Huainigg: Töten ist niemals Barmherzigkeit, hier geht es um eine Richtungsentscheidung!

Tatsächliche Versorgung mit Hospiz- und Palliativmedizin für alle ist gefragt

Franz-Joseph Huainigg
ÖVP

„Tötung ist niemals ein Akt der Barmherzigkeit, hier geht es um eine Richtungsentscheidung“, sagte heute, Donnerstag, der ÖVP-Fraktionsvorsitzende der Enquetekommission „Würde am Ende des Lebens“ Abg. Dr. Franz-Joseph Huainigg zum Vorschlag der Bioethikkommission, in „Härtefällen“ Ausnahmeregelungen im Strafrecht durchzuführen.

„In tragischen Fällen geht es darum, sich den Sorgen und den Ängsten der Menschen anzunehmen. Schmerzen und Einsamkeit müssen bekämpft werden, aber niemals der Mensch!“, führt Huainigg aus und zitiert den ehemaligen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, der in einem Interview gesagt hat, er habe „mindestens zweimal aktive Sterbehilfe“ geleistet. „Sehr aktiv sogar, bei meiner Mutter und bei meiner Frau: Hand gehalten, dabeigesessen, getröstet.“

Huainigg weiter: „Der tragischste Einzelfall ist es, wenn ein Mensch am Lebensende keine gute und umsorgende Behandlung erhält – hier gibt es einen klaren Handlungsauftrag. Bei einem Hospizdeckungsgrad von 50 Prozent die Einführung der Beihilfe zur Selbsttötung zu fordern, ist besonders im Hinblick auf unsere Geschichte äußerst bedenklich und abzulehnen.“

Der Abgeordnete verwies auf Reden und Aussagen von über hundert hochqualifizierten Experten, Ärzten, Hospizverantwortlichen und auch Vertretern der Bioethikkommission: der überwältigende Tenor war, dass die Hospiz- und Palliativversorgung auszubauen ist und die bewährte Rechtssicherheit beibehalten werden soll. Ebenso ausgesprochen wurde, dass „Suizid nicht die Lösung des Problems ist, sondern selbst das Problem!“ Eine Gesellschaft, die dort, wo nach Hilfe gerufen wird, assistierten Suizid anbietet, also Menschen per Gesetz ermächtigt, Menschen zu töten bzw. dazu beizutragen, habe in ihrem Auftrag am Gemeinwohl versagt. Nochmals zitierte er Müntefering: „Eine Gesellschaft, die am Ende Häuser bauen würde, in denen man den Menschen nicht beim Sterben hilft, sondern sie töten hilft, wäre eine andere Gesellschaft als die, in der wir leben.“

Der ÖVP-Behindertensprecher lädt alle Interessierten und Experten dazu ein, die Online-Protokolle aus der Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“ aufzurufen, in denen Experten des Alltags wie Ärzte, Pfleger etc. aus ihren Erfahrungen bei der Begleitung von tausenden Menschen in der letzten Phase ihres Lebens berichten. „Daher ist unser Fokus in der Enquete-Kommission genau auf diese Bedürfnisse gelegt worden: Wie kann ich am Lebensende in der letzten Phase am besten helfen? Der Kinderhospiztag am Dienstag erinnerte uns auch daran, dass wir für etwa 1.000 Familien in Österreich eine ausreichende Versorgung und Begleitung am Lebensende benötigen.“

Huainigg betonte zudem die Wichtigkeit der von Österreich unterzeichneten wegweisenden Recommendation des Europarates im Rahmen der Enquete, die bereits 1999 vor derartigen Tendenzen gewarnt habe und die Staaten an ihre Pflicht erinnere, die tatsächliche Versorgung mit Hospiz- und Palliativmedizin herzustellen.

„Denn eines ist für uns klar: Der Maßstab für ein gutes Gesetz ist der Schutz der Schwächsten in der Gesellschaft, von Kindern sowie alten, kranken und behinderten Menschen. Das sehen wir als unseren sozialen Auftrag. Die Rechtsordnung muss dabei Garant für den Rechtsschutz bleiben: Der Wunsch eines Einzelnen ist keine Basis, um ein Gesetz für alle anderen zu machen. Ich lehne – wie die Ärztekammer und der Großteil der Teilnehmer der Enquete Kommission – jegliche Tötungsgesetzgebung in Österreich ab. Das ist definitiv ein Weg in die falsche Richtung!“ Er erzeuge Druck auf die Lebensexistenz von Menschen mit Behinderung.

Man müsse sich dann dafür rechtfertigen, warum man überhaupt noch am Leben ist, den Angehörigen zur Last fällt oder Pflegegeld in Anspruch nimmt. „Dieser Vorschlag zur Neuregelung im Strafrecht fördert einen Gewissenskonflikt der pflegenden Angehörigen, der durch die Möglichkeit zur Beihilfe zum Suizid nicht gelöst, sondern im Gegenteil erst richtig geschürt wird. Ich lehne daher jegliche Türöffnung zu Änderungen im Strafrecht ab“, betonte Huainigg.

Huainigg bedauerte, dass die Bioethikkommission ihren Arbeitsauftrag aus dem Regierungsprogramm, „sich mit der Möglichkeit der verfassungsrechtlichen Verankerung zu befassen“ offenbar gar nicht wahrgenommen habe. „Dies wäre aber umso wichtiger, da es darum geht, wie die von vielen Expertinnen und Experten der Enquetekommission als gut und richtig empfundene Rechtssicherheit abgesichert werden kann.“

Er führte das Beispiel der bedenklichen Entwicklung in den Niederlanden an: „Dort waren Ausnahmeregelungen für Härtefälle der Ausgangspunkt für eine Euthanasie-Gesetzgebung, die in die falsche Richtung geht. In den Niederlanden wurde die Ausnahme zum Regelfall. Töten auf Verlangen, auch von Demenzerkrankten, psychisch Kranken oder Menschen, die ein Alters- oder Sozialleiden haben, und Kindern sind alltägliche Praxis.“

Huainigg verwies auf das Ergebnis der Enquetedebatten und fordert, dass der österreichische Weg „Sterben an der Hand, nicht durch die Hand“ gerade jetzt nachhaltig abgesichert wird. „Palliativmedizin und Hospiz sind auszubauen und ein Rechtsanspruch verfassungsrechtlich abzusichern. Nur so kann die bedenkliche Entwicklung auch in Zukunft verhindert werden!“

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