Ein Besuch im Freibad wird einem Wiener zum Verhängnis. Als er seinen zwei Söhnen den "Köpfler" beibringen möchte, rutscht der Familienvater aus und stürzt mit dem Kopf auf den Boden des 1,30 Meter tiefen Kinderbeckens.
Er wird vor Ort reanimiert und im AKH-Wien einer Notoperation unterzogen. Dort wird eine inkomplette Querschnittlähmung festgestellt.
Nach mehreren Krankenhausaufenthalten im In- und Ausland wird dem gelernten Schlossermeister in einem Krankenhaus in Tübingen, Deutschland, ein Zwerchfellstimulator eingesetzt. Mithilfe des Stimulators ist er zum einen nicht mehr ständig auf die künstliche Beatmung angewiesen, durch hartes Training will er das selbstständige Atmen wieder erlernen. Seit Ende 2013 ist er wieder zuhause und benötigt dort rund um die Uhr fachgerechte Betreuung.
Zu den Gesamtausgaben von rund 25.000 mtl. für zehn diplomierte Gesundheits- und KrankenpflegerInnen mit einer Sonderausbildung für Intensiv-Pflege, die Herrn N.N. abwechselnd versorgen, kommt der Fonds Soziales Wien (FSW) abzüglich des Pflegegeldes mit einer Unterstützung in Höhe von rund 11.200 auf. Die WGKK leistet für die medizinische Hauskrankenpflege lediglich rund 700 mtl. Bisher war die Finanzierung der Restkosten durch Unterstützung des Familien- und Freundeskreises möglich; jetzt sind aber alle Reserven ausgeschöpft und alle Ersparnisse aufgebraucht.
In einem Schreiben an die Volksanwaltschaft, teilt die WGKK mit, dass eine Einweisung in eine Krankenanstalt zurzeit nicht erforderlich scheint und eine intensivmedizinische Hauskrankenpflege nicht mehr als zwei Stunden pro Tag ( 23,04) in Anspruch genommen werden müsse. Laut Dr.in Karin Zoufal fehle der WGKK die rechtliche Grundlage, um weitere Zahlungen leisten zu können. Das sieht sowohl der Fonds Soziales Wien als auch die Magistratsdirektion Wien anders. Die Familie N.N. fürchtet, dass ein Wechsel in ein Spital oder ein Pflegeheim unausweichlich ist, wenn nicht bald eine Lösung gefunden wird.
Volksanwalt Dr. Günther Kräuter verweist darauf, dass es in anderen Bundesländern bereits beispielhafte Vereinbarungen unter der Beteiligung von Krankenversicherungsträgern gibt, die auch beatmungspflichtigen Patienten einen Verbleib in der Familie ermöglichen. Zudem haben der Oberste Gerichtshofes (OGH) und der VfGH in einem ähnlichen Fall im Rahmen der medizinischen Hauskrankenpflege eine Kostenübernahme zu Marktpreisen zugelassen und die Refundierung des Aufwandes der Gebietskrankenkasse durch den Landesgesundheitsfonds als angemessen erachtet. Herr N.N. möchte bei seiner Familie leben; eine dauerhafte Verlegung in ein Geriatriezentrum wäre für den erst 46-Jährigen und seine Familie nicht eine große psychische Belastung; es bestünde zudem eine hohe Infektionsgefahr.
Für die Volksanwaltschaft maßgeblich ist, dass Menschen mit Behinderung, nach Art.19 der UN-Behindertenrechtskonvention, „gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben“. „Wir akzeptieren nicht, dass die WGKK nicht mehr als 700 übernimmt.“, so der Volksanwalt im Studio der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“. (Siehe Beitrag in der ORF TV-Thek)
Die Volksanwaltschaft wird VertreterInnen der WGKK, des Fonds Soziales Wien, des Hauptverbandes der Magistratsdirektion Wien und des Bundesministeriums für Gesundheit demnächst zu einem Runden Tisch einladen.