Zu Gudenus: Bei NS-Wiederbetätigung "nicht über Herabsetzung des Strafmaßes diskutieren"
„Das Leugnen oder Verharmlosen von NS-Gräueln darf nicht salonfähig werden“, betonte die Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am Donnerstag im Nationalrat anlässlich des Gedenkens an die NS-Opfer.
Mit Hinweis auf die gestrige Verurteilung des Ex-FPÖ-Bundesrates Gudenus unterstrich Prammer, dass man – auch angesichts von „wachsendem Rassismus und Antisemitismus“ – „nicht über eine Herabsetzung des Strafmaßes“ wegen NS-Wiederbetätigung diskutieren dürfe. Die heurige Gedenkfeier im ehemaligen KZ Mauthausen sei „etwas ganz Besonderes“, weil sie speziell den weiblichen Opfern gewidmet sei, so Prammer. Der 5. Mai dürfe „nicht nur ein Gedenktag sein, sondern muss uns jedes Jahr einen Schritt vorwärts bringen, um Rassismus und Antisemitismus in die Schranken zu weisen“, hob Prammer hervor.
Mauthausen, das für viele Menschen zum „Ort ihrer Ermordung“ wurde, wurde als letztes so genanntes Konzentrationslager (KZ) am 5. Mai befreit – „es hat jahrzehntelang gedauert, um das aufzuarbeiten, was während weniger Jahre nationalsozialistischer Gewaltherrschaft hinter dem Stacheldraht und hinter diesen Mauern stattgefunden hat“, hob Prammer hervor.
Es sei „unfassbar und nicht nachvollziehbar“, was „in den Gedanken und Gefühlen jener Menschen vorgeht, die diesen Horror überlebt haben“. Viele Opfer hätten sich in Verdrängung geflüchtet, weil sie den erlittenen Schmerz nicht ertragen konnten. 1991 hätte Altbundeskanzler Franz Vranitzky „als erster österreichischer Bundeskanzler öffentlich aufgezeigt, dass es nicht wenige ÖsterreicherInnen gegeben hat, die im Namen des NS-Regimes großes Leid über andere gebracht haben“ – zusätzlich habe Vranitzky festgestellt, dass „wir uns über die moralische Mitverantwortung nicht hinwegsetzen dürfen“. Dieser Schritt führte in weiterer Folge zur Einrichtung des Nationalfonds und zur Fixierung des Gedenktages, machte die Zweite Nationalratspräsidentin klar.
Heuer, 61 Jahre nach der Befreiung Mauthausen, werde „bei der Internationalen Befreiungsfeier zum allerersten Mal an die Frauen in den Konzentrationslagern erinnert“, zeigte Prammer auf. Das Gedenken gelte den Antifaschistinnen, Widerstandskämpferinnen, den denunzierten und „rassisch“ verfolgten Frauen. Gerade die Denunziation sei ein „Pfeiler des NS-Regimes“ gewesen, schon „bloße Verdächtigungen reichten, um ins Konzentrationslager verschleppt zu werden“.
Ein „lange tabuisierter, verdrängter Teil der NS-Verbrechen sind die Bordelle in den Konzentrationslagern“, so Prammer mit Hinweis darauf, dass die sexuelle Zwangsarbeit und Zwangsprostitution bis in die 90er-Jahre hinein verdrängt worden sei. Viele Betroffenen seien „stigmatisiert“ worden, „Erlittenes wurde ihnen nicht geglaubt und verharmlost“, sogar „Mitschuld wurden den betroffenen Frauen unterstellt“. Viele Überlebende „schweigen bis heute“ – aus Angst und Scham, führte die Zweite Nationalratspräsidentin aus.
Prammer erinnerte aber auch an die Täterinnen des NS-Regimes, an die NS-Aufseherinnen, NS-Ärztinnen und NS-Helferinnen – es müsse auch bezüglich des im letzten Jahr beschlossenen Gesetzes zu den so genannten „Trümmerfrauen“ klar sein, dass es nicht nur Opfer, sondern auch Beteiligte gegeben habe, so Prammer. Der 5. Mai müsse auch Anlass sein, der Millionen ermordeter JüdInnen, der politisch Verfolgten, der Roma und Sinti, der Homosexuellen und behinderten Menschen und ihrer Hinterbliebenen zu gedenken, unterstrich Prammer.
Wenn mit Gudenus ein ehemaliger auf die Verfassung beeideter Volksvertreter wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt wird, zeuge dies von „besonderer Verwerflichkeit“, übte die Zweite Nationalratspräsidentin harsche Kritik. Leider seien Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz „keine Einzelfälle“, auch die Dunkelziffer „lässt sich nur erahnen“. Das Strafausmaß richte sich auch danach, ob es ein „Einsehen ins begangene Unrecht“ gebe, wo dieses Einsehen fehle, „ist Milde zu hinterfragen“, verdeutlichte Prammer.
Keinesfalls dürfe einfach „zur Tagesordnung zurückgekehrt werden“, wie dies auch das Mauthausen-Komitee gefordert habe, so Prammer abschließend.