- SchlichtungswerberIn: Erika Muster
- Unterstützt von: Martin Ladstätter
- Schlichtungspartner: mobilkom austria AG
- Zeitraum: 3. Dezember 2007 bis 24. Juli 2008
- Bundesland: Wien
- Gesetzesgrundlage: BGStG
- Einigung: Nein
Schlichtungsantrag
Der neue Shop, Landstraßer Hauptstraße 84, 1030 Wien, ist nur über eine sehr hohe Stufe erreichbar. Dies musste ich Ende Oktober 2007 feststellen. Um meine Handynummer aus dem Telefonbuch streichen zu lassen, suchte ich diesen auf. Sicherheitshalber für’s Erste mit meiner Persönlichen Assistentin weil ich bei neuen Geschäften nie so genau weiß, wie ich zurecht komme.
Diese hatte noch gemeint: „Es ist ein neues Geschäft, das wird doch wohl keine Stufe haben.“ Das nahm ich eigentlich auch an und freute mich über eine neue Filiale in meiner Nähe weit gefehlt. Erst nach mehrfachen Versuchen gelang es mir, mit Hilfe meiner Persönlichen Assistentin, die Stufe zu überwinden.
Als Rollstuhlfahrerin und langjährige Kundin ist mir diese mangelnde Sensibilität bzw. Ignoranz (?) eines Großunternehmens wie der mobilkom austria vollkommen unverständlich, sie ist einfach ärgerlich und schade. Selbst wenn sofort ein außerordentlich bemühter Verkäufer herbeieilt, um mir die Tür zu öffnen, finde ich es doch sehr skurril, dass ein führendes Unternehmen der Telekommunikation also eines der innovativsten Technologiebereiche offensichtlich Nachhilfeunterricht in Sachen Barrierefreiheit benötigt.
Abgesehen davon, dass sich scheinbar das seit 1. Jänner 2006 gültige Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz noch nicht bis zu den Verantwortlichen durchgesprochen hat, stellt diese Stufe nicht nur für mich als Rollstuhlfahrerin, sondern auch für ältere Kunden oder Kunden mit Kinderwagen ein Hindernis dar. Sie hätte im Rahmen der völligen Neugestaltung sicherlich leicht und mit verhältnismäßig geringem finanziellen Aufwand beseitigt werden können.
Der Werbeslogan „Wir verbinden, was Sie verbindet!“ bekommt damit einen eigenartig ironischen Touch.
Anmerkungen/Bewertung
Bei der Schlichtungsverhandlung am 9. Jänner 2008 teilte die Vertreterin der mobilkom austria mit, dass auf Barrierefreiheit immer geachtet werde. Doch dieses Mal sei dies nicht möglich gewesen, da sich unterhalb der Filiale ein Kellergewölbe befinde. Es gebe außerdem alle baulichen Bewilligungen, wehrt die Vertreterin der mobilkom austria jegliche Forderungen der Schlichtungswerberin ab.
Sie händigt die mitgebrachten Unterlagen inkl. Schriftverkehr mit der Architektin aus, aus denen eindeutig hervorgeht, dass im Vorhinein die Bestimmungen bezüglich Barrierefreiheit nicht bedacht worden waren und nun begründet wird, weshalb deren Einhaltung ohnehin nicht möglich wäre.
Darauf angesprochen verschlechterte sich das Gesprächklima deutlich. Am Ende der Schlichtungsverhandlung wird schriftlich vereinbart, “dass sich das mit dem Umbau betraute Architekturbüro mit der Schlichtungswerberin in Verbindung setzt, damit über mögliche technische Lösungen zum barrierefreien Zugang gesprochen werden kann”. Diese Zusage wurde nicht eingehalten.
Bei der nächsten Schlichtungsverhandlung am 3. April 2008 legte die mobilkom austria einen Plan vor, und unterbreitet der Schlichtungswerberin das Angebot, eine Stele mit Klingelknopf vor dem Geschäft anzubringen. Es würde nach Betätigung des Klingelknopfes ein/eine VerkäuferIn zu Hilfe kommen.
Die Variante, eine Rampe ins Geschäft zu installieren, sei aus statischen Gründen nicht möglich, hieß es. Die Vertreterin der mobilkom austria legte neben dem Plan auch ein e-Mail mit der Anfrage an die Architektin und technische Daten zu dieser Variante vor. Sie bat uns (Vertrauensperson und mich), die durch das Zusammenfalten des e-Mails nicht sichtbaren Teile nicht zu lesen, da dies persönlich an sie gerichtet sei.
Für die Variante, den Gehsteig anzuheben, wurde kein Antrag gestellt, da dies aufgrund des geringen Platzes zwischen Geschäft und Bushaltestelle keine Variante gewesen sei.
Die Vertreterin der mobilkom austria widersprach sich in ihren Ausführungen mehrmals. Als die Schlichtungswerberin zu bedenken gab, dass dies wohl keine Variante, die der Gleichstellung entspricht sei, weil sie sich von fremden Leuten über die Stufe helfen lassen muss, und ihre Assistentin und der Verkäufer es nur mit Mühe zu zweit geschafft haben, sagte die Vertreterin der mobilkom austria, dass es eine mobile Rampe gäbe, damit sich der Verkäufer nicht so anstrengen muss.
Die mobile Rampe ist im Angebot nicht erwähnt worden. Auf Nachfrage der Schlichtungsreferentin stellte sich erhaus, dass es die Rampe doch nicht gibt.
Die Schlichtungswerberin und ihre Vertauensperson berieten sich kurz. Da es offensichtlich war, dass es zur als Variante 1 gekennzeichneten Möglichkeit eine Variante 2 geben muss, blätterte die Vertrauensperson das zusammengefaltene e-Mail um. Es gab tatsächlich das Angebot einer zweiten Variante, die offenbar möglich ist. (Das e-Mail wurde fotografiert, gefalten und auf den Tisch gelegt).
