Parlament: Mammutprogramm in vier Tagen

Die Debatte über diese sechs Tagesordnungspunkte wurde von Gebärdendolmetschern simultan übersetzt.

Parlament
BIZEPS

Abgeordnete Dr. Partik-Pable (FPÖ) leitete ihre Ausführungen mit der Klage darüber ein, dass Österreich in der Behindertenpolitik immer noch nachhinke. Das komme auch darin zum Ausdruck, dass man sich am Ende dieses Jahrhunderts mit diskriminierenden Bestimmungen in der Rechtsordnung auseinandersetzen müsse.

Partik-Pable führt dies darauf zurück, dass kein Antidiskriminierungsgesetz beschlossen wurde. Im einzelnen befasste sich die Rednerin mit verfahrensrechtlichen, vor allem aber auch mit materiellen Diskriminierungen behinderter Menschen. Sie sehe nicht ein, warum Menschen im Rollstuhl der Zugang zu den Berufen des Lehrers oder Richters verwehrt sein soll. Bundes- und Landesgebäude werden immer noch nicht barrierefrei errichtet, kritisierte sie weiter und ortete die Notwendigkeit, die Bauordnungen und die gesamte Rechtsordnung auch der Bundesländer auf behindertendiskriminierende Bestimmungen zu durchforsten.

In einer tatsächlichen Berichtigung wies Abgeordneter Kiermaier (SPÖ) darauf hin, dass in Amstetten ein behinderter Richter seinen Dienst versieht.

Abgeordnete Silhavy (SPÖ) mass die Qualität des menschlichen Zusammenlebens an der Bereitschaft, Massnahmen für die behinderten Mitglieder der Gesellschaft zu setzen. Die SPÖ will Behinderten mehr Chancen einräumen und diskriminierende Bestimmungen beseitigen. In einem SP-VP-F-L-Entschliessungsantrag verlangte die Abgeordnete eine Regierungsvorlage über weitere Massnahmen zur Gleichstellung von Behinderten, eine Änderung des Notariatszwangsgesetzes, um Blinde von der Notariatsaktpflicht zu befreien und dafür zu sorgen, dass sehbehinderte Personen die Verständigung über die Zustellung behördlicher Schriftstücke erkennen können.

Auch Abgeordneter Dr. Kier (LIF) forderte die Bundesländer dazu auf, ihre Rechtsordnungen auf behindertendiskriminierende Bestimmungen zu durchforsten, und unterstrich den Antrag seiner Fraktion auf Durchsetzung einer besonderen Bundeskompetenz zur Beseitigung diskriminierender Bestimmungen. Dieses Anliegen werden die Liberalen gleich zu Beginn der nächsten Gesetzgebungsperiode wieder in den Nationalrat einbringen und sich überdies für die Anerkennung der Gebärdensprache einsetzen, kündigte Dr. Kier an.

Staatssekretär Dr. Wittmann erinnerte daran, dass der Bericht zur Durchforstung der Bundesrechtsordnung auch den Landeshauptleuten zur Verfügung gestellt wurde, um das Bewusstsein zu wecken, dass bei der Beseitigung behindertenbenachteiligender Bestimmungen auch die Länder gefordert sind.

Abgeordnete Rauch-Kallat (ÖVP) ging auf die unmittelbaren Verbesserungen ein, die der SPÖ-ÖVP-Antrag zugunsten von Behinderten im Verwaltungsverfahren und bei den Behörden bringt: Hilfestellungen für Gehörlose und bei der Benachrichtigung über die Zustellung behördlicher Schriftstücke für Sehbehinderte. Als unverständlich bezeichnete es die Abgeordnete, dass Blinde bislang von der Trauzeugenschaft ausgeschlossen waren. Im Fernsehen verlangte die Rednerin den vermehrten Einsatz von Gehörlosendolmetschern bzw. Bildtexten. Hinsichtlich der Biomedizinkonvention wies Rauch-Kallat auf viele Verbesserungen durch die Konvention hin, trat aber gleichzeitig dafür ein, die Konvention auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen.

