ÖVP und SPÖ haben die UN-Konvention noch nicht verstanden

„Offensichtlich haben ÖVP und SPÖ noch nicht verstanden, was in dieser UN-Konvention steht,“ vermutet Gerhard Walter, Sprecher von Selbstbestimmt Leben, der bei der Landtagssitzung selbst anwesend war.

Gerhard Walter
Walter, DSA Gerhard

Vergangenen Donnerstag haben ÖVP und SPÖ im Tiroler Landtag gegen die Stimmen der Oppositionsparteien einen Antrag der Liste Fritz abgelehnt, der die Erarbeitung eines konkreten Maßnahmenplans zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zum Inhalt hatte. Die Regierungsparteien sind davon überzeugt, dass das Land Tirol die UN-Konvention bereits erfüllt und ein Maßnahmenplan daher nicht erforderlich ist.

„Offensichtlich haben ÖVP und SPÖ noch nicht verstanden, was in dieser UN-Konvention steht,“ vermutet Gerhard Walter, Sprecher von Selbstbestimmt Leben, der bei der Landtagssitzung selbst anwesend war.

„Es geht um einen radikalen Perspektivenwechsel in der Behindertenpolitik: Statt Betreuung und Rehabilitation muss individuelle und bedarfsgerechte Unterstützung bereit gestellt werden. Statt aussondernden Einrichtungen muss echte Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft sichergestellt sein. Davon sind wir in Tirol Lichtjahre entfernt.“

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung ist in Österreich seit Oktober 2008 in Kraft. Sie gilt ohne Einschränkungen sowohl für Bundes- als auch Landeskompetenzen. Die Konvention formuliert keine neuen Rechte für Menschen mit Behinderung, vielmehr bekräftigt sie, dass für diese Personengruppe ohne Ausnahme alle Menschenrechte gelten. In verschiedenen Artikeln beschreibt sie detailliert, in welchen Lebensbereichen und in welcher Form Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die Wahrung und Ausübung der Menschenrechte für BürgerInnen mit Behinderung sicherzustellen.

Dass Sonderschulen dem Menschenrecht auf inklusive Bildung widersprechen, wird in der Öffentlichkeit derzeit bereits diskutiert. Es ist allgemein bekannt, dass in Tirol sehr viele Kinder mit Behinderung Sonderschulen besuchen. Aber auch Einrichtungen für Beschäftigungstherapie verletzen die in der UN-Konvention verankerten Rechte: Frauen und Männer mit Behinderungen sind hier vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, sie haben keine Sozialversicherung und erhalten nur ein Taschengeld. Allein diese beiden Beispiele machen deutlich, dass Tirol die UN-Konvention keinesfalls schon umsetzt.

Selbstbestimmt Leben begrüßt daher die Einrichtung einer Arbeitsgruppe für die Umsetzung der UN-Konvention durch Landesrat Reheis, wie dies am Freitag in der Tiroler Tageszeitung angekündigt wurde.

„Wir erwarten allerdings, dass dabei Menschen mit Behinderungen konsequent und effektiv einbezogen werden,“ betont Gerhard Walter, „Schließlich ist die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, vor allem bei Angelegenheiten, die uns selbst betreffen, ein Menschenrecht.“

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