Als die Vertreterin der mobilkom austria mit der Schlichtungsreferentin wieder in den Verhandlungsraum kamen, erkundigte sich die Schlichtungswerberin nach Variante 2, da es ja eine Variante zwei geben musste.
Die Vertreterin der mobilkom austria nahm der Vertrauensperson der Schlichtungswerberin das e-Mail aus der Hand, als diese vor ihren Augen umblätterte, und erzählte etwas von einer mobilen Rampe und einer Variante 3, die angeblich in diesem e-Mail beschrieben ist, und sowieso nie eine Möglichkeit gewesen wäre. Sie suchte die Variante 2 in ihrer Handtasche und fand sie nicht bzw. gab sie ihre Unterlagen nicht aus der Hand.
Die Vertrauensperson der Schlichtungswerberin wollte wissen, welche Unterlagen die mobilkom austria zur Verfügung stellen kann, damit die Schlichtungswerberin wie vorgeschlagen diese mit einem Experten des barrierefreien Bauens besprechen kann. Die Vertreterin der mobilkom austria sagte nur zu, den Plan und die Variante 1 zu e-mailen, alles andere sei nicht im Angebot.
Es sei ihre Entscheidung welche Unterlagen sie vorlege so die mobilkom austria-Vertreterin, und sie müsse das erst mit ihren Vorgesetzten besprechen. Es wird vereinbart, dass sie bis zum nächsten Tag die Unterlagen für Variante 1 mailt.
Als Ergebnis der Schlichtungssitzung wurde festgehalten, dass die mobilkom austria eine Stele mit Klingelschalter anbietet, damit ein Mitarbeiter mit Hilfe einer mobilen Rampe Einlass ins Geschäft verschaffen kann. “Ob schriftliche Unterlagen, warum keine andere Lösungen angeboten werden können (Rampen innen oder außen), ebenfalls gemailt werden können”, wird die Vertreterin der mobilkom austria noch abklären.
Am gleichen Tag e-mailte die Vertreterin der mobilkom austria: “Wir können gerne folgendes Angebot machen: Eine Stele vor dem Shop in der Höhe von 115 cm, mit einer Klingel und einer mobilen Rampe die es erleichtert mit Hilfe eines Shopmitarbeiters das Geschäft zu betreten. Leider ist es uns nicht möglich eine Rampe nach innen zu legen aufgrund der bautechnischen Gegebenheiten und auch keine Rampe nach außen, da sich unmittelbar vor dem Geschäft eine überdachte Bushaltestelle befindet”. Unterlagen über Variante 2 wurden wieder keine geliefert.
Am 23. Mai 2008 ersuchte die Schlichtungswerberin nochmals schriftlich nach Detailinformationen um eine Bewertung durchführen zu können. In der Antwort der mobikom austria wurde nochmals auf das Angebot der Stele verwiesen und mitgeteilt, dass “ein Umbau der Eingangssituation aus bautechnischen Gründen wie bereits besprochen leider nicht möglich ist”. Allfällige Unterlagen zur Beurteilung werden wieder keine vorgelegt.
Am 18. Juni startete die Schlichtungswerberin einen letzten Versuch, die mobilkom austria zu bitten, bis spätestens 30. Juni 2008 detaillierte Unterlagen zur Variante 2 “Umbau des Eingangsbereiches” zu übersenden, um diese mit Experten besprechen zu können. Ansonsten sei es ihr “leider in keinster Weise möglich zu beurteilen, ob die Variante 2 wirklich nicht umsetzbar ist”.
Nach langer Überlegung ist die Schlichtungswerberin zum Schluss gelangt, dass sie das laufende Schlichtungsverfahren leider als gescheitert ansehen muss. Wie sie schon festgehalten hatte, fühlte sie sich von ihrer Schlichtungspartnerin in keinster Weise ernst genommen. Beispielsweise wurde mit einer Rampe argumentiert, die sich bei Nachfrage als nicht vorhanden herausstellte. Es ist nach wie vor kein Entgegenkommen bzw. Einlenken absehbar.
Weiters hat sie den Eindruck gewonnen, dass ihr von seiten der mobilkom austria jene Daten vorenthalten wurden, die relevant sind, um zu einer Einschätzung der Fakten und damit eventuell zu einer Einigung kommen zu können.
Da wieder keine Unterlagen übersandt wurden, schrieb die Schlichtungswerberin am 24. Juli 2008 an das Bundessozialamt: “Nach langer Überlegung bin ich zum Schluss gelangt, dass ich das laufende Schlichtungsverfahren leider als gescheitert ansehen muss”.
Umbau 2015
Es erfolgte im Jahr 2015, also 7 Jahre nach der Schlichtung ein Umbau dieser Filiale, dabei wurde auch die Stufe vor dem Geschäft zu einer Rampe verändert.
Bewertung durch Erika Muster
Bei Neueröffnung der A1-Filiale war ich sehr enttäuscht und verärgert über die Tatsache, dass ein so kostenaufwendig, nach modernstem Design umgebautes Geschäft nicht barrierefrei zugänglich ist. Als behinderte Stammkundin der mobilkom austria fühlte ich mich aber mehr ignoriert als diskriminiert – ich hielt es schlicht für Gedankenlosigkeit.
Als Schlichtungspartnerin fühlte ich mich jedoch eindeutig diskriminiert, da mir offensichtlich alle relevanten Fakten von der mobilkom vorenthalten wurden. Ich fühlte mich von meiner Schlichtungspartnerin in keinster Weise ernst genommen.