„Können’s net a paar Schritte gehen?“

Mit dieser Frage wurde ich mehrmals in einem Gespräch mit einer Mitarbeiterin des ÖBB-Reisedienstes für Menschen mit Beeinträchtigungen konfrontiert.

ÖBB Bahnhof
BIZEPS

Zur Info – ich bin Rollstuhlfahrerin und habe dies auch gleich zu Beginn des Telefonates bekannt gegeben …

Was tun in einer solchen Situation – soll ich jetzt Schuldgefühle entwickeln, weil ich tatsächlich die paar Schritte nicht bewältigen kann, ich die Mitarbeiterin mit meiner Anfrage belaste, soll ich in Sprachlosigkeit versinken oder soll ich stattdessen meinem Ärger wegen dieser verletzenden Äußerung freien Lauf lassen? Ich habe mich dafür entschieden, dies in Form dieses Beitrags zu verarbeiten.

Warum ein eigener Reisedienst?

Vielleicht sind es ja Hemmschwellen, Berührungsängste, mangelndes Vorstellung- und Einfühlungsvermögen seitens der Bediensteten. Jedenfalls scheint das ÖBB-Personal nicht sensibilisiert zu sein auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen. Fragt sich nur, warum dafür ein eigener Reisedienst eingerichtet wurde …

Nicht nur dies, sondern auch andere Barrieren erwecken meinen Unmut bei Reisen mit den ÖBB. Die oben erwähnte Frage wurde mir aufgrund der Buchung einer Fahrt von Salzburg nach Wien gestellt. Obwohl ich bereits mehrmals diese Strecke um 06.00 Uhr morgens mit dem ÖBB EC 541 gefahren bin und daher weiß, dass dieser Zug mit Rollstuhlabstellplatz und einer Behindertentoilette ausgerüstet ist, erhalte ich über den Behindertenreiseservice immer wieder die Auskunft, dass dem nicht so wäre und ich die frühere Verbindung um 05.00 Uhr nehmen müsse.

Seltsamerweise bislang problemlos möglich

Seltsamerweise war bislang die Reservierung beim Schalter in der Halle des Salzburger Hauptbahnhofes problemlos möglich. Es hat den Anschein, dass der/die Schalterbeamte/in vor Ort hier besser informiert ist als das spezialisierte Personal. Der Nachteil dabei – die Reisebuchung per Telefon ist somit für mich hinfällig, da ich mich dafür eigens am Schalter einfinden und die Reservierung bzw. die für mich notwendige Einstiegshilfe einige Tage zuvor anmelden muss.

Beruflich bin ich oftmals in ganz Österreich unterwegs, längere Strecken also, die ich mit dem PKW aufgrund meiner Beeinträchtigung nur schwer bewältigen kann. Eine Reise mit der Bahn wäre also durchaus entlastend und dank Vorteilscard auch preiswert. Reisen mit den ÖBB bedeutet für mich jedoch häufig, einen Reisetag zusätzlich einplanen zu müssen.

Denn, obwohl die Züge z.B. von Salzburg nach Wien West bzw. retour von 05.00 – 24.00 Uhr verkehren, ist es für RollstuhlfahrerInnen nicht möglich, nach 20.40 Uhr von Wien nach Salzburg zurückzufahren, da laut Info in den späteren Verbindungen keine Rolliabstellplätze bzw. die entsprechenden WCs vorhanden sind. In den Nachtzügen fehlen diese gänzlich. Nicht nur Venedig im Liegewagen per Nachtzug als Kurzurlaubsperspektive kann ich somit vergessen, für eine berufliche Reise nach Nürnberg hätte ich, im Gegensatz zu Reisenden ohne Behinderung, die am frühen Morgen in den (Nacht)Zug gestiegen wären, bereits am Vortag anreisen müssen.

Zusätzliche Aufenthalte und Nächtigungskosten sind die Folge, die für mich die Bahnfahrt unattraktiv machen. Also setze ich mich oft nach wie vor ans Steuer meines PKWs und bewältige die Strecke auf diese Art.

Aufgrund dieser Einschränkungen und Ausschlüsse frage ich mich, welche Vorstellung die ÖBB von behinderten Menschen haben – etwa die von Personen, die um 20.00 Uhr Bettruhe haben, nicht vor 08.00 Uhr aufstehen, sowieso nicht berufstätig sind und daher jede Menge Zeit haben?! Es wäre interessant zu wissen, was die ÖBB zu tun gedenken, um ggf. diese Bilder zu revidieren und Barrierefreiheit auf den Gleisen zu ermöglichen.

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