Müssen behinderte Menschen auf die Strasse gehen um für ein selbstbestimmtes Leben zu demonstrieren?

Demonstrationen am Beginn des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderung?

„Wir können nicht zulassen, dass das seit Jahren bewährte Pflegegeldsystems zerschlagen und damit die Grundlage für eine selbstbestimmte Lebensführung zerstört wird“ meint Dr. Voget, Präsident des Österreichischen Zivil-Invalidenverbandes.

Wie es scheint, befindet sich Gusenbauer mit seinem Vorstoß ganz auf Linie mit der ÖVP. Jedenfalls erntete er für seinen Vorschlag vom Bundeskanzler Schüssel großes Lob; und das dürfte mehr Wert sein als der Einsatz für eine sozialpolitische Errungenschaft.

Klarer Widerspruch: Behindertengleichstellung ja, selbstbestimmtes Leben nein!

Sollte wirklich beabsichtigt sein, behinderten Menschen Dienstleistungsschecks aufgezwingen, so fragen wir uns, wie sich das mit den im Nationalratswahlkampf von allen im Parlament vertretenen Parteien geäußerten Forderungen nach einem Behindertengleichstellungsgesetz deckt.

„Mir persönlich ist es ja bedeutend lieber, mich meiner Frau, der ich vertrauen kann und die auf meine persönliche Befindlichkeiten Rücksicht nimmt, anzuvertrauen“, meint dazu, Dr. Klaus Voget, der massgeblich zur Schaffung des „Jahrhundertgesetzes“ beigetragen hat.

„Aber vielleicht hat Herr Gusenbauer ganz andere Bedürfnisse. Es ist allerdings leichter es als positive Entwicklung zu betrachten, jeden Tag mit einer anderen Person die intimsten Lebensbereiche zu teilen, so lange man nicht selbst gezwungen ist, dies erleben und nachempfinden zu müssen.“ Dies wäre nämlich eine der Konsequenzen des Dienstleistungsschecks – jeden Tag anderes Personal, in allen Bereichen des Lebens.

„Entweder haben die Politiker nicht verstanden, was behinderte Menschen und deren Organisationen mit einem Behindertengleichstellungsgesetz erreichen wollen, oder es handelte sich um wahlkampfbedingte Lippenbekenntnisse, die man nun gerne wieder vergessen möchte“ meint Hedi Schnitzer, die Geschäftsführerin des österreichweit tätigen Zivil-Invalidenverbandes.

Pflegescheck viel teurer
Es zeigt sich jedenfalls wieder einmal, dass sich Politiker ernsthaft mit der Materie auseinandersetzen sollten, bevor sie mit solchen Vorstößen an die Öffentlichkeit treten. Denn das Pflegegeld deckt die tatsächlichen Aufwendungen der Pflege bei weitem nicht ab, sondern dient lediglich als Kostenbeitrag. Würde anstelle des Pflegegeldes nun ein Anspruch auf professionelle Dienste treten, käme dies horrend teuer und das obwohl das Budget angeblich jetzt schon aus allen Nähten platzt.

„Das größere Problem ist aber, dass in weiten Regionen Österreichs eine flächendeckende professionelle Betreuung Pflegebedürftiger mangels Personal und entsprechender Einrichtungen gar nicht möglich ist“, stellt auch der Tiroler SPÖ-KO Walter Guggenberger klar. Dort gäbe es dann für die Betroffenen weder Pflegegeld noch Betreuung.

Der Österreichische Zivil-Invalidenverband wird – wie bereits in der Vergangenheit mehrmals eindrucksvoll bewiesen – alle Kräfte und demokratischen Mittel dafür aufwenden, um eine Verschlechterung des gut funktionierendem Pflegesystems für behinderte Menschen zu verhindern.

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0 Kommentare

  • Ich bin Behindertenvertrauensperson beim BMLFUW, dem „Lebensministerium“.
    In meiner 8-jährigen Tätigkeit war ich mit dem Problem Pflege von Angehörigen und Pflegegeldanspruch oft befaßt. Anknüpfung der Pflegegeld-Normen ist eine Pflegebedürftigkeit, die als Bedarf an Wartung und Bedarf an Pflege definiert ist.

    Die Wartung kann ein Full-Time-Job einer ständigen Leistungsbereitschaft und Hilfeleistung bei Bedarf sein; Pflege – ja sie könnte uU hinsichtlich einiger Leistungen durch Aus-und Fortbildung der Pflegenden verbessert werden.

    Da Pflege – als Angebot oder Bedarf – fast jeden treffen kann, wäre eine solche Grundausbildung in Erster Hilfe und grundlegender Pflegeleistung schon ein Unterrichtsgegenstand sein. Damit wäre jeder jederzeit in der Lage, grundsätzlich Hilfe zu leisten.

    Ein Scheck für professionelle Hilfe würde zwar zu neuen Ausbildungen führen, was die Arbeitslosenstatistik „kamouflieren“ (schönschminken) könnte, aber erst nach Abschluß dieser neu zu schaffenden Ausbildungsangebote wirksam würde. Bis dahin bestünde sicher ein Engpaß, der zu Pflegenotstand führen würde. Vor allem würde der Pflegescheck dazu führen, daß die Pflegenden – vorwiegend Frauen – wieder kostenlos und versicherungsfrei diese karitativen Arbeiten leisten.

  • Juristisch müßte sehr sehr wohl etwas zu machen sein, denn diese Sozialabbau- und Diskriminierungswünsche gehen eindeutig an der Intention des Pflegegeldgesetzes vorbei. Allerdings ergibt das noch keine Rechtssicherheit, denn schon die bisherige Auslegung, sei es Pensionsanspruch oder Pflegegeldanspruch, ist dank der unumgänglichen „Gutachten“ widersprüchlich und absolut restriktiv.

  • Wer der Meinung war, dass nach den Wahlen der brutale Sozialabbau nicht fortgesetzt wird, hat sich gewaltig geirrt. Es ist weder sozial noch christlich pflegebedürftigen Menschen anstelle des Pflegegeldes einen Pflegescheck zu geben und die Chance auf ein stelbstbestimmtes Leben zu nehmen. Ist ein selbstbestimmtes Leben für behinderte Menschen juristisch einklagbar? Ich denke, dass sich da der Europäsiche Gerichtshof einschalten müsste.

  • ganz der meinung von rosenmaedchen. wuerde sofort hinfahren. let’s move!

  • Eigentlich sollten wir ca, 400.000 Menschen die behindert sind und gehindert werden sich schon längst am Ballhausplatz treffen um zu zeigen wie Behinderten freundlich das wunderschöne Land Österreich in der Wirklichkeit ist. Alle Behindertenorganisationen sind aufgerufen jetzt zu handeln!!!!!