In den Weihnachtsferien der dritten Klasse Handelsschule stellte sich mir die Frage, in welcher Berufssparte ich mich bewerben sollte.
Ich entschied mich für den Bankbereich, da ich annahm, dort eine interessante Arbeit finden zu können und daß durch Weiterbildung ein beruflicher Aufstieg innerhalb dieses Arbeitsbereiches möglich sein würde.
In den Semesterferien begann ich damit, Bewerbungen zu schreiben und erhielt bis Ende Mai nur negative Antworten. Ich hatte die in Frage kommenden Dienstgeber durchwegs davon in Kenntnis gesetzt, daß ich Rollstuhlfahrerin bin. Schließlich gab mir eine Referentin der NÖ Landesregierung den Rat, mich bei der Raiffeisen-Landesbank zu bewerben.
Vierzehn Tage später bekam ich auch prompt eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch, wobei sich herausstellte, daß der Personalchef mich aufgrund des „Jahres der Behinderten“ aufnehmen wollte.
Ich selbst hatte angenommen, wie dies vermutlich jeder andere Arbeitnehmer auch tun würde, man würde mich wegen meines guten Zeugnisses und der vorliegenden Qualifikation einstellen!
Es fehlte ein behindertengerechtes WC und ich wußte damals noch nicht, wie man zu diesem kommen kann. Hätte ich zumindest eine Arbeits-Assistenz gehabt, wären einige Probleme leichter zu lösen gewesen. (Für behinderte Berufstätige ein Mitarbeiter des Arbeitsamtes oder LIA, zur besseren Integration und zur Problembewältigung zu Beginn der Berufstätigkeit)
So dauerte es drei Jahre, bis ein rollstuhlge-rechtes WC installiert worden war. Neben meiner Arbeit begann ich die Matura in Abendkursen nachzuholen. In meiner Firma versuchte ich mich einige Male versetzen zu lassen – doch: ohne Erfolg. Schließlich bemühte ich mich, durch Tageszeitungen eine neue Anstellung zu finden, doch wiederum erhielt ich, sobald ich über meine Behinderung informierte, die übliche – negative – Antwort.
In den folgenden Bewerbungen schrieb ich nichts mehr von meiner Behinderung und wurde daraufhin zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Doch dort sahen die Personalchefs meinen Rollstuhl: Einer meinte, er würde mich aufnehmen, wenn ich auf meinen Kündigungs-schutz verzichten würde (was allerdings nicht möglich ist).
Den Direktor einer sehr großen Firma fragte ich, wieso seine Firma die Pflichtzahl der Anstellung behinderter Arbeitnehmer nicht erfüllt? Er gab mir zur Antwort: „Eine Firma muß unter wirtschaftlichen Aspekten geführt werden und da kommt es billiger, die Ausgleichstaxe zu zahlen, als behinderte Arbeitnehmer aufzunehmen“. Diese Aussage, ist auch der Grund dafür, weshalb ich selbst eine gravierende Anhebung der Ausgleichstaxe befürworte.
Nach all diesen Fehlschlägen ging ich zum Arbeitsamt, um mich nach Firmen zu erkundigen, die offene Stellen gemeldet haben. Der Berufsberater dort gab mir die Adresse eines Reisebüros, in dem ich ebenso aufgrund meiner Behinderung nicht genommen wurde. Der Berufsberater informierte den Reisebürochef nicht, daß eine Behinderte kommt. So kam es, daß mich der Chef sah und meinte – Danke, wir haben schon (jemanden).
Lediglich in der Nationalbank hätte ich eine Anstellung in Aussicht gehabt: allerdings nur als Telefonistin. Vielleicht denken einige: „Soll sie doch froh sein, überhaupt eine Arbeit zu haben“. Ich selbst erhebe aber den Anspruch darauf, daß ich eine Arbeit ausüben will, die meiner Qualifikation und der Qualität meiner Arbeit entspricht.
Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß meine Arbeitskraft auf dem freien Arbeitsmarkt nicht gefragt ist. Aus diesem Grund setze ich mich vermehrt im Bereich der Behindertenarbeit ein und habe zu studieren begonnen.