behinderten Kindes hat der OGH Schadenersatz für den erhöhten finanziellen Aufwand aufgrund der Behinderung des Kindes und zusätzlich für den Unterhalt des Kindes nicht verneint.
„Diese Ungleichgewichtung, welche die Rechtsordnung derzeit ermöglicht, muss dringend beseitigt werden. Es kann nicht sein, dass behinderte Kinder vor der Geburt und schadenersatzrechtlich unterschiedlich behandelt werden“, sagte Huainigg und sprach sich für die rasche Abhaltung der im Regierungsübereinkommen festgehaltenen Parlamentarischen Enquete zu den Themen Wrongful Birth und Eugenische Indikation aus. „Wir müssen Themen, die zentrale Werte, wie das Lebensrecht von behinderten Menschen in Frage stellen, offen im Parlament diskutieren“, sagte Huainigg abschließend.
Gunnhild Fenia Tegenthoff,
06.10.2007, 23:19
So lange man von Frauen verlangt: versorge ehrenamtlich dein Kind – verzichte auf 15 – 20 Jahre eigene Berufstätigkeit, das du selbst versichert bist – solange so wenig von der Gesellschaft zur Versorgung von (behinderten) Kindern getan wird, kann ich verstehen, das Frauen sich gegen ihr (behindertes) Kind sich entscheiden. Noch stecken nicht einmal 10% aller „Väter“ beruflich zurück, um ihren Nachwuchs zu versorgen und ins leben herein zu begleiten. Noch sind nach einer Scheidung 90% der Frauen diejenigen, die sich als Alleinerziehende durch Leben schlagen. So lange unsere Gesellschaft so Kinderfeindlich ist, wundert euch nicht, das Frauen sich gegen ein Kind sich entscheiden.
Noch ein Zeichen für Kinderfeindlichkeit in unserer Gesellschaft: Kinderwägen gibt es siet ca 150 Jahren – warum wurde nicht von anbeginn an die Städte Kinderwagenfreundlich angelegt – dann hätten wir jetzt keine Diskusion über Rollstuhltauglichkeit.
Nein, unsere Gesellschaft ist nachweisbar durchgehend Kinder- Frauen und Behindertenfeindlich. Die Frauen können die durch Männer erzeugte lieblosigkeit nicht allein auffangen.
Zum Thema lieblosigkeit gehört auch, das es bis heute für unsere Gesetzgeber selbstverständlich ist, Kinderleichen nach medizinischen Eingriffen – dazu gehört Abtreibung und Küretage – nicht mehr als Kind und Kinderleiche zu definieren – sondern als Organabfall. letzter landet lt. Dr. Ruzicka von der MA 15 zuerst in der klinischen Forschung, um anschließend in unseren Müllverbrennungsanlagen zu landen. Nur nicht kontaminierte Kinderleichen – welche nach medizinischen Eingriffen als Organabfall definiert die Klinik verlassen, werden unter Ausschluß der Öffentlichkeit und unter Ausschluß der Angehörigen am Wiener Zentralfriedhof zur letzten Ruhe gebettet. Kümmert Euch bitte um Menschenwürde mit Inhalten, denn es ist eine Schande, das wir die Aktion „Allen Menschen ein Grab“ von Deutschland nach Österreich bringen mußten. http://www.gluecklose-schwangerschaft.at
Gertrude Sladek,
05.10.2007, 09:17
Sehr geehrter Herr Lichtenauer! Ihren beiden Postings ist absolut nichts mehr hinzuzufügen, ich denke, selten jemand hätte die Fakten so präzise auf den Punkt bringen können, wie es Ihnen hier gelungen ist.
Gerhard Lichtenauer,
27.09.2007, 10:31
Mit dem Schandparagraphen der „eugenischen Indikation“ verharrt die österreichische „Rechtsstaatlichkeit“ auf selbem Niveau, wie jenes menschenverachtende System, dessen wir uns in heuchlerischer „Vergangenheitsbewältigung“ an Gedenk- Tagen und Stätten erinnern. Die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ im Rahmen des NS-„Euthanasie“-Programms hatte damals nicht nur die „Reinigung des Volkskörpers“ zum Ziel, sondern basierte ebenso auf kühlen Berechnungen von Gesundheitsökonomen. Heute ist der selbe pragmatische Ökonomismus und die gesamtgesellschaftliche Tendenz, keine Verantwortung für das Individuum übernehmen zu wollen, Grund für die Toleranz und Ignoranz gegenüber diesem ungeheuren Unrecht. In die „Aktion T4“ (1940-41) hat das NS-Regime den Medizin- und Verwaltungsapparat, die Sozialbürokratie und auch die Wohlfahrtsträger und Heilanstalten ohne nennenswerten Widerstand einbeziehen bzw. missbrauchen können. Gegenüber der Öffentlichkeit wurde versucht, es in aller Heimlichkeit zu betreiben und aus Angst vor Widerstand dieser, wurde es noch zu Kriegszeiten gestoppt, die Loyalität von Bevölkerung und Wehrmacht musste für den „Endsieg“ sichergestellt werden. …
Gerhard Lichtenauer,
27.09.2007, 10:31
Fortsetzung: Menschen mit Behinderung ausmerzen und verhindern zu wollen, ist eine unleugbare Gemeinsamkeit heutiger Eugenik mit der damaligen Massenermordung von Menschen mit Behinderung, der wir offen ins Auge sehen müssen! Mit dieser Gegenüberstellung möchte ich niemanden einseitig angreifen, sondern uns alle in Frage stellen. Mir ist bewusst, dass ich damit einen wunden Punkt unserer Gesellschaft berühre, der sofort Verleumdungen auf den Plan rufen wird (die ich aushalten werde).
Der Hedonismus unserer entsolidarisierten und nachchristlichen Gesellschaft hat die politische Verantwortung, Rahmenbedingungen zum Wohle ALLER Menschen zu schaffen, nachhaltig untergraben. Losgelöst von Grundwerten und Visionen hat die alleinige Orientierung am politisch Machbaren – streng dämokratisch – einen kollektiven Egoismus herangezüchtet, der das Ende jeder Verantwortungsgemeinschaft und letztlich der Niedergang jedes Gemeinwesens ist. Quer durch alle Gesellschaftsschichten und politischen Richtungen, wurden jegliche Grundwerte längst dem Pragmatismus und dem Ökonomismus geopfert. Wir haben uns selbst aufgegeben, wollen es aber noch nicht wahrhaben!