Resolution zur Pflegevorsorge

Die TeilnehmerInnen am gesamtösterreichischen Treffen der Selbstbestimmt-Leben-Initiativen Österreichs (SLIÖ), vom 24. - 26. April 1998 in Abtsdorf/Attersee, haben nachfolgende Resolution beschlossen:

SLIÖ Selbstbestimmt Leben Initiative Österreich
SLIÖ

„Die Pflegevorsorge wurde 1993 – vor allem aufgrund des entschlossenen Einsatzes der Betroffenen – eingeführt und vom damaligen Bundeskanzler Vranitzky als ein Meilenstein in der Sozialpolitik bezeichnet.

Das Bundespflegegeldgesetz führte zu einer Verbesserung der Lebenssituation assistenz- und pflegebedürftiger Menschen.

Aber bereits nach zweieinhalb Jahren wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien mit der systematischen Demontage des Gesetzes begonnen: So etwa wurde

  • das Pflegegeld seit 1996 nicht mehr valorisiert
  • die Stufe 1 um 20 % gekürzt
  • das Taschengeld bei BewohnerInnen von Institutionen um 50 % gekürzt.

Durch das Inkrafttreten der 54. ASVG Novelle am 1. Jänner 1998 wurden die Voraussetzungen für die Beschäftigung von Persönlichen AssistentInnen drastisch verschlechtert. Der neueste vom Sozialministerium ausgesandte Entwurf einer Novelle zum Bundespflegegeldgesetz sieht weitere einschneidende Verschlechterungen für die Betroffenen vor:

  • Die Voraussetzungen bei Neuanträgen für die Stufen 5-7 soll durch eine Erhöhung der Stundenanzahl nachhaltig erschwert werden.
  • Die bisherigen Direkteinstufungen sollen überwiegend wegfallen – niedrigere Einstufungen würden die Folge sein.

Durch diese Maßnahmen können sich die Betroffenen immer weniger Hilfe einkaufen, wodurch der Zweck des Gesetzes, ein selbstbestimmtes, gleichberechtigtes und der Menschenwürde entsprechendes Leben führen zu können, ad absurdum geführt wird.

Es besteht die Gefahr, daß schwerbehinderte Menschen wieder vermehrt in Pflegeheime eingewiesen werden. Außerdem wird sich durch die geplanten Maßnahmen die finanzielle und soziale Situation von Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen wesentlich verschlechtern.

Diese laufende Demontage der Pflegevorsorge

  • steht im Gegensatz zum im letzten Jahr beschlossenen Gleichstellungsgebot für behinderte Menschen im Artikel 7 der Bundesverfassung
  • ist ein Anschlag auf unser Menschenrecht auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft – und das ausgerechnet im Internationalen Jahr der Menschenrechte.

Die Budgets der vergangenen Jahre wurden auf dem Rücken der Betroffenen einseitig und sozial nicht ausgewogen saniert (ca. 1,84 Mrd./Jahr). Die behinderten und pflegebedürftigen Menschen in Österreich sind nicht länger bereit, die bisherigen und die geplanten Verschlechterungen hinzunehmen und protestieren auf das Schärfste gegen diese Vorgangsweise.

Wir fordern daher

  • die Rücknahme der geplanten Verschlechterungen
  • eine jährliche Valorisierung des Pflegegeldes analog zu den ASVG-Pensionen
  • die Auszahlung eines bedarfsgerechten Pflegegeldes gegen Nachweis der Aufwendungen für persönliche Hilfe und Assistenz.

Damit fordern wir das Grundrecht auf ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit hohem Assistenzbedarf ein. Wir fordern weiters die politischen Verantwortungsträger in diesem Lande auf, sich für die Erfüllung dieser Resolution einzusetzen.“

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