Generell würdigte Rauch-Kallat die vorliegenden Massnahmen als wichtige Schritte auf dem Weg zur Gleichstellung behinderter Menschen. Um diesen Weg weiterzugehen, sei es notwendig, mehr Verständnis für behinderte Menschen zu schaffen, sie sichtbar zu machen, wie dies in vorbildlicher Weise durch die Special Olympics in Schladming geschah, wo österreichische Behindertensportler 13 Gold-, 10 Silber- und 18 Bronzemedaillen errangen.

Abgeordneter Mag. Haupt (FPÖ) brach eine Lanze für die Hörbehinderten, die seiner Meinung nach immer noch sehr benachteiligt seien. Seine Anliegen waren die Beseitigung der Kosten für Behinderten-Vorteilskarten bei den ÖBB und die Durchsetzung behindertenfreundlicher Bauweisen bei Amtsgebäuden. Die Sanierung der Altbauten würde eine Vielzahl von Arbeitsplätzen schaffen, bei der Beseitigung von Behindertendiskriminierungen habe die nächste Bundesregierung noch viele Aufgaben zu erfüllen, schloss Haupt.

Abgeordnete Haidlmayr (GRÜNE) dankte Präsident Fischer für die Unterstützung ihrer Bitte um Übersetzung dieser Debatte in die Gebärdensprache und setzte sich einmal mehr dafür ein, die Gebärdensprache im Parlament häufiger zu verwenden, weil davon Vorbildwirkung auf die Medien zu erwarten sei. In ihrer Wortmeldung befasste sich die Grüne Behindertensprecherin insbesondere mit der Situation der gehörlosen Menschen, die nach wie vor von jeder Kommunikation ausgeschlossen seien, und warf dem Unterrichtsministerium vor, nicht einmal den Versuch gemacht zu haben, diskriminierende Bestimmungen in seinen Rechtsvorschriften aufzufinden.

In einem Entschliessungsantrag legte Abgeordnete Haidlmayr dem Nationalrat neuerlich ihr Verlangen auf Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes vor. In einem weiteren Entschliessungsantrag trat sie dafür ein, die im Zuge des Sparpakets erfolgte Kürzung des Taschengelds pflegebedürftiger Menschen bei Spitals- und Heimaufenthalten auf 569 S monatlich zurückzunehmen.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht zur Durchforstung der österreichischen Bundesrechtsordnung hinsichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen mit SPÖ-ÖVP-GRÜNE-LIF-Mehrheit zur Kenntnis genommen. Der Entschliessungsantrag der Grünen betreffend Schaffung eines Behindertengleichstellungsgesetzes blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt.

Der SPÖ-ÖVP-Antrag zur Beseitigung behindertendiskriminierender Bestimmungen wurde ebenso einstimmig angenommen wie die diesbezügliche Ausschussentschliessung und der SPÖ-ÖVP-FPÖ-LIF- Entschliessungsantrag betreffend weitere Massnahmen zur Gleichstellung von Behinderten.

Der Entschliessungsantrag der Grünen betreffend Änderung des Bundespflegegeldgesetzes blieb in der Minderheit.

Die Ausschussentschliessung zum Entschliessungsantrag betreffend die Beseitigung von Diskriminierungen für blinde Personen in Personenstandsangelegenheiten wurde gleichfalls einstimmig verabschiedet.

Der (negative) Bericht über den LIF-Antrag auf ein allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz wurde mit SPÖ-ÖVP-FPÖ-Mehrheit zur Kenntnis genommen; der Antrag ist daher mehrheitlich abgelehnt.

Die Kenntnisnahme des Berichts über Massnahmen zugunsten der Gehörlosen und Schwerhörenden erfolgte mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP, Grünen und Liberalen.

Die Entschliessung zum GRÜNE-Antrag betreffend Überprüfung der Verfassungskonformität der Menschenrechtskonvention zur Biomedizin wurde einstimmig gefasst.

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